Festival Photo+ in Düsseldorf

Fenster zur Welt

Wo, wenn nicht hier: Die traditionsreiche Fotostadt Düsseldorf lädt zum international besetzten Festival Photo+. Rund 50 Ausstellungen in Institutionen, Galerien und Projekträumen werden ergänzt um Vorträge und Paneldiskussionen

"Think we must." - Mit diesem Satz antwortet Virginia Woolf in einem 1938 veröffentlichten Essay auf die Frage, wie wir einen Krieg verhindern können. Der Satz, geschrieben am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, hat heute nichts an seiner Aktualität verloren. "Think We Must" ist jetzt auch der Titel einer Gruppenausstellung in der Akademie-Galerie Düsseldorf, die der Frage nachgeht, wie wir in Bildern denken und imaginieren können.

"Zudem gilt: ´Look we must´ und ´Tell we must´. Und zwar ständig und mit vielen Zungen aus den unterschiedlichsten Perspektiven, um dem näherzukommen, was die vielen ´Wirs´ als unsere Realitätssysteme betrachten", erläutern die Organisatoren. Gezeigt werden ältere und aktuelle Arbeiten von Künstlern und Künstlerinnen wie Natalie Czech, Mischa Leinkauf, Dana Levy, Frida Orupabo, Walid Raad, Hito Steyerl und David Wojnarowicz.

Die Ausstellung ist Teil des Festivals Düsseldorf Photo+, das auch in seinem dritten Jahr ein weites Spektrum fotografischer Positionen zusammenbringt. Die Geschichte des Rheinlands und der Fotostadt Düsseldorf nimmt die Schau "Kulturlandschaft Niederrhein – Düsseldorf Rheinhafen" mit Fotografien von August Sander sowie Bernd und Hilla Becher im Kunstarchiv Kaiserswerth in den Blick. Die Galerie Linn Lühn präsentiert historische Frauenporträts von Man Ray, die Julia Stoschek Collection ein Screeningprogramm mit Arbeiten der französischen Künstlerin Laure Prouvost.

Das NRW-Forum Düsseldorf zeigt mit rund 100 Arbeiten von Matthias Schaller die erste große Überblicksausstellung des 1965 geborenen Künstlers, der Menschen porträtiert, ohne sie zu zeigen; spiegelnde Visiere von Astronautenhelmen, menschenleere Künstlerateliers und verlassene Arbeitszimmer im Vatikan spielen mit dem Verhältnis von Anwesenheit und Abwesenheit. Talia Chetrits wichtigstes Instrument hingegen ist das Selbstauslöserkabel. In schonungslosen Bildern zeigt die 1982 in Washington, D. C. geborene Künstlerin bei Sies + Höke ihren eigenen Körper, ihren Lebensgefährten, ihr Kind und ihre Eltern und liefert damit sehr zeitgenössische Untersuchungen der Schnittmengen von Erotik, Häuslichkeit und Familie, der Dynamik von Macht und Rollenbildern.

Rund 50 Ausstellungen in Institutionen, Galerien und Projekträumen werden ergänzt um Vorträge und Paneldiskussionen; die Kunstsammlung NordrheinWestfalen lädt zum Workshop "Me, My Selfie and I", das Forum Freies Theater FFT Düsseldorf zu einer Diskussion über "Fotografie als Politik der Bilder". Aktuelle Bezüge dürfte auch eine Ausstellung der Konrad Fischer Galerie wecken, die erstmalig die großformatigen Fotografien von Thomas Ruffs Serie "tableaux russes" präsentiert. Ruff beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten mit dem Genre der Propagandafotografie, wie sie etwa in sowjetischen Zeitschriften schon in den 1930er-Jahren verbreitet wurde. Die historischen analogen Bilder lässt der Künstler mit den Pixelrastern des 21. Jahrhunderts kollidieren.