Streit und Krise im nordspanischen Avilés

Niemeyer-Zentrum beendet Aktivität

Madrid (dpa) - Das von dem brasilianischen Star-Architekten Oscar Niemeyer errichtete Kulturzentrum in der nordspanischen Stadt Avilés stellt ein halbes Jahr nach der Eröffnung seine Aktivitäten vorerst ein. Die Gründe liegen nach Medienberichten nicht nur in der Wirtschaftskrise, sondern auch in einem politischen Streit zwischen der sozialistischen Bürgermeisterin der Stadt und der konservativen Regierung der Region Asturien.

Spaniens Kulturministerin Angeles González-Sinde bot ihre Vermittlung an. Das Niemeyer-Zentrum hatte der heruntergekommenen Industriestadt an der Atlantikküste zu einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung verhelfen sollen - ähnlich wie dies mit dem Bau des Guggenheim-Museums in der baskischen Metropole Bilbao gelungen war. An der Eröffnungsfeier Ende März hatte unter anderem der US-Filmregisseur
Woody Allen teilgenommen. Der 103 Jahre alte Niemeyer bezeichnete das Zentrum als sein «wichtigstes Bauwerk in Europa».

Tausende Bewohner der Stadt forderten auf einer Kundgebung die Fortführung des Kulturprogramms. Zu der Demonstration hatten nach Medienberichten vom Montag die lokalen Geschäftsleute, die Gewerkschaften und alle im Stadtparlament vertretenen Parteien aufgerufen.

Die konservative Regierung der Region Asturien will auf die Stiftung, die das Zentrum betreibt, einen größeren Einfluss nehmen. Sie legte den Verantwortlichen finanzielle Unregelmäßigkeiten zur Last. Die Stiftung, die von der sozialistischen Bürgermeisterin von Avilés unterstützt wird, wies die Vorwürfe zurück. Sie sieht in dem Vorstoß der Regierung einen Versuch, die Unabhängigkeit des Kulturzentrums einzuschränken.

Die Zukunft der Einrichtung ist unklar. Im Dezember läuft der Mietvertrag für die Gebäude aus, die der Regionalregierung gehören. Das Niemeyer-Zentrum hatte es sich zum Ziel gesetzt, eine feste Größe in der internationalen Kulturszene zu werden. Dazu schloss es sich mit renommierten Einrichtungen wie dem Lincoln Center in New York oder dem Centre Pompidou in Paris zusammen.

Das Zentrum steht auch nach der Aussetzung seiner kulturellen Aktivitäten Besuchern weiterhin zur Besichtigung offen. Der architektonisch beeindruckende Komplex besteht aus vier Gebäuden und befindet sich auf einer Fläche, die in einen Fluss hineinragt.