Ausstellung "Body Performance"

Schön ambivalent

Die Ausstellung "Body Performance" in der Helmut Newton Stiftung in Berlin ist angenehm unplakativ. Sie zeigt verschiedene Facetten von Körperlichkeit - und findet immer wieder den Weg zurück zur Newtonschen Nacktheit 

Der Körper ist ja im Grunde kein Thema, sondern immer sehr viele Themen zugleich, erst recht in der Fotografie. Wenn die Helmut Newton Stiftung am heutigen Freitag die Ausstellung "Body Performance" eröffnet, mag man dabei zuerst an die überlebensgroßen "Big Nudes" von Newton denken. Bereits im Treppenhaus des Museums demonstrieren sie hier fest installiert die Macht der Nacktheit (und auch Macht über die Nacktheit ) und geben so prinzipiell die Grundstimmung für alles Kommende vor.

Der Kurator Matthias Harder hat es allerdings auf eine viel weniger plakative Weise geschafft, das Thema Körper und Performance zu zeigen. Dabei schafft er es immer wieder, über Umwege zu Newtons Werk zurückzukehren und ihm überraschende und neue Details abzugewinnen.

Zwei Auftragsarbeiten, die eine für das Ballett in Monte Carlo, die andere für Pina Bauschs Choreografien, bilden den obligatorischen Newton-Nukleus, den hier jede Ausstellung hat. Die Formate sind ungewöhnlich klein und angenehm wenig überrumpelnd. Die Motive der Tänzerinnen und Tänzer im öffentlichen Raum von Monte Carlo sind noch selten gezeigt worden, überraschend und für ihre Zeit (Anfang der 90er-Jahre) schön ambivalent. Ein Paar liegt in engen Trikots aufeinander auf einer Parkbank, sie zünden als Kuss-Ersatz ihre Zigaretten aneinander an, und es bleibt unklar, welchen Geschlechts die beiden eigentlich sind.

Aufregende Begegnung mit den 90ern

Die Modefotografin Barbara Probst thematisiert in ihren mehrteiligen Fotografien immer auch das Fotografieren selbst, wenn sie auch die Kameras mit ins Bild nimmt und die unterschiedlichen Perspektiven nebeneinander zeigt. Und auch die frühen Aufnahmen von Erwin Wurms One-Minute-Sculptures wirken hier nicht deplatziert, oder höchstens so unpassend wie es eben immer ist, wenn man auf einem Sockel aus Apfelsinen liegt oder halb in einem Eimer steckt.

Zu einer ziemlich aufregenden Begegnung mit den frühen 90er-Jahren kommt es bei den Beiträgen von Inez van Lamsweerde und Vinoodh Matadin: Schon 1993, noch bevor es Photoshop gab, bearbeiteten sie Bilder digital und erzeugten sehr irritierende Nackte mit montierten Gesichtern ohne Geschlechtsmerkmale, deren eingeölte Hände und Füße seltsam obszön wirkten. Wie interessant, sich vorzustellen, dass diese Werke in ihrer Entstehungszeit noch zwischen radikaler Avantgarde und ästhetischem Ärgernis eingestuft worden sein mochten, während heute Cyberkörper in greifbare Nähe gerückt sind und sich diese Bildnisse auf diese Weise eigenartig selbst aktualisieren.

Anders geht es der Kunst von Vanessa Beecroft, die alle Updates zum Thema Körper und Frau, die es seit ihrer Großperformance in der Berliner Nationalgalerie 2005 gab, nicht besonders gut überstanden hat. Die Teilnahmslosigkeit in den Gesichtern ihrer freiwillig entblößten und nach Haarfarben gruppierten Modelle berührt aus heutiger Sicht merkwürdig, alles an dieser mehrteiligen großformatigen Arbeit wirkt heute ignorant, kalkuliert und kühl missbräuchlich. Aber auch solche Begegnungen mit Kunst können viel über die Gegenwart sagen, und Beecrofts Perfomancebilder stellen, bei allem Unbehagen, das sie auslösen, eine ganz gute Ergänzung zu allen Überlegungen dar, die man zu Newtons Nudes so anstellen kann.