David Zwirner feiert Jubiläum

"Wir wollen die Künstler in den Mittelpunkt stellen"

Foto: dpa
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David Zwirner

Über der Galerie seines Vaters in Köln wuchs David Zwirner auf. Dann gründete er seine erste eigene Galerie in New York. 25 Jahre später ist Zwirner Herrscher über ein Kunst-Imperium, zählt zu den erfolgreichsten Deutschen in New York - und will mehr

Äpfel und ein Topf mit Primeln auf einem Stillleben des französischen Malers Paul Cézanne brachten 1993 bei einer Auktion in New York 28,6 Millionen Dollar ein. Damit sei es das teuerste versteigerte Kunstwerk des Jahres gewesen, berichtete damals die "New York Times". 2017 hieß der Spitzenreiter "Salvator Mundi" von Leonardo da Vinci und kostete 450 Millionen Dollar. "Das zeigt, wie die Kunstwelt sich verändert hat und gewachsen ist", sagt der in Köln geborene Galerist David Zwirner, der vor genau 25 Jahren (3. Februar) seine erste Galerie in New York eröffnete. "Für mich war es total außergewöhnlich und ein großes Glück, bei dieser Veränderung dabei zu sein."

Als Zwirner vor einem Vierteljahrhundert begann, war nicht nur die internationale Kunstszene kleiner und die Preise waren deutlich niedriger. "Ich hatte auch kein Handy", erinnerte sich der 53-jährige Galerist jüngst bei einer Pressekonferenz, wie immer mit Jeans, blauem Hemd und blauer Jacke. "Bei einem Kollegen hatte ich eins gesehen, aber das hatte die Größe seines Kopfes, das wollte ich nicht. Also habe ich von Telefonzellen aus mit meinen Künstlern kommuniziert, wenn ich unterwegs war. Und per Fax, die Fax-Maschine habe ich sogar mit in die Ferien genommen. Es gab auch nicht diese Kunstmessen wie heute - keine Frieze, keine Armory, keine Art Basel Miami."

Zwirner startete mit einer kleinen Galerie im New Yorker Stadtteil SoHo, eröffnete mit vier Künstlern und einer Schau mit Werken des 2012 gestorbenen österreichischen Bildhauers Franz West. "Die Galerie ist dann sehr schnell gewachsen." Schon anderthalb Jahre später verdoppelt Zwirner seine Ausstellungsräume und zieht schließlich nach Chelsea weiter westlich in Manhattan, wo die New Yorker Kunstszene inzwischen hingewandert war.

Ein Vierteljahrhundert und rund 400 Ausstellungen später ist der 53-Jährige Herr über ein ganzes Galerie-Imperium: Drei in New York, eine in London und eine ganz frisch eröffnet in Hong Kong. Aus einem Mitarbeiter wurden rund 170, der Jahresumsatz liegt Medienberichten zufolge bei rund einer halben Milliarde Dollar. Sohn Lukas betreibt den Verlag der Galerie. Bedeutende Künstler wie Isa Genzken, Jeff Koons, Kerry James Marshall, Neo Rauch oder Wolfgang Tillmans werden von Zwirner vertreten.

Zum Jubiläum schenkt sich der mit einer Designerin verheiratete dreifache Vater in New York die nach eigenen Angaben bislang größte Schau seiner Galerie mit Werken fast all seiner Künstler aus den Jahren 1950 bis 2018, für die beispielsweise Koons extra ein neues Werk angefertigt hat. Darüber hinaus gönnt sich Zwirner auch noch eine komplett neue Ausstellungshalle gleich um die Ecke seines bisherigen Hauptsitzes in Chelsea. Drei Etagen, rund 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche, gebaut vom Star-Architekten Renzo Piano für rund 50 Millionen Dollar.

Experten sehen den 1964 in Köln geborenen Zwirner längst auf dem Sprung, die langjährige Nummer eins der internationalen Galeristen-Szene, den Mogul Larry Gagosian (72), zu überholen. "Er hat es geschafft, das alles mit Qualität und Stil zu machen", sagte der Kunsthändler Robert Mnuchin der "New York Times". "Das ist manchmal schwer, wenn man aggressiv sein muss." Und Künstler Koons lobte seinen Galeristen, den die "Vanity Fair" als "Prinz der New Yorker Kunstszene feiert", als "beste Version eines Kunsthändlers".

Dabei wollte Zwirner das ursprünglich gar nicht werden, denn das war schon sein Vater. "Wir haben nie über Kunst geredet", sagte Rudolf Zwirner, der zu den wichtigsten deutschen Galeristen der Nachkriegszeit gezählt wird, einmal dem Magazin "New Yorker". "Er war nur an Musik interessiert."

David Zwirner spielt Schlagzeug, studiert Jazz in New York, wo er schon als Teenager zeitweise mit seiner Familie gelebt hatte und an seiner Schule auf der Upper West Side zum Fußball-Star avanciert war - und entscheidet sich dann doch für die Kunst. "Er kam zu mir und sagte 'Ich kann kein Kunsthändler werden, weil du schon einer bist'", erinnert sich Rudolf Zwirner - und ermutigte seinen Sohn dennoch. "Sobald er angefangen hat, habe ich dann aufgehört. Ich wollte keinen Wettbewerb mit meinem Sohn, da würde ich der Verlierer sein, das war klar."

Inzwischen hat Zwirner Junior seinen Vater längst überholt. "Das war ein völlig anderes Business damals", sagt Rudolf Zwirner. "Wir haben jedem, der hungrig war, Würstchen verkauft. Wir hatten vielleicht zwölf Sammler. Ich war sehr prominent, aber mein Umsatz lag vielleicht bei zehn oder zwölf Millionen im Jahr."

David Zwirner gibt sich trotz allem bescheiden. "Wir wollen die Künstler in den Mittelpunkt stellen, um sie geht es", sagt der 53-Jährige, durch dessen Englisch immer noch ein leichter deutscher Akzent durchschimmert. "Wir geben unser Bestes."