Kunstverein München

So leer, so diskret: Silke Otto-Knapp eröffnet eine neue Ära am Hofgarten

Hell ist es, so hell, dass man erst einmal gar nichts sieht im Münchner Kunstverein. Aus den großen Fenstern, ganz oben an der Wand, flutet Sonnenlicht, die Bilder darunter wirken wie graue Löcher in der Mauer.

 

Eigentlich wäre dies ein feines Interieur für die Malerin Silke Otto-Knapp: leer, flach, dekorativ und vollkommen inszeniert, so wie die künstlich angelegten Gärten, die Raumansichten und Bühnensituationen, die sie zu interessieren scheinen. Und demnach hat der neue Leiter des Münchner Kunstvereins, der 35 Jahre alte Niederländer Bart van der Heide, alles richtig gemacht. Schließlich formulierte er in seinen Antrittsinterviews die Absicht, die Kunst künftig auch in diesen speziellen Raum zurückzubringen. Das ist geglückt; so leer, so diskret hat man den Ausstellungsort in den letzten Jahren selten erlebt.

 

Stefan Kalmár, der als Direktor des Artists Space nach New York gewechselt ist, hat den langgezogenen, klassizistischen Bau neben dem beschaulichen Münchner Hofgarten mit allerlei Mixed-Media-Ausstellungen bespielt: Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla oder Liam Gillick bauten Pressspan-Installationen ein, popkulturelle Expeditionen im Gruppenausstellungsformat machten Unterteilungen, Kojen, Abtrennungen nötig. Bei Bart an der Heide ist nun alles erst einmal licht und klar, wie die Bilder der in London lebenden Malerin. Je nach Winkel und Lichteinfall sieht man auf den Arbeiten eigentlich nur eine silbernleuchtende monochrome Fläche, die Umrisse der gesichtslosen Frauen verschwinden im Licht.

 

Abgemalt und abstrahiert
„Many Many Women“ heißt die Schau und, ja, es sind viele Frauenfiguren zu sehen, Tänzerinnen vor allem. Doch der Titel bezieht sich weniger auf die Figuren selbst als auf einen Essay von Gertrude Stein, und wie im Text sind auch die Figuren Zeugen ihrer Geschichte. Stein hat im Jahr 1927/28 zusammen mit dem Komponisten Virgil Thomson an der Oper „Four Saints in Three Acts“ gearbeitet, das Bühnenbild besorgte damals die Malerin und Dichterin Florine Stettheimer, auch mit ihr setzte sich die 1971 in Osnabrück geborene Silke Otto-Knapp in ihren neuesten Arbeiten auseinander, indem sie Fotografien, auf denen sich Stettheimer selbst inszenierte, abmalt und abstrahiert.


Es sind also auch Bilder über Bilder, Erkundungen über Arrangements und Selbstdarstellungen – vor allem von Körpern. Für einen großen Teil der Arbeiten hat sich die Künstlerin an Szenenfotos einer Tanzschule orientiert. Dabei geht Silke Otto-Knapp, die vor ihrem Kunststudium in London an der Universität Hildesheim einen Abschluss in „Cultural Studies“ abgelegt hat, einerseits wie eine Archäologin und andererseits wie eine Neuinterpretin vor. So lässt sie den Garten „Sissinghurst“ (2007) vom Bloomsbury-Mitglied Vita Sackville-West erblühen.

 

Frauenbilder der Moderne 

Es ist die Repräsentation der Frau in der Moderne, auf die sich Otto-Knapp in ihren Bildern aus dicht aufgeschichteten Flächen aus Wasserfarben und Gouachen, die sie mehrfach abwäscht und wiederaufträgt, bezieht. Manchmal wüsste man gerne ein wenig mehr über die Vorlagen, Inspiration und Intention von Silke Otto-Knapp, das kleine Heftchen, das einem mitgegeben wird, ist da nur bedingt hilfreich.


Wie Silke Otto-Knapp hat auch Bart van der Heide in London gelebt und gearbeitet, als Kurator der Londoner Cubitt Gallery. Aus der britischen Hauptstadt bringt er auch seinen nächsten Künstler mit: Ian Kiaer verspricht sich mit dem Ausstellungsort in seiner Schau (9. Juni bis 15. August) intensiv zu beschäftigen. Mal sehen, ob der Münchner Kunstverein auch dann wieder so hell erstrahlt.

 

 

Noch bis zum 23. Mai im Münchner Kunstverein. Weitere Informationen unter www.kunstverein-muenchen.de