Kunst über HIV

Was man so alles verdrängt

In unserer Wohlstandsgesellschaft muss an Aids niemand mehr zwangsläufig sterben. Und so ist die große Zeit des Aids-Aktivismus, der in den USA und Europa so viel erreicht hat, vorbei, auch in der Kunst. Die New Yorker Gruppe Gran Fury, die aus der Act-Up-Bewegung (Aids Coalition to Unleash Power) hervorging; die poppigen „Aids“-Logos von General Idea; Frank Wagners Ausstellungen, voran die Pioniertat „Vollbild Aids“ von 1988: Wer spricht heute noch darüber?

Die Joan-Miró-Stiftung in Barcelona kämpft jetzt gegen das Vergessen, denn in armen Ländern bleibt die Lage ziemlich hoffnungslos, die modernen Medikamente sind nicht bezahlbar. „You are not alone“ heißt das Motto, unter dem zehn Künstler aufgefordert wurden, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen. Hinzu kommen Arbeiten aus der niederländischen ArtAids Foundation. Deimantas Narkevičius, Danh Vo, Christodoulos Panayiotou oder Elmgreen & Dragset – alle sind im Kunstbetrieb bekannt, um HIV drehten sich ihre Werke aber bisher nicht. Das dänisch-norwegische Künstlerduo geht die Sache theatralisch an. Mit einem Polyesterabguss lässt es den „Barberinischen Faun“ die antiken Beine breit machen, während ein schlafender Jüngling an einer Blutkonserve hängt.

Andere bevorzugen die konzeptuelle Andeutung. Was ist dem schwierigen Thema angemessener? Am eindringlichsten gerät jedenfalls David Goldblatts melancholischer Realismus. Der Südafrikaner fotografierte im Juni 1999 in Johannesburg das Hausmädchen Victoria Cobokana mit ihren kleinen Kindern Sifiso und Onica. Die Augen der Mutter zeigen keine Hoffnung mehr. Ein Jahr später waren alle drei tot. 

Fundació Joan Miró, Barcelona, 1. Juli bis 18. September