Was gibt es Entspannteres als einen Saunagang? Einmal tief im Dampfbad durchatmen und die belastenden Recherchen zur Polizeigewalt, den EU-Außengrenzen und der deutschen Küche kurz ruhen lassen. Also schaute ich mich neulich um, wohin ich von Berlin aus für einen Tag in eine Therme fahren könnte: Bad Wilsnack in Brandenburg vielleicht?
Ich war da schon mal. Die Kristalltherme dort ist ein wenig trist, aber unter der Woche kann ich es mir als selbstständiger Autor mit den greisen Dauerkartenbesitzer:innen gemütlich machen. Nur noch eine Sache wollte ich nachsehen, um ganz sicher zu gehen, dass es entspannt wird. Ich tippte also in die Suchmaschine folgende Begriffe: "Bundestagswahl 2025 Bad Wilsnack".
Das Ergebnis: Lieber verzichte ich mein Leben lang auf meine geliebte Dampfsauna, als meine Kreditkarten wieder in diesen blau-verschimmelten Ort zu tragen. 46 Prozent der Erststimmen bekam der AfD-Kandidat an diesem beschaulichen Ort. Ich verstehe es nicht: Ein Städtchen, das zu einem großen Teil vom Tourismus lebt, möchte keine Menschen von außerhalb sehen. Volkswirtschaftlich haben es die meisten Wähler:innen in Bad Wilsnack nicht so wirklich drauf. Potenzielle Besucher:innen wie meine Wenigkeit möchten nicht von Adepten einer offensichtlich und bald wohl auch offiziell rechtsextremen, geschichtsvergessenen, gewaltpredigenden Partei umgeben sein.
Hamam wegen der politischen Hygiene
Ich höre die ostdeutschen Beauftragten jetzt schon jammern: Im Westen ist die AfD ja auch erfolgreich (stimmt, macht es nicht besser), Boykott hilft der AfD noch mehr (dabei opfern die so oder so herum) und sowieso heuli heuli. Na gut, ich spendiere eine zweite und sogar dritte Chance. Wie sieht es in anderen Bädern in Brandenburg aus? In Bad Saarow holte ein AfDler 38,8 Prozent der Erststimmen. In Burg (Spreewald) haben sich 48,8 Prozent einem AfD-Kandidaten um den Hals geworfen. Nee, keine Lust. Können die doch in ihre eigenen Thermen gehen, so wie damals unter sich bleiben – als alles vermeintlich besser war. Mit meinen Euros werde ich die faschistoiden Naherholungsgebiete bei Berlin nicht mehr subventionieren. Ich weiß nämlich zu gut, wie stressig das ausgehen kann.
Wie gesagt, saß ich vor etwas mehr als einem Jahr in der Sauna in Bad Wilsnack. Ruhig atmend meditierte ich in der Dampfkammer und hörte plötzlich einen uralten "Alman" durch den Wasserdampf röcheln: "Im September holen wir uns unser Land zurück." Er bezog sich auf die Brandenburger Landtagswahl im vergangenen Jahr, bei der die AfD mit 31,5 Prozent nur knapp von der Brandenburger "Law-and-Order"-SPD auf den zweiten Platz verwiesen wurde.
Ich machte spontan die Ansage, dass man in der Sauna die Fresse zu halten habe. Dabei hatte der alte Blue Man Recht. Wenn er heute noch lebendig genug für die Sauna sein sollte, würde er sich über diese Entscheidung von mir bestimmt freuen: Brandenburg ist für mich erstmal saunische "No-Go-Area". Da gehe ich lieber in den Hamam. Der politischen Hygiene zuliebe.
Entspannungsgarant: Backen
Ich habe gebacken, das hilft auch beim Relaxen. Eine Freundin von mir meinte, dass dieser Grießkuchen in der Türkei und Kurdistan Halwa genannt und manchmal zu Beerdigungen serviert werde. Ich habe ihn zu anderen Anlässen schon in Griechenland, Palästina, im Libanon, in Ägypten oder Marokko gegessen. Hier und da verändern sich die Namen und Zutaten. Egal ob er Basbousa oder Maqrouta heißt: immer schmilzt er direkt im Mund, und man kann nie genug davon bekommen.
Folgende Zutaten zu einem homogenen, feuchten Teig verarbeiten und mindestens eine Stunde bei Zimmertemperatur oder über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen: 200 g feinen Hartweizengrieß (Semola), 100 g Weizenmehl, 200 g Puderzucker, 100 g fein gemahlene Mandeln, ein Päckchen Backpulver, 3 Eier, 50 ml neutrales Öl, die geriebene Schale einer unbehandelten Bio-Orange, den Saft von circa drei Orangen, eine Prise Zimt, etwas Vanille-Extrakt, eine Prise Salz und optional 1 TL Orangenblütenwasser. Bei Bedarf kann ein Schluck Wasser oder Milch hinzugefügt werden, um die richtige Teigkonsistenz zu erreichen: wie fester feuchter Sand sollte das am Ende wirken.
In eine eingefettete und bemehlte Auflauf- oder Keramikform geben. Am besten ist, wenn der Kuchen zwei Finger hoch wird. Mit Mandeln und/oder Walnüssen dekorieren, sodass am Ende auf jedem Stück eine Nuss thront. Bei 200 °C Ober- und Unterhitze wird dieser Kuchen in rund 30 Minuten unwiderstehlich golden. Zwischendurch aus 100 ml Orangensaft, 100 ml Wasser, 50 g Zucker, etwas Orangenabrieb und einer Zimtstange einen Sirup aufkochen. Während der Grießkuchen noch warm ist, die Stücke einschneiden und mit dem Sirup großzügig in der Backform tränken. Wieder ziehen lassen. Lauwarm oder kalt servieren.
Ein Kuchen voller Liebe
Wenn man ultimativ entspannen möchte, kann man die algerische Version Qalb El Louz backen. Das heißt so viel wie: Herz aus Mandeln. Der Kuchen beherbergt dann nicht nur eine süße Mandelfüllung im Inneren, sondern auch die Menschlichkeit, die eine aufgeklärte und wehrhafte Gesellschaft selbstverständlich verteidigen sollte.
Dafür einfach 150 g Mandeln mit 50 g Zucker im Mixer fein zerkleinern, bis eine Art grobe Marzipanmasse entsteht. Wer meditieren will, kann vorher die Mandeln in Wasser aufkochen und schälen. Die Hälfte des Grießteigs in die Form geben und gleichmäßig verteilen, dann die Mandelmasse darauf ausbreiten und mit der zweiten Hälfte des Teigs gleichmäßig bedecken. Wie beschrieben mit Mandeln und anderen Nüssen dekorieren, backen und mit Sirup tränken. Nach einem antifaschistischen Hamam-Besuch ist das die beste Süßigkeit in der schönen Welt außerhalb von Brandenburg.