Neue Skulptur in Berlin

Mahnmal für Überlebende sexueller Gewalt enthüllt

Eine Bronzeskulptur von Rebecca Hawkins im Berliner Wedding ehrt Überlebende sexueller Gewalt in Kriegsgebieten. Symbole von Hoffnung, Wiedergeburt und Widerstand machen das neue Denkmal zu einem starken Zeichen

Die Hände der Frau sind gefesselt, ihr Mund ist zugenäht, ihr Körper wird von Pflanzen umrankt. Aber ihr Blick geht trotzdem gen Himmel, ihre Fäuste sind trotzig geballt. Und das Wort, das auf ihrer Brust eingeritzt ist, lautet: "Hope". "Petrified Survivors" heißt die lebensgroße Bronzeskulptur der britischen Künstlerin Rebecca Hawkins, die jetzt im Brüsseler Kiez in Berlin-Wedding feierlich enthüllt wurde. Sie ist Überlebenden sexueller Gewalt in kriegerischen Konflikten gewidmet.

Hawkins versteht die Skulptur als Gemeinschaftsprojekt und dankte den survivors, die bei der Entstehung mitgewirkt haben. "Wir haben in den letzten Jahren Hunderte von Fragebögen verschickt, um ein kollaboratives, inklusives Denkmal zu schaffen, das auf die Überlebenden fokussiert", erklärt die Künstlerin. Mehr als 30 Organisationen und Vereinigungen haben daran mitgewirkt – aus Ruanda, Burundi, Sri Lanka, der Ukraine, Bosnien oder Afghanistan, darunter auch Vertreterinnen jesidischer oder vietnamesischer Frauen.

Aus den Vorschlägen der Überlebenden entstanden zahlreiche Symbole: Kinderschuhe und ein Baby auf dem Rücken stehen für Kinder, die aus Vergewaltigungen hervorgehen, ein Schmetterling symbolisiert Hoffnung, der Phönix Wiedergeburt, eine kaputte Flip-Flop-Sandale Verletzlichkeit und Vertreibung. Auch männliche Überlebende sexueller Gewalt werden einbezogen, sie werden beispielsweise von einem Löwen mit halb geschorener Mähne repräsentiert. In die Skulptur eingraviert sind Texte, die ebenfalls direkt von den Betroffenen stammen: "Don’t touch my body" steht da beispielsweise auf einer Mango.

Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe, so die Künstlerin, sei ein Thema, das in der Öffentlichkeit viel zu wenig diskutiert werde: "Ich glaube an die Macht einer Skulptur, Menschen eine Stimme zu geben", sagt sie. Sie wolle die Kraft der Überlebenden darstellen und ihre Geschichten einer internationalen Öffentlichkeit erzählen.

"Diese Form der Kriegsführung ist an der Tagesordnung"

Erstmals gezeigt wurde die Skulptur im Sommer dieses Jahres in Den Haag. Dass sie nun in Berlin steht, ist dem Engagement des überparteilichen Vereins SASVIC e.V. (Society Against Sexual Violence in Conflict) zu verdanken, der sich dafür einsetzt, dass sexuelle Gewalt international eindeutig stigmatisiert und bekämpft wird. "Diese Form der Kriegsführung ist zwar offiziell geächtet, aber trotzdem an der Tagesordnung", so der Vorsitzende Daniel Walther.

Sexuelle Gewalt, so betonte auch Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Bündnis 90/Die Grünen) bei der Enthüllung, zerstöre Familien und Gemeinschaften und sei bislang viel zu wenig beachtet worden. Eine weitere Rednerin war Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU), die ebenfalls ein entschlosseneres Engagement gegen sexuelle Gewalt als Kriegswaffe anmahnte und all jenen dankte, die den Mut aufbringen, ihre Geschichte zu erzählen.

Zwei Jahre lang wird "Petrified Survivors" in Berlin stehen, danach reist das Denkmal in die Niederlande weiter. Vielleicht wird die Skulptur ja eine politische Debatte um ein permanentes Mahnmal in Deutschland anstoßen – hoffentlich verbunden mit besseren Hilfen für die Betroffenen.