Statue in Beirut

Ein Monument für die nächste Generation

Anfang August hat eine gewaltige Explosion am Hafen große Teile der libanesischen Hauptstadt Beirut zerstört. Auch Künstler kämpfen mit den Folgen. Eine Statue aus Trümmerteilen soll nun Hoffnung auf einen Neuanfang geben 

Die Frau mit den wehenden langen Haaren reckt kämpferisch einen Stab in die Luft. Seit einigen Tagen steht die Skulptur der Künstlerin Hayat Nazer am Hafen von Beirut und soll ein wenig Hoffnung verbreiten. Gebaut ist sie aus Trümmerteilen und Glassplittern, die überall in den zerstörten Vierteln der libanesischen Hauptstadt herumliegen. Anfang August hatte eine gewaltige Explosion große Teile Beiruts zerstört. Mindestens 190 Menschen wurden getötet, Tausende verletzt und Hunderttausende obdachlos. Auch die Kulturszene wurde hart getroffen und kämpft für einen Neuanfang.

Die Skulptur, die an klassische Revolutionsfiguren angelehnt ist, erinnert an den Moment der Detonation, die wohl durch unsachgemäß gelagerte Chemikalien im Hafen ausgelöst wurde. Die Uhr zu den Füßen der Frau zeigt 18.08 an - den Zeitpunkt, an dem sich die Katastrophe am 4. August ereignete.

Die Statue, für die Hayat Nazer noch per Instagram Namensvorschläge entgegen nimmt, ist ein Zeichen des Weitermachens, auch für die Menschen, die seit 2019 immer wieder gegen die Regierung auf die Straße gehen. Die Demonstrierenden machen eine korrupte Regierung für die Zerstörung der Stadt verantwortlich und fordern einen politischen Wandel.

Der neue MInisterpräsident ist der alte

Nach der Explosion war der damalige Ministerpräsident Hassan Diab zurückgetreten. Versuche, eine neue Regierung zu bilden, scheiterten. Am gestrigen Donnerstag wurde bekannt, dass Saad Hariri neuer Ministerpräsident werden soll. Dieser hatte das Land schon einmal regiert, war vor knapp einem Jahr jedoch zurückgetreten. Hariri versprach, den wirtschaftlichen Verfall des Landes aufzuhalten und die Schäden der Explosion so schnell wie möglich zu reparieren. Er wolle nun eine Regierung aus Experten bilden. 

Die Aussicht auf eine erneute Ernennung Hariris hatte bereits am Mittwoch in Beirut zu Demonstrationen seiner Gegner sowie seiner Unterstützer geführt. Kritiker betrachten ihn als Teil der alten Machtelite, der sie Misswirtschaft und Bestechlichkeit vorwerfen. Hariri war auch im Amt, als im Oktober 2019 die regierungskritischen Massenproteste begannen. Auch die Künstlerin Hayat Nazer ist politisch aktiv und hat schon mehrere Werke für die regierungskritische Bewegung geschaffen. Ihre Frau am Hafen soll daran erinnern, was die Bevölkerung Beiruts durchgemacht hat. Sie nennt es ein Monument für die nächste Generation. 

Ein Interview mit der Fotografin Lilian Mauthofer, die die Protestbewegung im Libanon dokumentiert hat, lesen Sie hier