Pierre Huyghe in Hannover

Von der Urzeit in die Zukunft

Einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler bespielt die kürzlich eröffneten Ausstellungsräume des Sprengel Museums: Dabei präsentiert sich Kurt-Schwitters-Preisträger Pierre Huyghe in der Nachfolge des Kunst-Pioniers aus Hannover.

Er ist berühmt für seine Arbeiten mit Tieren: Pierre Huyghe kombiniert in seinen Kunstwerken Lebewesen, künstliche Elemente und Medien. Von Samstag an zeigt das Sprengel Museum Hannover "Orphan Patterns", die neue Installation des 53-jährigen Franzosen, der zu den wichtigsten Gegenwartskünstlern zählt. Die Besucher bewegen sich im kürzlich eröffneten modernen Museumsanbau durch einen Parcours und treffen dabei auf lebende Fliegen sowie auf dunkel gekleidete Figuren mit leuchtenden Visieren, die im Würfelspiel versunken sind.

Huyghe erhält am Freitag den mit 25 000 Euro dotierten Kurt-Schwitters-Preis der Niedersächsischen Sparkassenstiftung. Die mit einer Ausstellung verbundene Auszeichnung wird alle zwei Jahre an herausragende Künstler verliehen, die sich dem Geist von Kurt Schwitters (1887-1948) verpflichtet sehen. Der vielseitige Maler und Literat Schwitters wollte die Grenzen zwischen Kunst und Leben überwinden. Daran schließe Pierre Huyghe mit seinen Arbeiten an, teilte das Sprengel Museum am Donnerstag mit.

Anders als die Vorgänger des Kurt-Schwitters-Preises wie Elaine Sturtevant (2013) oder Thomas Hirschhorn (2011) wird Huyghe die Preisträgerausstellung im nagelneuen Erweiterungsbau realisieren. Für Huyghe, geboren 1962 in Paris, dürfte das eine neue Erfahrung sein: Bei seiner letzten großen Ausstellung, die vom Pariser Centre Pompidou übers Kölner Museum Ludwig ins LACMA nach Los Angeles zog, hatte er jeweils die Reste der Ausstellungen mit einbezogen, die vor seiner Ankunft in den Räumen stattgefunden hatten. In Hannover musste er umdenken. Erst vor ein paar Wochen eröffnete die erste Ausstellung in den zehn sogenannten "tanzenden Räumen", die das Architekturbüro Meili, Peter entworfen hat.

Der Titel der bis zum 24. April laufenden Ausstellung "Orphan Patterns" bedeutet so viel wie Waisenmuster. Huyghe beschäftigt sich mit der Evolutionstheorie, mit Spieltheorien sowie mit Familienmustern. Die Besucher tauchen in den zehn Ausstellungsräumen in verschiedene Atmosphären ein und werden dabei auch mit ihren eigenen Prägungen und Erfahrungen konfrontiert. Bei der Documenta 2012 erregt Huyghe Aufmerksamkeit mit einem lebenden weißen Windhund, dessen Vorderbein pink angemalt war. Seine für die Karlsaue in Kassel geschaffene Skulptur "Untilled" wurde kürzlich für die Sammlung des Museum of Modern Art in New York angekauft.