Festival

Über "Tanz im August" und die Berliner Kulturpolitik

Wenn in Berlin die Kulturbetriebe in die Sommerpause gehen, zelebriert das Festival "Tanz im August" den zeitgenössischen Tanz mit internationalen Gästen. Dabei hat es diese Disziplin in der Hauptstadt noch immer nicht leicht

"Tanz im August" ist seit über 30 Jahren eine feste Instanz im Berliner Festivalsommer. Während viele Kunst- und Kulturstätten im Sommerloch brach liegen, wird es rund um die Festivalzentrale im Hebbel am Ufer für vier Wochen im August bunt, laut und schwitzig. Die 31. Ausgabe des internationalen Festivals für zeitgenössischen Tanz wird in diesem Jahr wieder mit mehreren Premieren, verschiedenen Vermittlungsformaten und musikalischen Partys die Berliner Tanzszene beleben. Neu ist das inklusive Angebot für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen: An drei Terminen wird es Audiodeskriptionen geben, bei denen die Aufführungen in Echtzeit beschrieben werden.

Selbstverständlich ist es allerdings nicht, dass das 1988 gegründete Festival "Tanz im August" einen festen Platz in der Berliner Tanzszene eingenommen hat – und noch immer besteht. Wie bei vielen kulturellen Veranstaltungen und Institutionen, ist die Etablierung des Festivals das Ergebnis eines langen Kampfes um kulturpolitische Anerkennung und finanzielle Sicherheit. Obwohl sich viele Berlinerinnen und Berliner für zeitgenössischen Tanz begeistern, tänzerische Formen vermehrt in Performances, Filmen, Ausstellungen und Theatern involviert werden und es viele Tänzer und Choreografinnen in der Hauptstadt gibt, erhält die Tanz-Sparte nur einen sehr geringen Anteil der finanziellen Mittel, die der Kultursektor für Förderungen bereitstellt.

Die prekäre Lage von Tanzschaffenden

Der Hauptstadtkulturfonds unterstützt das vierwöchige Festival "Tanz im August" im Jahr 2019 und im kommenden Jahr mit 750.000 Euro. Das klingt erstmal viel. Bedenkt man allerdings, wie viele Personen an einem solch großen Festival beteiligt sind, relativiert sich die Summe recht schnell. Kleinere Festivals und Produktionsstätten haben es nochmals schwerer, denn die institutionelle Förderung der Sparte Tanz ist gering und schneidet im Vergleich zu anderen performativen Künsten wie Theater schlecht ab. Zudem werden nicht zuletzt durch die steigenden Mieten, Privatisierungen und die Kommerzialisierung von Fabrikgeländen, die unter anderem für Proberäume und Residenzen genutzt werden könnten, Gentrifizierungsprozesse in Gang gesetzt, die die Resilienz und Ausdauer von Tanzschaffenden in Berlin immer wieder auf die Probe stellen.

Bislang gibt es in der Berliner Tanzszene neben einigen kleineren Bühnen keine Institution, die sich ausschließlich dem Tanz, seiner Vermittlung, Archivierung und künstlerischen Erforschung widmet. Der zu Beginn des Jahres veröffentlichte Abschlussbericht des 2018 durchgeführten "Runden Tisch Tanz" verfolgt die Vision einer "Tanzhauptstadt Berlin 2025". Zentral ist der Wunsch nach einem "Haus für Tanz und Choreografie", das eine den Stadttheatern vergleichbare Förderung erhalten soll.

Ein Haus für Tanz und Choreografie für Berlin?

Vielleicht würde so ein "Haus für Tanz und Choreografie" kleineren Produktionsstätten die Aufmerksamkeit rauben, die Luft zum Atmen nehmen und folglich verdrängen. Vielleicht würde es aber auch der längerfristigen Etablierung der Kunstform Tanz zu Gute kommen und dadurch die generelle Lage der Berliner Tanzszene verbessern. Wenn die Berliner Tanzschaffenden weiterhin starke Netzwerke schaffen und sich dadurch Sichtbarkeit verleihen, wäre dies vermutlich auch für die freie Szene hilfreich – finanziell und räumlich. 

Für die internationale Sichtbarkeit der Berliner Tanzszene ist "Tanz im August" in jedem Fall ein schillernder Höhepunkt, der zudem die Berliner Sommermüdigkeit verdrängt. Für die Vermeidung der sonnenverbrannten Lethargie nach "Tanz im August" ist auch schon gesorgt: Ab dem 24. August zeigt die Akademie der Künste am Hanseatenweg in der Ausstellung "Das Jahrhundert des Tanzes. Was der Körper erinnert", was vom Tanz übrig bleibt, wenn die Tänzerinnen und Tänzer die Bühne verlassen. Mit Dokumenten, Fotografien und Objekten aus den Tanzarchiven in Köln, Leipzig und Berlin versammelt das Kurationsteam die Geschichte der Tanzmoderne zwischen Utopie und Widerstand.