Toenges, Raku und Oribe
Toenges, Raku und Oribe
15.10. - 26.11.20
Gefäße zählen zu den ältesten Zeugnissen menschlicher Kultur und Kunst. Sie
dienten nicht nur dem Gebrauch, sondern auch dem Dekor und zeugen von der
Fähigkeit des Menschen zu abstrahieren. Wenn die Gefäße bemalt und verziert
wurden, folgte das keiner Notwendigkeit, sondern es war Ausdruck eines vom
Gebrauch entfernten künstlerischen Wollens. Neben den Gefäßen gehören die auf
Höhlenwänden gefundenen Malereien zu den ältesten Zeugnisse. Das Festhalten der
Lebenswelt, diente womöglich keinem äußeren Zweck, sondern folgte einer inneren
Notwendigkeit - wie sich die Malereien auch in den weit von der Außenwelt
entfernten Höhlen-Innenräumen befanden. Malerei und Gefäß gehen beide in die
Frühzeit des Menschen zurück.
In der Kultur des Westens hat sich die Malerei durchgesetzt, denn Gebrauch und
Kunst schienen bis in die 60er Jahre unvereinbar.
Die Kultur Asiens hat dem Gefäß mehr Raum gegeben, es war ebenso ein Kunstwerk
wie eine Malerei, wobei der Begriff Malerei dort anders zu fassen ist. Ölmalerei
kennt die asiatische Kunst erst seit etwa 100 Jahren, zuvor bedeutete Malerei
eigentlich Schreiben, Kalligraphie, mit schwarzer Tusche und Pinsel auf Reispapier.
Verbunden mit der japanischen Teezeremonie entwickelte sich in Japan eine besondere
Kultur der Teeschale.
Japanisches Denken schätzt, anders als das westliche das Nicht-Perfekte, Gebrauchte,
angelaufenes, Silber mehr als hochglänzendes zumindest zum Schein. Die
nicht perfekt runden Teeschalen, das Krakelee der Glasur sind eigentlich Ausdruck
höchste Perfektion und große Kunst. Es soll jedoch nicht so erscheinen, sondern
beiläufig daherkommen. Ein Denken, das auch für Michael Toenges Malerei von
große Bedeutung ist.
Mit Robert Ryman und der nachfolgenden radikalen Malerei in den 80 er Jahren
kommt Farbe als Material immer mehr in den Fokus der Malerei. Haptik, Stofflichkeit
und Körperlichkeit der Farbe werden zum Thema des Bilds. Damit verbunden
gewinnt der Bildträger größere Bedeutung.
Malerei braucht einen Untergrund, das Gefäß eine Form, aber sie benötigen beide
auch das Material, aus dem sie entstehen - Keramik oder Farbe. Die Ausstellung
will dies durch die Bilder von Michael Toenges deutlich machen, in ihnen kommen
Haptik und Körperlichkeit des Farbmaterials besonders zur Geltung. Ähnlich wie
ein japanischer Keramik-Meister formt er seine Bilder mit dem Pinsel und zuweilen
auch mit der Hand. Der Entstehungsprozesse lässt sich unmittelbar nachvollziehen.
Wenn wir die Teeschale benutzen, können wir im Umgang mit ihnen Achtsamkeit
lernen. Wenn wir die Bilder von Michael Toenges betrachten, können wir uns von
ihrer Körperlichkeit berühren lassen.