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Die Positions Berlin Art Fair schaut bei ihrer zwölften Ausgabe nach Asien. Nach dem Einbruch des Marktplatzes Hongkong versucht dort die 2023 gegründete Tokyo Gendai eine Messe von überregionalem Rang zu werden, die Galerien aus dem Ausland in die Metropole bringt. Aber es geht auch andersherum. Sieben junge Galerien aus Japan reisen zur zwölften Ausgabe der Positions Berlin Art Fair, insgesamt sind 12 asiatische Galerien vor Ort, neben 22 aus Berlin. Da der Hangar 6 des ehemaligen Flughafens Tempelhof saniert wird, findet die Messe diesmal im Hangar 7 statt, in leicht verkleinerter Form: Die Galerienzahl ist von zuletzt 107 Teilnehmern auf 75 geschrumpft.
Die Galerie Yuki-Sis aus Tokio knüpft geschickt eine Verbindung zur Location und zeigt Anna Thieles preisgekrönte fotografische Langzeitbeobachtung des Flughafens Tempelhof. Der Malerin Chika Hattori überlässt sie außerdem ihre Standwände, um sie wie ein großes Aquarium aussehen zu lassen, in dem Fische, Quallen und andere Meerestiere schwimmen. Die Motive entstehen durch das Auftragen von dünnen Schichten, die den Eindruck erwecken, die Fische würden von innen heraus leuchten. Von diesem ansehnlichen Bestiarium ist es ein weiter Weg zu den Kreaturen der Südkoreanerin YouJin Yi. Sie verwendet Hanji, ein auf traditionelle Weise hergestelltes Papier, das sie auf Leinwand aufzieht. Öl, Acryl, Grafit, Kohle und Buntstift entlocken dem Hanji jedes Mal eine neue Wirkung. In ihren Bildern, die sich bei der Galerie Kornfeld Berlin besichtigen lassen, lädt sie zu einer Reise in die südkoreanische Tierwelt ein. Mal sind ihre Figuren als Schwalbe, Affe oder Schaf zu erkennen, mal durch Gliedmaßen als menschliches Geschöpf.
Die Galerie Māksla XO aus Riga setzt unter dem Titel "Mein eigenes Zimmer" auf eine Soloshow von Ieva Iltnere. Im Zentrum der figurativen Gemäldeserie stehen ihr Atelier und die vielen Inspirationsquellen: Bücherregale, alte Hochzeitfotografien, Designobjekte, Mode und Malereikonen, wie etwa eine an Cranach erinnernde Venus im Chanel-Bikini. Diesen eher klassischen Radius erweitert die Van Rij Gallery aus Krakau mit Marcin Jedlikowski. Der Pole bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Malerei, Computergrafik und der für Graffiti charakteristischen Gestenfreiheit. Seine mit grotesken und biomorphen Formen spielenden Tafeln schaffen Simulationen von Menschen, Dingen und Situationen in einer Hyperrealität zwischen Popkultur und Surrealismus. Die fluoreszierenden Farben erzeugen den Effekt eines leuchtenden Bildschirms, während sich die Ästhetik an 3-D-Grafiken der 1980er-Jahre orientiert.
Anschlussfähig zeigt sich da die TSEKH Gallery aus Kiew. Sie hat sich neben Ievgen Petrov und Rustam Mirzoev für den Malereikosmos von Mykola Bilous entschieden. Die leuchtenden Leinwände sind von seinem Interesse fürs Kino geprägt und ähneln Standbildern, in denen sich wilde Szenen vor einem pechschwarzen Hintergrund abspielen. Bilou verwendet vorwiegend Primärfarben wie Rot, Blau und Gelb als melancholische Anspielung auf die Pop-Art und ihre ironischen Interpretationen in der sowjetischen Soz-Art der 1980er-Jahre.
Für Abwechslung sorgt die Galerie von Wegen aus Hamburg mit den abstrakten Glasskulpturen der Dänin Maria Bang Espersen. Die Grenzen, die normalerweise für die Glasbläserei gelten, existieren für sie nicht. Durch das Dehnen und Biegen des geschmolzenen Materials zeigen ihre Skulpturen eine eingefrorene Bewegung, während das Glas ein weiches Aussehen behält. Dass sich Espersen von der Arbeit in einer Karamellfabrik anregen ließ, ist bei den appetitanregenden Formen und funkelnden Farben unübersehbar. Das Victoria and Albert Museum in London hat schon angebissen und einige Stücke für seine Sammlung erworben. Gespannt darf man auch wieder auf die Academy Positions sein, bei der Studierende von Kunstakademien ihre Werke präsentieren dürfen. Und auch die Sektion der Fashion Positions mit Modedesign mit künstlerischem Anspruch trägt zum frischen Vibe der Messe bei.
Dieser Artikel erschien zuerst im Monopol-Sonderheft zur Berlin Art Week 2025.