Schlechter Geschmack in Baden-Baden

Was darf ins Museum?

Schon als Leiter des Kunstvereins Heidelberg fiel Johan Holten durch seine Lust auf, das Kunstsystem zu verspotten. Für seine Schau „Die perfekte Ausstellung“ zum Beispiel wählte er die Künstler anhand von Rankings und Statistiken aus, um den Zuspruch schon vorher gewissermaßen mathematisch abzusichern.

Seit Anfang April ist Holten, geboren 1976 in Kopenhagen, Chef der Kunsthalle Baden-Baden. Mit seiner Auftaktschau untersucht er das Selbstverständnis eines öffentlichen Ausstellungshauses. „Geschmack – der gute, der schlechte und der wirklich teure“ lautet der Titel, der auch die Fragen in sich birgt, was den Erfolg von Kunst beeinflusst und was Holten als Kurator antreibt.

Ob er lieber rote oder blaue Bilder, Installation oder Malerei möge – darum gehe es jedenfalls nicht, sagt Johan Holten: „Als die Museen gegründet wurden, hatten sie die Aufgabe, den guten Geschmack zu verbreiten. Heute wird der Geschmack vom Preis bestimmt.“

In der aktuellen Schau präsentiert Holten Werke, die selbst die Mechanismen der Wertbildung behandeln: eine Vitrine von Josephine Meckseper beispielsweise, in der Hammer und Sichel, schön verchromt, von der Vermarktbarkeit einer politischen Ikone erzählen. Anselm Reyles neue Malen-nach-Zahlen-Arbeiten spinnen das Thema Käuflichkeit der Kunst ironisch weiter. Und Martin Parrs Fotografien führen die dazu passenden Sammler und Vernissagepartys vor.

Gezeigt werden auch über 50 Kostüme, die John Bock für eine Modenschau entworfen hat. Während die ersten Modelle durchaus noch Stücke eines aufstrebenden Fashiondesigners hätten sein können, drehen die Entwürfe dann immer weiter ab. Hier läuft die Kunst dem guten Geschmack mutwillig und erfolgreich davon.

Für Johan Holten soll diese grellbunte bis zynische Bestandsaufnahme nur der Anfang einer Reihe von Ausstellungen zum Eigenbild der Institution Museum sein. Am Geschmack wird in Baden-Baden also weiter gearbeitet. 

Kunsthalle Baden-Baden, 9. Juli bis 9. Oktober