In Mumbai am Arabischen Meer leben mehr als 20 Millionen Menschen. Aus diesem Kosmos aus Geräuschen, Sprachen, Kulturen und Erinnerungen schöpft die indische Künstlerin Shilpa Gupta ihre Inspiration. Dabei wird die Stadt selbst zu ihrem Atelier. Einmal ganz praktisch, denn die Materialien für ihre Installationen findet sie in den zahlreichen kleinen Shops der Stadt, mit manchen Händlern und Handwerkern verbindet sie eine lange Zusammenarbeit.
Aber auch auf inhaltlicher Ebene fließt die Metropole in die Kunst ein. "Mumbai ist eine Stadt der Migration", erzählt Gupta in der neuen Folge des Monopol-Podcasts "Kunst und Leben". "Viele Menschen sind von woanders hierhergekommen, wie meine Großeltern. Das passt zu meiner Praxis, die ebenfalls immer in Bewegung ist."
Shilpa Gupta zählt zu den einflussreichsten indischen Künstlerinnen ihrer Zeit. Ihre Kunst war auf der Biennale in Venedig zu sehen, sie zeigte im Centre Pompidou in Paris und im Museum of Modern Art in New York. Nun widmet ihr die Kunsthalle St. Annen in Lübeck noch bis zum 1. März 2026 die Einzelausstellung "We last met in the mirror". Außerdem wurde sie mit dem Possehl-Preis für Internationale Kunst ausgezeichnet.
"Ich interessiere mich für die Abweichungen"
Zu diesem Anlass hat Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr die Künstlerin in Mumbai besucht. Im Podcast erzählt sie von ihren Erlebnissen und Guptas Ansatz, poetische Bilder für politische Themen zu finden. "Es geht oft um Grenzen und die Frage, wie eigentlich eine nationale Identität entsteht", sagt Elke Buhr. "Etwas, das sie stark infrage stellt und dessen Konstruiertheit sie zeigen will."
So berichtet Shilpa Gupta davon, was passierte, als sie für eine Arbeit Menschen bat, die Umrisse von Indien aus dem Kopf zu zeichnen - und die Form eines Staates plötzlich fluide wurde. Außerdem geht es in dieser Podcast-Folge um Indien als Land, das sich in einer fundamentalen Transformation befindet und in dem nicht alle Menschen gleichermaßen willkommen zu sein scheinen.
Auch gegen staatliche Diskriminierung - wie die anti-muslimische Politik von Staatschef Narendra Modi - setzt Gupta den Humanismus ihrer Kunst ein. "Ich interessiere mich für die Abweichungen, wenn die Dinge nicht so sind, wie sie vermeintlich sein sollen", sagt sie. "Die Linien, die wir sehen und an die wir uns alle erinnern, sind also extrem instabil. Bedeutung kann geschaffen oder zerstört werden."
"Kunst und Leben" ist ein Monopol-Podcast in Kooperation mit Detektor.FM und moderiert von Sara-Marie Plekat. Zweimal im Monat geht es um alles, was die Kunstwelt bewegt – von Künstlerinnen und Kuratoren bis hin zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Jetzt reinhören – überall, wo es Podcasts gibt, und die aktuelle Folge auch direkt hier: