Vier Angeklagte

Prozess um spektakulären Diebstahl von Goldmünze beginnt

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Polizeiwagen vor dem Bodemuseum in Berlin

Das glänzende, äußerst wertvolle Ausstellungsstück aus einem großen Berliner Museum ist wohl für immer verloren. Mit einem Aufsehen erregenden Coup wurde die Münze gestohlen. Nun kommen vier Tatverdächtige vor Gericht

Der spektakuläre Diebstahl einer zentnerschweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum war vor knapp zwei Jahren groß in den Schlagzeilen. Nun beginnt am Donnerstag (9.30 Uhr) am Landgericht der Hauptstadt der Prozess gegen vier junge Männer. Den Angeklagten im Alter von 20 bis 24 Jahren wird gemeinschaftlicher Diebstahl in besonders schwerem Fall vorgeworfen. Der Prozess wird mit Spannung erwartet, das Gericht rechnet mit einem großen öffentlichen Interesse.

Die 100 Kilo schwere Münze "Big Maple Leaf" mit dem Bildnis von Königin Elizabeth II. und einem damaligen Goldwert von knapp 3,75 Millionen Euro war in der Nacht zum 27. März 2017 gestohlen worden. Die Beute ist bis heute nicht aufgetaucht. Ermittler vermuten, dass die Goldplatte zerstückelt und verkauft wurde. Von «Big Maple Leaf» hatte die Königliche Kanadische Münze nur fünf Exemplare geprägt.

Drei der vier deutschen Angeklagten gehören laut Gericht zu einer arabischstämmigen Berliner Großfamilie. Die beiden Brüder (20 und 24 Jahre) sowie ihr Cousin (20) sollen in der März-Nacht unbemerkt über ein Fenster in das Museum eingestiegen sein. Das Trio soll dann eine Vitrine zertrümmert und das Goldstück mit Rollbrett und Schubkarre zu einem Fluchtauto geschafft haben.

Ein 20-jähriger, mitangeklagter Wachmann soll zuvor die Örtlichkeiten ausgekundschaftet haben. Der Deutsch-Türke war laut Angaben Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens im Auftrag des Museums, das zum Weltkulturerbe Museumsinsel gehört.

In der Verhandlung könnte es auch um mögliche Sicherheitsmängel in dem Museum gehen. Schon am Donnerstag sollte nach Angaben einer Gerichtssprecherin der Sicherheitschef des Bode-Museums als Zeuge gehört werden.

Der Fall wird von einer Jugendkammer des Landgerichts verhandelt. Alle Angeklagten sind nicht in Untersuchungshaft. Drei von ihnen sind laut Gericht wegen verschiedener Delikte nach dem Jugendstrafrecht "vorbelastet".

Mit Blick auf den Prozess forderte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) ein stärkeres Vorgehen gegen Clan-Kriminalität. "Zweifelsfrei ist die Clankriminalität in all ihren Facetten ein Paradebeispiel für völlig misslungene Integration", sagte BDK-Chef Sebastian Fiedler der Zeitung "Die Welt" (Donnerstag). "Es wird Jahre dauern und eines riesigen gesellschaftlichen Kraftaktes bedürfen, um diese Kriminalität ansatzweise in den Griff zu bekommen."

Im Juli 2017 waren Haftbefehle gegen die vier Verdächtigen erlassen worden. Die Staatsanwaltschaft teilte damals mit, sie gehe von einer organisierten Bandenstruktur aus. Doch die Verdächtigen kamen bald auf freien Fuß. Das Amtsgericht Tiergarten sah schon bei der Freilassung des ersten Verdächtigen kein bandenmäßiges Vorgehen mehr.

Während der Ermittlungen hatten Unbekannte auch versucht, Spuren in dem mutmaßlichen Fluchtwagen zu vernichten, der beschlagnahmt worden war. Das misslang laut Staatsanwaltschaft aber.

Mitglieder der Großfamilie, zu der die angeklagten Brüder und der Cousin gehören, waren wiederholt im Visier der Ermittler. Im Sommer 2018 wurden 77 Immobilien beschlagnahmt, die dem Clan zugerechnet werden. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Eigentumswohnungen und Grundstücke mit Geld gekauft wurden, das aus einem Bank-Einbruch vom Oktober 2014 stammt. Die Beute von mehr als neun Millionen Euro blieb verschwunden. Aus der Politik wurden Forderungen laut, härter gegen kriminelle Clan-Mitglieder vorzugehen.

BDK-Chef Fiedler kritisierte, die Straftäter akzeptierten nicht den Staat, in dem sie lebten. Als letzte Konsequenz müsse der Staat über die Wegnahme von Kindern aus kriminellen Clan-Familien nachdenken. "Bezogen auf die Verhinderung künftiger krimineller Karrieren muss der Staat zudem aktiver in den betroffenen Familien intervenieren und in Extremfällen die Kinder zum eigenen Schutz aus den Familien herausholen", sagte Fiedler.