Pose oder Symposium? Bazon Brock in der Temporären Kunsthalle Berlin

„Die Zeit ist reif“, raunt die Stimme des Philosophen, sie beklagt den Bankrott der „klassischen Schulungsformen“: Peter Sloterdijk liefert zwar nur eine Grußbotschaft via Tonband, befindet sich in Gedanken jedoch ganz bei Bazon Brock und dessen Symposium „Musealisierung als Zivilisationsstrategie“.
Für den emeritierten Ästhetikprofessor Brock, der die kuriose Tagung in der Temporären Kunsthalle Berlin initiiert hat, wächst das Rettende aus einem universalen Museumsbegriff. Sein Plan einer „Musealisierung aller Kulturen der Welt“ verspricht nichts Geringeres, als den viel befürchteten Clash of Civilizations
zu verhindern.
Dazu gehört ernsthaftes Zuhören, das erlernt und honoriert werden müsse. Also stellt Brock den 200 angemeldeten Teilnehmern auch Cash in Aussicht. Wer mindestens acht von zwölf Stunden Expertenvorträge durchhält (Stechuhrkontrolle!), bekommt 25 Euro Begrüßungsgeld im Reich der Denker und Diskutanten ausgezahlt, zuzüglich Zertifikat „Diplom-Rezipient“.

Das ist in jenen Phasen hart verdienter Lohn, in denen die Veranstaltung im Konsens zu erstarren droht. Die Beiträge von Peter Sloterdijk, des ZKM-Direktors Peter Weibel oder des Stadtschloss-Schönredners Horst Bredekamp fallen unter die Kategorie „Rückkunft des Bildungsbürgertums“.
Belebend wirkt eine Reiberei auf dem Podium: Der museums­kritische Kunsthis­toriker Werner Hofmann fühlt sich von Brock beleidigt, macht seinem Ärger Luft und ertränkt diesen schließlich in Wein, der flaschenweise für die Gelehrten bereitsteht. Unverhofft munter auch die anschließende Stadtschloss-Debatte („FAZ“-Feuilletonchef Patrick Bahners mit einem originellen, Historiker Karl Schlögel mit einem profunden Referat).
Am Ende bleibt dennoch zu befürchten, die Gedankengebäude Bazon Brocks könnten so flüchtig sein wie der Versammlungsort.

Temporäre Kunsthalle Berlin, 24. November 2009