Zukunft der Arbeit

Was KI mit unseren Jobs macht

Die KI-Revolution kommt nicht – sie ist längst da. Und sie kostet Jobs. Während Politiker beschwichtigen und Tech-CEOs Wachstum versprechen, verlieren Menschen weltweit ihre Lebensgrundlage. Zeit, unbequeme Fragen zu stellen

Wie werden wir in zehn Jahren arbeiten? Arbeiten wir überhaupt noch, und wenn ja, was werden wir tun? Diese Fragen sollten uns beschäftigen, denn nicht erst mit dem Aufstieg der Künstlichen Intelligenz stehen unzählige Branchen unter Druck. Wer eine Ahnung davon bekommen möchte, in welche Richtung wir gehen, muss nur den Mächtigen in der Tech-Wirtschaft zuhören. Denn die versuchen dieser Tage nicht einmal, die Zerstörung von Abermillionen Jobs kleinzureden. Bis heute heißt es immer wieder, KI würde dafür sorgen, dass umso mehr neue Berufe entstehen. Wie diese aussehen sollen, weiß keiner.

Der CEO von Nvidia, Jensen Huang, erklärte in einem Interview mit CNN, dass durch generative KI "die Jobs von jedem Einzelnen betroffen sein werden". Es geht mal wieder um Produktivität, und Huang ist überzeugt, dass KI sehr bald mehr Wertschöpfung generieren wird als menschliche Arbeitskräfte – und das in weniger Zeit und mit weniger Geld. Laut Huang würden einige Jobs verloren gehen, dafür aber viele geschaffen, die "unsere Gesellschaft auf ein neues Level bringen". Was das genau sein soll, bleibt kryptisch. Wenn die Welt durch KI so viel besser werden soll – warum ist das bisher nicht passiert?

Auch Open-AI-Boss Sam Altman sprach kürzlich in Washington vor Politikern darüber, dass "niemand weiß, was als nächstes passiert", aber dass bestimmte Arbeitsbereiche schon längst keine Menschen mehr bräuchten. Darunter zählt er etwa Kundenservice, der sich mit KI schon längst effizienter und kostengünstiger abwickeln lasse. Altmans Kollege Dario Amodei, CEO von Anthropic, geht davon aus, dass die Hälfte aller Einstiegs-Bürojobs binnen der nächsten fünf Jahre abgeschafft werden könnten. 

Wo bleibt die Politik für die arbeitenden Menschen?

Microsoft hat dieses Jahr bereits 15.000 Stellen gestrichen, weil das Unternehmen lieber in KI investiert. Betroffen sind alle Sparten: vom Marketing über Sales bis hin zur Gaming-Sparte Xbox. Bereits heute berichten Angestellte, dass immer mehr KI-Tools ihren Arbeitsalltag dominieren würden. Der Chip-Hersteller Intel plant, 12.000 Stellen zu kürzen und stattdessen in KI zu investieren. Der Bau des Werks in Magdeburg, der viele Stellen schaffen sollte, wurde ebenfalls gestrichen. Das Gleiche gilt für Meta. Hier werden 8000 Stellen gestrichen – die Budgets für KI indes verdoppelt. 

Wäre es nicht jetzt der Moment für die Politik, sich für die Wählerinnen und Wähler einzusetzen? Auf dem Kongress "Winning The AI Race Summit" sprach US-Vizepräsident JD Vance darüber, dass er "optimistisch" sei, was die Automation von US-Jobs betrifft. Jobs retten, Gewerkschaften stärken und Industriearbeiter schützen? Das sieht Vance ein bisschen anders: "Wenn die Roboter kämen, um uns alle Arbeitsplätze wegzunehmen, würde die Arbeitsproduktivität in diesem Land sprunghaft ansteigen. Tatsächlich stagniert die Arbeitsproduktivität. Das bedeutet, dass unser Land in technologischer Hinsicht unterdurchschnittlich und nicht überdurchschnittlich ist." Kurzum: Mehr Roboter und KI braucht das Land. Inwiefern das eine Politik für die einfachen, arbeitenden Menschen sein soll, so wie die MAGA-Bewegung gerne behauptet, bleibt rätselhaft.

Das Weltwirtschaftsforum geht in einer Studie davon aus, dass 92 Millionen Jobs durch KI ersetzt werden. Die Untersuchungen ergaben, dass in den USA vor allem Schwarze und Latinos durch KI-Kürzungen bedroht sind. Jobs an Kassen, Ticketschaltern und Verwaltungsassistenzen würden ebenso obsolet wie Berufe in den Bereichen Pflege, Reinigung und Haushalt. In diesen Sektoren sind Afroamerikaner, Latinos und andere Minoritäten überdurchschnittlich repräsentiert. 

Wer bitte bezahlt dann die Miete?

Hingegen sind sie in den Bereichen Tech und KI unterrepräsentiert. Beides sind Branchen, die in den vergangenen Jahren wachsen konnten, die den Zutritt für Schwarze Personen aber besonders erschweren. Probleme wie algorithmische Verzerrungen, die bereits in vielen Einstellungs- und Rekrutierungsinstrumenten weit verbreitet sind, können durch einen Mangel an Repräsentation zusätzlich verschärft werden. Das Fehlen von Diversität führt dazu, dass bei der Entwicklung von Technologie- und KI-Systemen viele potenzielle Diskriminierungen übersehen werden. Gesichtserkennungssysteme funktionieren heute schlechter bei dunkler als bei heller Hautfarbe.

Der erfolgreiche Silicon-Valley-Investor Vinod Khosla geht davon aus, dass bis 2030 rund 80 Prozent aller menschlichen Arbeiten durch KI erledigt werden können. In 15 Jahren, so Khosla, gebe es "keinen Bedarf mehr für menschliche Arbeit. Die Leute werden an Dingen arbeiten, weil sie es möchten und nicht, weil sie die Hypothek ihres Hauses abbezahlen müssen."

Aber wer bitte bezahlt dann die Miete, die Bildung der Kinder oder eben das Haus? Wer Millionen oder Milliarden auf dem Konto hat, braucht sich um so etwas keine Gedanken zu machen. Für den Großteil der Menschheit ist das allerdings eine existenzielle Frage. Und wenn bis heute die Tech-Welt keine empathische Lösung anbieten kann, sollten wir davon ausgehen, dass sie auch in Zukunft nicht kommen wird. Profitgier und Machtausbau stehen weiterhin im Mittelpunkt - und eben nicht das Glück und Schicksal der Leute. Libertarismus statt sozialer Demokratien. Das Silicon Valley zeigt nach der Anbiederung an Trump sein wahres Gesicht. Das ist eine ernüchternde Erkenntnis, aber eine, die wir ernst nehmen müssen.