Robert Mapplethorpe: Behold the Lowly Vessel
Robert Mapplethorpes Fotografien von Blumen sind bekannt für ihre zarte und zugleich erotische Schönheit. Weniger häufig wird jedoch über die Rolle der einzelnen Objekte gesprochen, die in den sorgfältig komponierten Stillleben auftauchen. Die Vasen und Schalen in diesen Arbeiten, die häufig aus der Sammlung des Künstlers stammten, zeugen von einer großen Liebe zum Design und spiegeln das Gespür und den Sinn für die klassische Form wider, die dann wiederum in seinem fotografischen Werk zum Ausdruck kommen. Diese Verknüpfung bildet den Ausgangspunkt für Behold the Lowly Vessel. Die Ausstellung der Galerie Thomas Schulte kombiniert Mapplethorpes Fotografien mit einer privaten Vasensammlung, die von den Fotografien inspiriert wurde, und bietet so eine ganz besondere Perspektive.
Auch hier werden die Fotografien in einzelnen Gruppen präsentiert, die sich aus Wiederholungen, Symmetrien und Ähnlichkeiten zusammensetzen und in Anlehnung an Mapplethorpes eigenen Ansatz gelegentlich mit Dichotomien spielen. Skulpturale, sinnliche Bilder von Pflanzen und des menschlichen Körpers erwecken den Eindruck, sich zu erheben, zu strahlen, zu blühen. Inmitten von monochromen Hintergründen und einfachen Geometrien werden starke, geschwungene oder gestreckte Linien von den skulpturalen Körpern der Tänzer und Nackten hervorgehoben. Diese sind voller Vitalität, bieten provokante, unverstellte Einblicke oder sind angeschnitten und eng gerahmt, um unsere Neugier zu wecken. Das bewusste Einfangen von Licht und Schatten ist manchmal sehr dosiert, manchmal caravaggesk, mit einem Gefühl von Dramatik und Ausdruck in den Zügen, die aus der Dunkelheit auftauchen.
Hervorgehoben wird die Konsequenz, mit der Mapplethorpe seine verschiedenen Sujets abbildet, sein ständiges Streben nach formaler Perfektion, dass es kein Schwarz-Weiß gibt, sondern viele Grautöne. Die Korrespondenzen zwischen den einzelnen Werken werden verstärkt, während sich weitere erzählerische Möglichkeiten abzeichnen.
Wenn man sich speziell den Blumenfotografien zuwendet, entdeckt man nicht nur eine reiche botanische Vielfalt, sondern auch eine breite Palette von Objekten, darunter gehämmerte amerikanische Kupfergefäße aus dem frühen 20. Jahrhundert, skandinavische Keramik und Glas aus der Mitte des Jahrhunderts sowie außergewöhnliche Exemplare italienischen Muranoglases. Sie sind sowohl Protagonisten in Mapplethorpes Bildern als auch Dekoration für sein Haus und besitzen eine gewisse Intimität, die durch die besondere Art ihrer Inszenierung noch verstärkt wird. Was wir beim Betreten der Galerie vorfinden, sind unmittelbare Gegenstücke, die eine andere Ebene des Lebens in den Raum bringen, als Gefäße für eine andere Geschichte.
Mit der Auswahl wurde einst Robert Mapplethorpes Kollege Dimitri Levas beauftragt. Mit dem ihm eigenen Blick für das Schöne durchstöberte Levas Flohmärkte nach Schätzen, die er dem Künstler zur Verfügung stellte. Der selbsternannte Jäger und Sammler, dessen Vasensammlung hier präsentiert wird, kehrt diesen Prozess gewissermaßen um. Durch das genaue Studium von Mapplethorpes Fotografien und anschließende Recherchen wurden die Gefäße und ihre Produzenten identifiziert und möglichst ähnliche Objekte ausfindig gemacht. Eine Ausstellung, die mit einer Vase begann, spiegelt schließlich eine persönliche Reise durch Mapplethorpes Werk und seine tiefe Resonanz wider.
Diese persönlichen Geschichten, Inspirationen und Erkundungen laden uns ein, unsere eigenen Entdeckungen zu machen.. Wir folgen den intimen Momenten des Austauschs, die sich durch die Räume der Galerie ziehen: von den eleganten Rundungen und Kurven einer Vase über das vielsagende Hängen einer Blume bis hin zum expressiven Schwung des Arms einer Tänzerin. Es ist kein linearer Weg, sondern ein kontinuierlicher Prozess der Wiederkehr. Durch ihn erlangen die Gefäße, sowohl im Bild als auch im Objekt, eine gewisse Fülle, die sich aus einer Quelle von Assoziationen, Erinnerungen und Emotionen speist.