Neu im Kino: "Tom of Finland"

Schuld und Schwüle

Dome Karukoskis Biopic über den homosexuellen Kultkünstler Tom of Finland ist vor allem eines: leidenschaftlich

"Denkt an was Schmutziges", lockert der Werbegrafiker Touko Laaksonen das Hetero-Paar auf, das ihm für eine Kaffeereklame Modell steht. Finnland in den 50ern. Was für Fantasien ihn selbst entspannen, wissen wenige. Kerle. In aufgeknöpfter Uniform. Sehr muskulös. Männer, die hochvergnügt miteinander Sex haben. Jetzt erzählt ein Spielfilm die Geschichte des Mannes, der zur Zentralfigur der Schwulenemanzipation wurde. "Tom of Finland" – wie das heute berühmte Pseudonym Laaksonens heißt der Film, den sein Landsmann Dome Karukoski inszeniert hat. Das Biopic schlägt den Bogen vom Zweiten Weltkrieg bis in die 80er-Jahre, in denen Tom of Finland endgültig zum Klassiker der homoerotischen Kunst wurde. 1991 starb Laaksonen 71-jährig in Helsinki.

Spannungsvoll schildert der Film die schwierige Situation eines jungen Homosexuellen in den 40er- und 50er-Jahren. Das Liebesleben ist weitgehend auf Parks und öffentliche Toiletten beschränkt. Mit seiner Schwester, mit der er zusammenlebt, spricht Touku Laaksonen (überzeugend: Pekka Strang) nie über seine Neigung. Auch die Liebesbeziehung zu Veli, dem Tänzer, wird still und heimlich gelebt. Dass "Toms" hypermännliches Ideal auf seine Erlebnisse als Offizier und Kontakte zu den "Waffenbrüdern" der deutschen Wehrmacht zurückzuführen ist, unterschlägt Karukoski nicht. Haben Tom of Finlands Zeichnungen ein faschistisches Männlichkeitsbild popularisiert oder das Stereotyp in der Sphäre erotischer Träumerei entschärft? Der Film enthält sich jeder Wertung, er zeigt einen Mann, der Erfahrungen von Trauma und Schuld – etwa im Fall des russischen Fallschirmspringers, den Laaksonen mit einem Messer tötet – sexuell zu bewältigen versucht.

An den klischeehaft entsättigten Farben der Finnland-Szenen mag man sich stören. Der Kontrast zum hedonistisch-bunten Los Angeles, in dem Laaksonen und seine Kunst in den 70er-Jahren gefeiert werden, wird durch den Wechsel der Kameraästhetik aber sinnfällig verstärkt. Problematisch sind einige Sätze, die Drehbuchautor Aleksi Bardy seinen Figuren anlässlich der über die USA hereinbrechenden Aids-Krise in den Mund legt: Laaksonen fühlt sich schuldig, er meint, seine Sexdarstellungen hätten die Verbreitung des Virus befördert. Ein erkrankter amerikanischer Freund erteilt ihm die Absolution: "Durch dich weiß ich, was Liebe ist." Das ist zu viel Didaktik. Muss man die Widersprüche einer Hauptfigur auf diese Weise neutralisieren? Ansonsten: ein leidenschaftlicher Film mit durchweg guten Darstellern.