Nachhaltigkeitsbeaufragte der Ropac-Galerie

"In unserem Sektor kann noch viel getan werden"

Laura Springer
Foto: © Stoltenberg, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London, Paris , Salzburg, Seoul

Laura Springer, seit November Global Head of Environmental Sustainability in der Galerie Thaddaeus Ropac

Klimaschutz ist eines der drängendsten gesellschaftlichen Themen unserer Zeit – und gewinnt nun auch auf dem Kunstmarkt an Bedeutung. Die Galerie Thaddaeus Ropac hat dafür nun die Stelle einer Nachhaltigkeitsbeaufragten eingerichtet. Wir haben mit Laura Springer, die seit November Global Head of Environmental Sustainability der Galerie ist, darüber gesprochen, welche Rolle Umweltschutz im Kunstmarkt spielt und wie sich ökologische Verantwortung mit der Welt der Kunst vereinen lässt

Laura Springer, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren gewachsen. Ist es eine natürliche Entwicklung, dass das Thema auch immer mehr auf dem Kunstmarkt ankommt?

Nachhaltigkeit betrifft uns alle. In diesem Bereich gibt es für den Kunstmarkt noch großes Potenzial. Zu meinen Aufgaben gehört es jetzt, Maßnahmen festzulegen, mit denen wir unseren CO2-Fußabdruck als international tätige Galerie verringern.

Wie gehen Sie diese Aufgabe an?

Gerade liegt mein Schwerpunkt sehr darauf, eine Klimabilanz zu erarbeiten, um einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen zu können. Als ersten Schritt verschaffe ich mir also einen ausführlichen Überblick. Ich arbeite im Detail auf, welchen Energie- und Materialverbrauch wir aktuell haben und erfasse alle Transport- und Reiseaktivitäten der Galerie. Ausgehend von diesem Status quo wollen wir unsere Strategien und Maßnahmen weiter entwickeln. Wir eruieren beispielsweise die Emissionen einzelner Ausstellungen, um davon ausgehend ein Konzept zu erarbeiten, wie diese langfristig verbessert werden können.

Was sind die wichtigsten Stellschrauben, um als Galerie umweltfreundlicher zu werden?

Einer der größten Emissions-Faktoren ist der Versand von Kunstwerken. Dazu kommen die Flugreisen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die laufenden Energiekosten. Aber auch, Verpackungen von Kunstwerken umweltfreundlicher auszuführen, nachhaltige Verpackungen zu finden und zu recyceln, ist ein wichtiger Ansatz, den die Galerie auch schon seit längerem verfolgt.

Wie könnte ein nachhaltiger Versand in Zukunft aussehen? Könnten Kunstwerke irgendwann mit dem Zug verschickt werden?

Bisher spielen Züge im Versand noch keine wesentliche Rolle (lacht). Oft ist der zeitliche Rahmen für Transporte wichtig. Beispielsweise müssen Deadlines für Ausstellungseröffnungen eingehalten werden, oder Sammlerinnen und Sammlern möchten nicht monatelang auf ein neues Werk warten, wenn sie es erworben haben. Nachhaltiger Versand dauert oft länger - wir befinden uns da also in einem ständigen Balance-Akt. Wenn Arbeiten zwischen Kontinenten verschickt werden, hat Seefracht häufig eine bessere CO2-Bilanz als der Luftverkehr. Zu Verbesserungen kann führen, den Transport zeitlich zu optimieren und in einer Fracht eine größere Anzahl an Kunstwerken zusammenzufassen. Denn gerade bei größerem Umfang lohnt sich der Seeweg besonders.

Was sind die größten Herausforderungen, um als Galerie nachhaltiger zu werden?

Die Logistik gleichzeitig wirtschaftlich und nachhaltig zu halten. Um beim Thema Transport zu bleiben: Der Versand von Kunstwerken lässt sich nicht ganz vermeiden, muss aber im Sinne der Nachhaltigkeit verbessert werden. Selbst wenn Verkäufe online stattfinden, muss das physische Werk noch zu den neuen Besitzern gebracht werden, egal ob es sich dabei um private Sammlungen oder Institutionen handelt.

Welche Rolle spielen digitale Alternativen derzeit?

Momentan sind digitale Ausstellungen und Verkäufe im Vergleich zu denen vor Ort noch in der Unterzahl. Während der Corona-Pandemie hat man schon gesehen, dass diese Ansätze funktionieren können. Das Interesse daran, Kunst live zu sehen, überwiegt aber. Ich bin davon überzeugt, dass das auch so bleiben wird. Das Erlebnis von Kunst kann man online nicht einfangen.

Wäre es sinnvoll, das Konzept des ökologischen Fußabdrucks auch direkt auf einzelne Kunstwerke zu übertragen?

Das ist schwer umzusetzen. Schon die einzelnen Materialien und Herstellungsverfahren, die die Künstler verwenden, tragen zum Fußabdruck bei. Dazu kommen dann die Emissionen, die beim Versand entstehen. Es ist jedoch komplex, das Konzept auf Kunst auszulegen, die einen bezeichnenden immateriellen Wert hat und oft einzigartig ist. Das kann man kaum beziffern.

Bisher sind Umweltschutz-Maßnahmen auf dem Kunstmarkt freiwillig.

Ja, deswegen bin ich auch stark auf die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen, wie Logistikern und Speditionen, angewiesen. Ich bemerke hier jedoch eine wachsende Bereitschaft, sich der Frage nach Nachhaltigkeit zu stellen. Andere Galerien wie Hauser & Wirth gehen mit positivem Beispiel voran. Dort gibt es beispielsweise schon länger eine Person, die sich – wie ich nun auch in unserer Galerie – dem Thema dezidiert widmet. Auch Künstlerinnen und Künstler achten immer häufiger auf Nachhaltigkeit. Sie unterstützen wir natürlich, wo es geht. Antony Gormley zum Beispiel möchte, dass seine Werke nur über den Seeweg und nicht mit Flugzeugen transportiert werden.

Wären mehr politische Regulationen gut, damit Nachhaltigkeit mehr als eine moralische Frage ist?

EU-Regulationen sind außerhalb des Kunstmarktes ein viel diskutiertes Thema. Meistens dreht sich die Debatte aktuell noch um die Frage, ob die Anforderungen, die dabei entstehen, einen zu großen bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Natürlich führen Regulationen dazu, dass sich Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen müssen und nicht daran vorbeikommen. Insgesamt finde ich es schade, wenn die Debatten um Regulationen die Arbeit, die jetzt getan werden muss, überlagert.

Gibt es Vorbilder für klimafreundliche Arbeit auf dem Kunstmarkt?

Die Gallery Climate Coalition ist eine gute Plattform, auf der man einsehen kann, welche Galerien sich schon mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Außerdem gibt die Organisation regelmäßig Paper heraus, zum Beispiel auch zum Thema Seefracht, um Kunsthändlern diesbezüglich verlässliche Informationen zu liefern. Plattformen wie GCC fördern Zusammenarbeit, da mehr praktische Erfahrungen gesammelt werden müssen – in unserem Sektor kann noch viel getan werden.