Yvonne Rainer in Bregenz

Tanzt du mit in den Alltag?

„Warum ist jeder so verdammt scharf darauf, sich darzustellen?“ soll Anfang der 60er-Jahre ein New Yorker Theaterkritiker gefragt haben. Yvonne Rainer antwortete ihm 2001 bei einer Konferenz in Paris: „Wir stellen uns nicht dar. Wir sind schon was.“ Zehn Jahre später klingt das ein bisschen wie Poesie, haben sich heute doch eher die Dinge durchgesetzt, gegen die Rainer, geboren 1934 in San Francisco, damals anging: übertriebene Selbstinszenierungen, Seelenstrips.

„Der Futurist Luigi Russolo kämpfte für eine ‚Art of Noises‘“, sagt Rainer, „John Cage für eine art of silence.“ Sie folgt Cage. Nach einem Tanzstudium bei Martha Graham und Merce Cunningham gehört Rainer ab 1962 zum New Yorker Judson Dance Theater und arbeitet mit Künstlern wie Carl Andre und Robert Morris an Choreografien, die für den Tanz das bedeuten, was der Minimalismus für die Kunst ist. Rainer sieht sich nicht als Performerin und präsentiert sich nie als psychologisierte Figur, sie lehnt Ausdruckstanz und Handlungsverläufe ab. Stattdessen zeigt sie „alltägliche Körper, alltägliche Gesten“.

Erst später beginnt sie, diese Formen zu revidieren. Ähnlich wie Dan Graham oder Jenny Holzer bezweifelt Yvonne Rainer, dass Abstraktion sozialpolitische Kritik äußern könnte. Sie wendet sich dem Film zu und setzt ihre Experimente in dem neuen Medium fort. Die Tänzerin Rainer vermeidet den Blickkontakt zu ihrem Publikum, entzieht sich damit Konventionen. In „The Man Who Envied Women“ (1985) verschwindet die Frau ganz von der Bildfläche, die Tänzerin Trisha Brown ist nur aus dem Off zu hören. Keine Frau, zwei männliche Darsteller werden so zum Objekt der Anschauung.

In Zusammenarbeit mit dem Getty Research Institute Los Angeles und dem Kölner Museum Ludwig zeigt das Kunsthaus Bregenz nun zum ersten Mal eine Ausstellung – „Yvonne Rainer: Raum, Körper, Sprache“ –, die Rainers Arbeit in ihrem Bezug zu Kunst, Musik und Film dokumentiert. Die Kuratoren Yilmaz Dziewior und Barbara Engelbach haben dafür Fotografien, Plakate, Notiz- und Drehbücher zusammengetragen und eine ganze Etage für Rainers Filme reserviert, die dort in Endlosschleife laufen. Alle zwei Wochen werden außerdem „Assisted Living: Good Sports 2“ (2011) und „Spiraling Down“ (2008) aufgeführt.

Kunsthaus Bregenz, 4. Februar bis 9. April 2012, Eröffnung am 3. Februar um 19 Uhr, Am 1. Februar um 20 Uhr werden zum ersten Mal die Performances aufgeführt.
Museum Ludwig, Köln, 28. April bis 29. Juli 2012