Installation mit politischer Botschaft

Streit um Kunstwerk in Görlitz beschäftigt nun die Justiz

Ein Kunstwerk in Görlitz äußert Kritik an der polnischen Abtreibungspolitik. Die Stadt wirft der Urheberin Lisa Maria Baier Vertragsbruch vor und will die Installation abbauen. Nun liegt der Fall beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht

Seit Wochen schwelt ein Konflikt zwischen der Stadt Görlitz und einer Künstlerin um eine Installation im öffentlichen Raum. Es geht um die Arbeit "Kulisse" innerhalb der Ausstellung "Görlitzer Art". Das Kunstwerk unweit der Neiße, in Sichtweite des polnischen Zgorzelec, greift die Debatte um Abtreibung im Nachbarland auf. Das widerspreche dem von der Jury ausgewählten Konzept, heißt es aus dem Rathaus. Lisa Maria Baier, Alumni-Meisterschülerin der Hochschule für bildende Künste Dresden, wehrt sich gegen die Kündigung des Vertrages und den drohenden Abbau - auch juristisch.

"Kulisse" ist ein aufwärtsgestuftes Holzpodium mit fünf Kinosesseln. Wo im Filmtheater die Leinwand wäre, hängt ein Banner, auf dem "aborcja bez granic" (Abtreibung ohne Grenzen) steht. Baier reflektiert damit die Verschärfung des Abtreibungsverbots in Polen.

Die Stadt wirft ihr vor, ohne Absprache statt einer Arbeit zum Thema Filmstadt Görlitz ein Kunstwerk installiert zu haben, das polnische Regierungspolitik kritisiert. Man sei "natürlich nicht der Auffassung, dass Kunst nicht politisch sein darf", betonte eine Stadtsprecherin. Zur Debatte stehe nicht die "vollkommen unbenommene Freiheit der Kunst", es gehe um den geschlossenen Vertrag. Gemessen daran stimme das realisierte nicht mit dem prämierten Werk überein.

Verwaltungsgericht gab Stadt Recht

Die Arbeit sei an den sehr politisch aufgeladenen Platz an der Grenze mit Blick auf Zgorzelec angepasst, sagte Baier. Schon ihre Skizze für Görlitz beinhaltete als "Platzhalter" eine Art Banner mit einem Wort in Deutsch, Polnisch, Englisch. "Das Richtungsweisende nach Polen war angelegt", sagte Baier.

Das Verwaltungsgericht Dresden gab der Stadt Ende Juli Recht. Baier habe sich mit Vertragsschluss dessen Bedingungen unterworfen und der alte Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind, gelte auch für Konzeptkünstlerinnen. Das Grundrecht der Kunstfreiheit steht nach Auffassung der Richter der Entfernung des Kunstwerks entgegen.

Laut Baier wurden keine inhaltlichen Vorgaben zur Umsetzung gemacht, sie hat Beschwerde eingelegt. Kunstfreiheit und die vertraglich garantierte Freiheit wurden "überhaupt nicht beachtet". Nun ist das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) gefragt, eine Entscheidung steht aus. Der "Stein des Anstoßes", also die Installation" bleibt vorerst stehen - wie Baier hofft, auch bis Ende Juli 2022.