Gordon Parks' Fotos von Muhammad Ali

Zwei Giganten im Ring

Niemand kam der Boxlegende Muhammad Ali mit der Kamera so nah wie der Fotograf Gordon Parks. Seine Bilder zeigen den Menschen hinter den Muskelbergen - und einen entscheidenden Moment der schwarzen Bildkultur

Wenn man sich selbst für den größten Boxer aller Zeiten hält, will man nicht von irgendjemandem abgelichtet werden. Also, so will es die Legende, wurde dem anspruchsvollen Champion Muhammad Ali (1942 - 2016) die Arbeit des US-Fotografen Gordon Parks (1912 - 2006) ausgiebig und geduldig angepriesen, bevor sich die beiden Männer 1966 zum ersten Mal in Florida trafen. "Ich hörte, du bist der Beste", soll Ali zur Begrüßung zu Parks gesagt haben. Dem Besten konnte Cassius Clay, wie Muhammad Ali mit bürgerlichem Namen hieß, auf Augenhöhe begegnen. 

Als das "Life Magazine" den Fotografen, Regisseur und Autor Gordon Parks auf seine Ali-Mission schickte, war der mehrfache Box-Weltmeister auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Karriere und längst ein Popstar, der die Beatles und Elvis Presley traf. Aber er hatte die US-amerikanische Öffentlichkeit auch gegen sich aufgebracht, indem er sich dem Vietnam-Krieg verweigert und sich der separatistischen afroamerikanischen Bewegung "Nation of Islam" angeschlossen hatte. Gordon Parks, selbst eine wichtige Figur der Black Culture im 20. Jahrhundert, wollte Ali einerseits wieder als amerikanischen Helden zeigen, gleichzeitig aber den Menschen hinter der stählernen Muskelfassade erwischen.

Konzentration, Höchstleistung, Erschöpfung

Bei ihren Treffen - nach dem ersten 1966 folgten viele weitere - entstanden schwarz-weiß-dramatische Bilder, auf denen Muhammad Ali wie sein eigenes Denkmal aussieht. Jeder Muskel definiert, jeder Schweißtropfen eine glitzernde Perle. Aber es gibt auch Fotos, in denen der Boxer seine eigene Championhaftigkeit zu vergessen scheint: beim spielerischen Sparring mit einem kleinen Jungen, umringt von einer Gruppe Männer auf einer Baustelle, die vielleicht Arbeiter und politische Mitstreiter sind. Eine Nahaufnahme von Alis Händen zeigt seine vom Zuschlagen aufgesprungenen Fingerknöchel, in einem Cricketclub in London lehnt er dandyhaft vor einem Porträt eines wohlgerüschten Cricketspielers - der Antithese eines blut- und schweißnassen Boxers.

115 von Gordon Parks' Muhammad-Ali-Bildern sind nun in einem Fotoband bei Steidl erschienen. Die Sammlung zeigt den Sportler zwischen explosiver Energie und kontemplativen Momenten beim Beten oder in der Vorbereitung für einen Kampf. Konzentration, Höchstleistung, Erschöpfung. Diese Trilogie eines Spitzensportlerlebens bannt Gordon in seinen Bildern. Rückblickend sind die Fotos zudem wichtige Zeugnisse der schwarzen Bildkultur in den USA. Sowohl Muhammad Ali als auch Gordon Parks sind zentrale Figuren der Bürgerrechtsbewegung im 20. Jahrundert. Im Grunde kämpften Ali mit seinen Fäusten und Parks mit seiner Kamera um Dasselbe: Sichtbarkeit und Anerkennung.