Staatliche Überwachung

Spähsoftware Pegasus: In der Kunst ist das Thema schon längst präsent

Die Enthüllungen über die Überwachung von Aktivisten und Journalisten durch die Spionagesoftware Pegasus sorgen gerade weltweit für Entsetzen. Dabei beleuchten zwei Ausstellungen in Berlin das Thema seit Wochen

Die Schlagzeile, dass autoritäre Staaten Journalisten, Aktivistinnen und NGO-Personal mithilfe der Spähsoftware Pegasus überwacht haben, dominiert seit dem gestrigen Sonntag die deutschen Medien. Genannt werden unter anderem Länder wie Mexiko, Saudi-Arabien und Ungarn, die mit Cyberwaffen gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger vorgehen. Auch Politikerinnen und Politiker sollen ausspioniert worden sein. Ein internationales Recherchekollektiv, dem unter anderem "Die Zeit", die "Süddeutsche Zeitung", die ARD und der britische "Guardian" angehören, berichtet über den Missbrauch der Spionagesoftware der israelischen Technologie-Firma NSO Group, die unbemerkt auf Mobiltelefone gespielt werden kann und dort Nachrichten ausliest oder sogar die Kamera oder Audioaufnahme des Geräts aktivieren kann. Die Pegasus-Technik, die seit 2015 bekannt ist, darf eigentlich ausschließlich zur Terrorismusabwehr benutzt werden. Die Enthüllungen belegen jedoch, wie private Firmen Geld mit Überwachungstechnik verdienen und diese gegen die freie Presse und politische Gegner eingesetzt wird.

Das Thema, das nun neben der Hochwasserkatastrophe im Westen und Süden Deutschlands die aktuelle Nachrichtenlage bestimmt, ist in Berlin schon seit mehreren Wochen im Kontext von Kunstinstitutionen präsent. So hat das Künstler- und Forscherkollektiv Forensic Architecture zusammen mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dem Citizen Lab der Universität Toronto, der Filmemacherin Laura Poitras und anderen Anfang Juli eine Recherche veröffentlicht, die zeigt, wie die globale Überwachung mit Pegasus funktioniert.

Die Kunstdetektive visualisieren dokumentierte Fälle von Pegasus-Angriffen auf die Smartphones von Aktivistinnen und Journalisten in einer interaktiven Grafik und bringen die Cyber-Attacken mit Repressalien gegen die ausspionierten Personen in der physischen Welt zusammen. Außerdem berichten sie vom (bisher recht aussichtslosen) juristischen Kampf gegen den Einsatz der Software. Der Film, den Forensic Architecture dazu gemacht hat (das Voice-over wird von Whistleblower Edward Snowden gesprochen), ist mit anderen Dokumenten der 15-monatigen Recherche auf der Website des Kollektivs und sowohl vor Ort als auch online beim Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin zu sehen. Dort läuft noch bis zum 8. August die Ausstellung "Investigative Commons" mit Recherchen von Forensic Architecture und verschiedenen Partnern. Auch in der Schau "Circles" von Laura Poitras und Sean Vegezzi im Neuen Berliner Kunstverein (N.B.K.) werden die fragwürdigen Praktiken der NSO-Group und ihrer Partnerfirmen thematisiert. 

Bei den nun veröffentlichten Recherchen der internationalen Medien, die unter anderem ebenfalls mit Amnesty International zusammengearbeitet haben, wurden auch Listen von Telefonnummern ausgewertet. Bei diesen soll es sich um potenzielle Ziele von Cyberangriffen handeln, die neue Erkenntnisse zu betroffenen Personen ermöglichen und nach Informationen des HKW über die Informationen von Forensic Architecture und ihren Mitstreitern hinausgehen. Die Strategien der staatlichen Überwachung und die Muster des Vorgehens bei den Pegasus-Angriffen waren jedoch schon seit Wochen in aufwendig aufbereiteter Form im HKW und im N.B.K. Berlin zu finden. Auch in der Kunst können manchmal schlagzeilenträchtige und fundierte Einsichten versteckt sein.