Künstlerin beim Super Bowl

Ehre und Enttäuschung

Die Künstlerin Christine Sun Kim hat beim Super Bowl die Nationalhymne in Gebärdensprache übersetzt. Im Nachhinein übt sie aber harte Kritik an der Fernsehübertragung des Mega-Events

Der Super Bowl, bei dem um die Meisterschaft in der US-Football-League NFL gekämpft wird, gehört zu den größten Medienereignissen der Welt. Dass man sich vor über 100 Millionen Zuschauern trotzdem übersehen fühlen kann, hat die Künstlerin Christine Sun Kim in dieser Woche erfahren. Während die beiden Sängerinnen Demi Lovato und Yolanda Adams vor dem Spiel die Nationalhymne und das Stück "America The Beautiful" interpretierten, übersetzte Christine Sun Kim die Liedtexte in Gebärdensprache und wurde vor allem in den sozialen Medien für ihre expressiv-tänzerische Interpretation gefeiert.

Bei der gehörlosen Künstlerin, die sich auch in ihren Arbeiten mit einem visuellen Zugang zu Klang beschäftigt, hat der Auftritt in Miami gemischte Gefühle hinterlassen. In einem Kommentar für die "New York Times" schrieb Christine Sun Kim, dass es ihr eine Ehre gewesen sei, die "National Association of the Deaf" beim Super Bowl zu vertreten. "Als ein Kind von Immigranten, eine Enkelin von Flüchtlingen, eine gehörlose Frau of color, eine Künstlerin und eine Mutter war ich stolz, die Nationalhymne und 'America The Beautiful' in American Sign Language zu performen", schreibt Christine Sun Kim. "Ich habe die Einladung akzeptiert, weil ich meinen Patriotismus ausdrücken und das Land ehren wollte, aus dem ich komme und auf das ich stolz bin —  ein Land, das im Kern an gleiche Rechte für alle Bürger glaubt, auch für die mit Behinderungen."

"Eine vergebene Chance für Inklusion in den Medien"

Enttäuscht zeigte sich Christine Sun Kim jedoch über die Fernsehübertragung des Senders "Fox", der den beiden Sängerinnen Demi Lovato und Yolanda Adams sehr viel mehr Aufmerksamkeit widmete als ihrer Gebärdensprache-Performance. "In der TV-Übertragung war ich nur ein paar Sekunden zu sehen", schreibt die Künstlerin. Auch im "Bonus Feed" auf der Website des Senders habe die Kamera immer wieder von ihr weg auf die Gesichter der Spieler gewechselt. 

"Es war eine große Enttäuschung, eine vergebene Chance für Inklusion in den Medien im großen Maßstab", kommentierte Christine Sun Kim weiter. "Obwohl ich aufgeregt und begeistert war, der Gehörlosen-Community auf dem Feld zu dienen, war ich ärgerlich und aufgebracht."

Die Künstlerin, die sich selbst "Sound Artist" nennt, wurde 1980 in Kalifornien geboren und lebt inzwischen in Berlin. Ihre Werke, die sich mit verschiedenen Repräsentationen von Klang auseinandersetzen, waren unter anderem auf der Berlin Biennale 2016, im Whitney Museum in New York und im Art Institute of Chicago zu sehen.