Various Others in München

Wer reinkommt, ist drin

Junge Galeristen wollen den Kunststandort München über die Stadtgrenzen bekannter machen. Das Rezept: Internationale Kooperationen und ein neues Galerienwochende. Ein Bericht

"Mir kommt es ein bisschen so vor, als ob Sie hier mit Papas Mercedes vorfahren", sagte die Galeristin Gudrun Spielvogel zu Johannes Sperling in einem Streitgespräch, das die Münchner "Abendzeitung" abgedruckt hat. Sperling gehört zu den Mitorganisatoren von Various Others, dem Galerienwochenende in München. Eigentlich müsste man genauer sagen, einem Galerienwochenende. Denn in der bayerischen Hauptstadt gibt es außerdem noch die Open Art. 

Sperling, junger Galerist, gründete den "Verein zur Förderung der Außenwirkung Münchens als Kunststandort", und damit hänge er sich an die Open Art, findet Spielvogel. Daher der Mercedes-Vergleich. "Im Grunde ist alles schon da", sagt sie. Damit meint sie: die Infrastrukturen, die Sammler. 

Johannes Sperling ist sich da nicht so sicher, deshalb hat er mit Stefan Fuchs, Tim Geissler, Matthias Kunz, Leo Lencses, Jo van de Loo und Nina Neuper Various Others gestartet. Außerdem sind die Institutionen und Projekträume mit von der Partie. Klar, man könne schon bei Open Art reinkommen, aber wenn er da mitmacht, sei er "einer von vielleicht vierzig Namen, von denen meine Kunden 35 nicht kennen", sagt er. 

Also besser weniger, besser internationaler, denn es muss ja nicht jeder drin sein. Das Konzept von Various Others sieht so aus: Ähnlich wie bei Condo in London und Okey Dokey im Rheinland werden internationale Galerien eingeladen.

Sperling lässt die Future Gallery aus Berlin und Mexiko-Stadt sowie piktogram aus Warschau in seinen Räumen gastieren, mit Arbeiten von Anna Vogel — Fotografien, von Objekten, digital zerlegt. Außerdem Spiros Hadjidjanos, der botanische Fotos in 3D-gedruckte Landschaft verwandelt und Zuza Golinska, die Elemente zeitgenössischer Defensivarchitektur in nutzlose, mithin schöne Edelstahlobjekte an der Wand verwandelt. "Noch nie habe ich bei einer Eröffnung so viele Sammler getroffen", sagt Mike Ruiz von der Future Gallery. Aber immer noch ist niemand mit Papas Mercedes vorgefahren, dafür rast aber ein weißer Porsche 911 aus den 80ern vorbei, und man stellt sich Helmut Dietl darin vor. 

Was die Hipness der Kunst angeht, kann man eigentlich eine direkte Linie zu Deborah Schamonis Galerie ziehen. Wenn man dort mit einem geliehenen Auto vorfährt, ist das sicher nicht falsch, man kommt aber auch mit dem Linienbus ganz gut nach Oberföhring. Dort hat Schamoni ihre Galerie, die zugleich ein Wohnhaus ist. Im Erdgeschoss und im ersten Stock zeigt sie eine Kooperation mit Project Native Informant, in London und im Internet zuhause. Vertreten sind Amalia Ulman (zeigt einen gewebten Teppich), die Gruppe DIS (mit Leuchtkästen), Aileen Murphy (Ölgemälde), Morag Keil (Arbeiten mit oxidiertem Kupfer), Judith Hopfs Zeichnungen auf Spiegelfolie und noch einige mehr mit einer an Post-Internet-Art geschulten Ästhetik.

Es machen nicht nur die jungen Galerien bei Various Others mit, sondern auch einige etablierte. Zum Beispiel Barbara Gross, die die Galerie Barbara Wien eingeladen hat. In den Räumen an der Theresienstraße zeigt Gross Modelle von Ian Kiaer, mit Bezug auf die Architekturutopien von Frederick Kiesler, außerdem Arbeiten von Nina Canell, verhärtete Kabel, eine Neonarbeit, die sich alle mit den materiellen Bedingtheiten der Telekommunikation auseinandersetzen. 

 Oder die Galerie Klüser mit ihren zwei Ausstellungsräumen, einer davon in einer alten Villa in der Maxvorstadt. Man muss erst durch ein Treppenhaus, in dem es nach Großbürgertum riecht, um oben die Ausstellung "Il Mondo Botanico" zu sehen. Klüser hat Kicken aus Berlin eingeladen. Die Berliner Galerie ist auf Fotografie spezialisiert, und hinter dem schönen Titel steckt eine Schau mit dem Fokus auf Papierarbeiten und Fotografie und natürlich Botanik. Ich möchte mir sofort eine Zeichnung von Picasso kaufen, die aussieht, als hätte er sie morgens vor dem ersten Kaffee schnell mit dem Bleistift perfekt hingekritzelt, traue mich aber nicht, nach dem Preis zu fragen.

In München wird man, anders als in Berlin, nicht pauschal geduzt. Aber ganz schön ist es trotzdem und eigentlich, so lässt sich feststellen, auch egal, mit welchem Auto man vorfährt.