Buch über die Lieblingswerke von Künstlern

Spiel über Bande

Das Spielen über Bande ist nicht nur kunstvoller, sondern oft auch interessanter und aufschlussreicher – für Gespräche mit Künstlern gilt das ebenfalls. Anstatt zu fragen, wer sie beeinflusst habe, ist es eleganter, sie zu einem ausgesuchten Werk das Wort ergreifen zu lassen. Sie werden dadurch zu Akteuren und Anwälten einer Sache, die ihnen wichtig ist. So verfährt Monopol seit 2009 in der Rubrik „Alte Meister, von neuen geliebt“, und ähnlich funktioniert auch das Buch „Ref/verenz“, das im Piet Meyer Verlag erscheint. Der Journalist Simon Grant hat dafür rund 80 Künstlerinnen und Künstler gebeten, ihr Lieblingswerk aus der Kunstgeschichte zu nennen und die Auswahl zu begründen.

Aufschlussreich ist das vor allem bei zurückhaltenden Persönlichkeiten wie Tomma Abts. Wie sich die Malerin für eine fast schon psychedelisch anmutende japanische Tierdarstellung auf mehrteiligen Paravents aus der Edo-Zeit begeistern kann, ist erstaunlich lustig: Voller Empathie vermag sie sich in jemanden hineinzuversetzen, der im stark formalisierten Malprozess den Überblick über das verliert, was er eigentlich darstellen wollte.

Doch auch kommunikative Künstler wie John Baldessari überraschen: Er gibt den zehn Jahre jüngeren Sigmar Polke als großen Einfluss an. „Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!“ ist für den Amerikaner ein Meisterwerk. Sicher gehe es da um Humor, aber auch um das Ausprobieren, womit man durchkomme. Und um einen diffusen Glauben an höhere Mächte, die durch einen sprechen, meint Baldessari.

Dass ausgerechnet ein anderer cooler Kalifornier, Ed Ruscha, sich für einen sentimentalen Präraffaeliten begeistert, ist fast rührend: Die blass im Wasser treibende „Ophelia“ von John Everett Millais von 1852 sei wie durch einen silbernen Faden mit seinen eigenen Gemälden verbunden, sagt er. John Bock schreibt wunderbar über das Werk des Outsider-Künstlers Armand Schulthess, dessen philosophischer Garten nur noch auf Fotografien existiert, weil er von seinen Nachfahren zerstört wurde. Und der polnische Maler Wilhelm Sasnal erweist Georges Seurat nicht nur in einem amüsanten Text Ehre, sondern zitiert die „Badende bei Asnières“ auch in einem seltsam gescheiterten Bild.

Simon Grant: "Ref/verenz - Zeitgenössische Wahlverwandtschaften", Piet Meyer Verlag, 208 Seiten, 28,40 Euro
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 09/2013. Sie können das Heft hier bestellen.