Als im April 2017 Mahlers monumentale Achte Sinfonie in der Hamburger Elbphilharmonie ertönte, war es nicht nur der dramatische Klang der Musik, der das Publikum mitriss. Es war auch die künstlerische Inszenierung. Sieben große Lichtstelen schwebten über dem Orchester, wechselten die Farben, pulsierten mit der Musik und inszenierten ihren eigenen visuellen Spannungsbogen.
Die Lichtinstallation für diese Aufführung war das Projekt, an dem die Stuttgarter Künstlerin Rosalie in ihrem letzten Lebensjahr am intensivsten gearbeitet hat – im Juni 2017 starb sie im Alter von 64 Jahren nach schwerer Krankheit. Jetzt ist das Modell der Arbeit in einer Retrospektive von Rosalies Werk in der Heinrich W. Risken Stiftung im Hartmannshof in Versmold in Nordrhein-Westfalen zu sehen. "Ich bin ein Fisch und habe Kiemenatmung" lautet der Titel der Ausstellung, die das gattungsübergreifende Schaffen der Künstlerin auffächert.
Rosalie, 1953 in Gemmrigheim als Gudrun Müller geboren, hatte nicht nur Malerei, sondern auch Bühnenbild studiert und lange Jahre in Offenbach am Main eine Professur für Bühnenbild inne. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie in den 1990er-Jahren mit ihren Bühnenbildern und Kostümen für Richard Wagners "Ring der Nibelungen" für die Bayreuther Festspiele bekannt, von denen Zeichnungen und Entwürfe in der Ausstellung zu sehen sind.
Keine Angst vor starken Farben
Ihre Ausstattung war farbenfroh und skurril, Lichtinstallationen schufen eine opulente Atmosphäre. Manche fanden es respektlos, andere waren begeistert. 2005 übernahm Rosalie für eine Aufführung von Wagners "Tristan und Isolde" am Theater Basel erstmals die gesamte künstlerische Leitung inklusive Ausstattung und Regie. Die Malereien, die im Kontext der Inszenierung entstanden, übertragen die Stimmungen in leuchtende Farbkonstellationen, aber auch einfache Figuren-Tableaus.
Auch jenseits der Bühne, bei ihren Neoninstallationen, Gemälden oder Wandobjekten, setzte Rosalie auf starke Farben – und auf ungewöhnliche Alltagsmaterialien. In Versmold sind zahlreiche Beispiele ihrer Malereien mit Acrylgranulat zu sehen: ein Material, das zu Plastikprodukten eingeschmolzen wird, bei ihr aber direkt auf die Leinwand aufgetragen und zu abstrakten Formen oder auch glitzernden Blumen wird. Das Florale findet sich auch in einer großen Rosen-Neonskulptur wieder: Natur und Technik waren kein Widerspruch für diese ungewöhnliche Künstlerin.