"Deutschstunde"

Regisseur Schwochow: Nolde nicht kommentarlos abhängen 

Christian Schwochow
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Christian Schwochow

"Deutschstunde"-Regisseur Christian Schwochow (41) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihren Umgang mit Bildern von Emil Nolde (1867-1956) kritisiert

Die CDU-Politikerin hatte im Kanzleramt lange Jahre Noldes Gemälde "Brecher" (1936) und "Blumengarten (Thersens Haus)" (1915) hängen. Für eine Ausstellung zur Nazi-Vergangenheit der Expressionismus-Ikone Nolde ließ Merkel nicht nur den "Brecher" von der Wand ihres Arbeitszimmers nehmen, sondern gab auch gleich den "Blumengarten" ab. Beide Bilder wollte sie nicht zurück, eine Begründung dafür gab es nicht.

"Ich finde, dass muss man anders kommentieren", sagte Schwochow im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, "so sind die Bilder nur abgehängt". Merkel habe Nolde immer als einen ihrer Lieblingskünstler beschrieben. "Wenn man Gemälde ohne Kommentar abhängt, entzieht man sich einer Debatte wie man mit Künstlern umgeht, die große Kunst geschaffen haben, die sich aber moralisch falsch, politisch falsch verhalten haben und einen falschen Mythos aus sich gemacht haben." Es sei ein schlechtes Zeichen, "Künstler abzuhängen, weil man sich nicht mit ihnen und ihren Biografien beschäftigen will, egal wie schlecht die waren". 

Der Roman von Siegfried Lenz wurde oft als Geschichte des Malers Nolde fehlgedeutet. "Deutschstunde" kommt Donnerstag (3.10.) in die Kinos. Im Film blickt Siggi Jepsen (Tom Gronau) aus einer Jugendstrafanstalt zurück auf seine Zeit als Kind (Levi Eisenblätter) zwischen seinem Vater (Ulrich Noethen), einem pflichtversessenen Dorfpolizisten, und einem befreundeten Künstler (Tobias Moretti), der sich gegen ein Malverbot der Nazis wehrt. Siggi wird zwischen den Männern aufgerieben und steigert sich in den Wahn, die Bilder auch nach Kriegsende vor seinem Vater sichern zu müssen. 

Nolde wurde von den Nazis zwar als "entarteter Künstler" diffamiert, war aber auch NS-Parteimitglied, Antisemit, Rassist und bis zum Ende überzeugter Nationalsozialist. Er durfte seine Arbeiten zwar nicht vermarkten, hatte aber kein Malverbot. 

Schwochow wollte mit seiner Verfilmung keine Nolde-Geschichte erzählen. "Mir ging es um etwas ganz anderes: um das Schützen von Kunst, das Verbrennen von Kunst, die Rettung von Kunst. Wenn wir Nolde konkretisiert hätten, wäre das eine Geschichte von einem Kind zwischen zwei Nazis."