"Todeskuss" für internationalen Handel?

US-Zölle beeinflussen den Kunstmarkt

Vor der Art Basel in Hongkong macht sich Nervosität bei einigen Händlern breit
Foto: Art Basel

Werbung der Art Basel in Hongkong: Vor der asiatischen Ausgabe der Kunstmesse im März macht sich Nervosität bei einigen Händlern breit

Die Zollpolitik von Donald Trump beschäftigt den Kunstmarkt: Galerien und Auktionshäuser müssen künftig genau hinschauen, wo ein Werk entstanden ist und von wo es eingeführt wird. Auch die Produktion von Kunst könnte sich schwieriger gestalten

Die Wandlungen der US-amerikanischen Außenpolitik sind atemberaubend und das wortwörtlich. Darüber ist in den vergangenen Tagen in den Hintergrund gerückt, dass der neue US-Präsident Donald J. Trump dabei ist, das ganze Netzwerk des globalen Handels tiefgreifend zu verändern, wenn nicht gar zu zerreißen. Als Ungerechtigkeit sieht Trump die unterschiedlichen Zollsätze an, die im Verkehr zwischen den USA und anderen Staaten auf gleichartige Güter erhoben werden. Er macht sie für das gewaltige Handelsdefizit seines Landes von rund einer Billion Dollar im Jahr verantwortlich – und antwortet darauf mit "reziproken" Zollsätzen. Gleich am ersten Tag seiner Amtsperiode hat er eine entsprechende Anordnung unterzeichnet, die solche wechselseitigen Zollsätze überall dort einführt oder ermöglicht, wo ein Drittstaat höhere Zölle erhebt als bislang die USA.

Wie ausgeglichen oder nicht das Tarifgefüge ist, dürfte dem einzelnen Importeur gleichgültig sein: Für ihn zählt, was seiner Bestellung beim Grenzübertritt künftig abverlangt wird. Heißt für Galerien und Auktionshäuser als den Akteuren im internationalen Kunstmarkt, dass sie genau hinschauen müssen, wo ein Kunstwerk entstanden ist und von wo es eingeführt wird. Kunstkäufer sind preissensibel, umso mehr, wenn sie Kunst (auch) als Anlageform betrachten und die Wiederverkäuflichkeit im Auge behalten. Philip Hoffman, Vorsitzender der weltweit tätigen Kunstberatungsfirma Fine Art Group mit Hauptsitz in London, sagte der Zeitschrift "ARTnews", dass Importsteuern von zehn oder mehr Prozent den "Todeskuss" für den Kunstmarkt bedeuteten: "Vergiss es! Dann investiert man lieber in Immobilien, oder in Aktien und Anteile!"

Akut wurde die Zollfrage am Beispiel Mexiko, weil unmittelbar nach Unterzeichnung der presidential order die Mexico City Art Week ins Haus stand. Nun ist es die Art Basel / Hong Kong, die Ende März stattfindet und nun zusammen mit dem gesamten chinesischen Markt in den Fokus gerät. Bei Importen aus China sind zwar Kunstwerke von der auf 17,5 Prozent angehobenen Einfuhrsteuer derzeit ausgenommen, doch liegt es in der Befugnis der Zollbehörden zu entscheiden, was als Kunstwerk angesehen wird. Ohnehin kann niemand vorhersagen, ob sich Trumps Handelspolitik nicht kurzfristig ändert – und wenn, in welche Richtung.

"Alles, das preiswert war, wird nicht länger preiswert sein"

Nicht alle Kunstwerke sind Malerei oder Plastik, die derzeit dem zollbegünstigten "Informational Material" zugerechnet werden. Kunsthandwerk, Möbel und Antiquitäten fallen aus der Liste heraus, wie "Artnet" den New Yorker Kunstspediteur Jared Muscato von Dietl International Services zitiert.

Generell werden Änderungen der Zolltarife für kleinere Galerien nur schwer aufzufangen sein. Sie werden sich eher aus dem internationalen Geschäft zurückziehen. Ihnen steht nicht zu Gebote, was nach dem Brexit im Londoner Kunstmarktgeschehen um sich griff: die Verschiebung von Kunstwerken von einem Drittstaat in einen anderen und die Aufbewahrung von Originalen in Lagerhäusern oder Freihäfen. Genannt werden Basel und vor allem Genf.

Aber es geht nicht nur um Kunstwerke. Für den US-Kunstmarkt von Bedeutung sind Waren, die in China bedeutend billiger oder überhaupt nur dort hergestellt werden, und die einen Bezug zum Kunstmarkt haben. Das betrifft Verpackungen bis hin zu Transportkisten, aber auch Merchandising-Ware wie bedruckte T-Shirts und Stofftaschen. "Alles, das preiswert war, wird nicht länger preiswert sein", zitiert ARTnews Nicole Green, Professorin an der Cornell-Universtät im Bereich Design-Management.

Einfluss auch auf die Produktion von Kunstwerken

Aber auch Massengüter können den Kunstmarkt berühren. So könnten die angekündigten Tarifsteigerungen für die Einfuhr von Stahl und Metall – und die dadurch induzierten Preissteigerungen auf dem heimischen Markt – durchaus Einfluss nehmen bis hin zur Schaffung von Kunstwerken, etwa Objekten aus Stahl oder Bronze. "Viele westliche Künstler stellen in Gießereien in China großformatige Skulpturen her", erläutert Muscato bei "Artnet". Der jeweilige Zollsatz gelte für diese Werke, auch wenn sie von europäischen und/oder US-Künstlern geschaffen wurden.

Noch beschränkt sich die Unsicherheit über die US-Handelspolitik auf das Verhältnis zur Volksrepublik China sowie mittelbar auf Hongkong. Die Sprunghaftigkeit der Maßnahmen wird jedoch das internationalen Kunstgeschehen nicht unberührt lassen. Auch der Kunstmarkt könnte den Zenit seiner Globalisierung bereits überschritten haben.