Documenta-Raum

Zurück in die Zukunft

In Kassel ist ab dieser Woche eine neue Ausstellung zur Geschichte der Documenta zu sehen. Der Zukunfts-Raum der aktuellen Kuratoren Ruangrupa überrascht mit deutscher Spießigkeit

Wenn man die Augen schließt und sich die Zukunft der Documenta vorstellt, ist ein 50er-Jahre-Wohnzimmer mit Spitzendeckchen und erbsensuppenfarbenen Sitzmöbeln vielleicht nicht die erste Assoziation. Genauso sieht aber die Installation des aktuellen Documenta-Kuratoren-Kollektivs Ruangrupa aus, die in der Neuen Galerie in Kassel ausgestellt ist. Ab Freitag ist dort die neue Dauerausstellung "About: Documenta" zu sehen, die sich anhand von Kunstwerken, Originaldokumenten und Artefakten mit der Geschichte der Weltkunstschau beschäftigt. 

Einer der Räume wurde vom indonesischen Kollektiv Ruangrupa gestaltet, das die Documenta 15 im Jahr 2022 verantwortet und nun zum ersten Mal ein Kunstwerk in Kassel zeigt. Die Installation zum Thema "Zukunft der Documenta" überrascht mit beschaulich-nostalgischer Wohnzimmer-Optik, die an das Gründungsjahr der Documenta, 1955, denken lässt.

Gemütlichkeit in Verdrängungs-Ästhetik

Allerdings deuten Details wie der kleine Buddha auf dem Sideboard über den westdeutschen Porzellantellerrand hinaus. Auf dem Fernseher laufen Filme von vorherigen Ruangrupa-Projekten, die weit von westlicher Beschaulichkeit entfernt sind, und auch der Plattenspieler kann ein Objekt des Aufbruchs sein.

Die deutsche Nachkriegsstube wirft auch automatisch Fragen zu den Kategorien Innen und Außen und der Verdrängung der NS-Zeit in den Jahren des Wirtschaftswunders auf. Ist das ein Raum, aus dem die Welt ausgesperrt werden sollte? In den sie durch die Medien doch wieder hereinkommt?

Der Raum bleibt letztlich ein offener. Und die Mitglieder von Ruangrupa interessieren sich generell für die Expansion von Kunstausstellungen in private Sphären und Praktiken des gemeinschaftlichen Miteinanders und Willkommenheißens. Auch in der Wohnzimmer-Installation sollen es sich die Besucher gemütlich machen.     

Die Inszenierung in der Neuen Galerie könnte also ein Vorgeschmack auf eine Documenta 15 in ungewöhnlichen Räumen sein. Oder ein dezenter Hinweis auf die Recherchepraxis von Ruangrupa, die sich bisher betont vage zu ihren Plänen äußern und vor allem zuhören und netzwerken wollen. Um die Zukunft der Doucmenta zu gestalten, muss man vielleicht erstmal zurück schauen.