Ausstellung in Frankfurt

Wie van Gogh zu van Gogh wurde

Zu Lebzeiten wollte die Bilder von Vincent Van Gogh kaum jemand sehen, heute ist er eine Kunstikone. Wie das passieren konnte, zeigt eine Ausstellung im Städel. Dabei geht es auch um die Geschichte einer deutschen Liebe

Er war der Maler der Sonne, der Kornfelder und der Sonnenblumen - und ist die Kultfigur der deutschen Moderne schlechthin. Um keinen anderen Künstler wie um Vincent van Gogh drehen sich so viele Legenden, die von dem tragischen, erfolglosen Künstlerdasein erzählen. Das Frankfurter Museum zeigt nach fünfjähriger Vorbereitung 50 Werke des niederländischen Malers (1853-1890) und beleuchtet, wie der Mythos systematisch aufgebaut wurde und welche Rolle Deutschland dabei spielte.

Nach Angaben des Städel-Direktors Philipp Demandt handelt es sich "um die wahrscheinlich aufwendigste, auf jeden Fall aber die am längsten geplante Ausstellung in der Geschichte unseres Hauses". Seit fast 20 Jahren seien in Deutschland nicht mehr so viele Werke van Goghs vereint gewesen. "Eine solche Ausstellung realisiert man nur einmal in Leben", sagt Kurator Felix Krämer.

Eine deutsche Erfolgsgeschichte

In der Städel-Ausstellung hängen van-Gogh-Werke auch neben und zwischen den Bildern deutscher Expressionisten wie Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner und Paul Klee, die teilweise über van Gogh zu ihrem eigenen Stil fanden. "Er malte Bilder, die für eine ganze Generation von Künstlern zum Erweckungserlebnis wurden", sagt Demandt über den Einfluss van Goghs auf die Künstler der deutschen Moderne. Der Untertitel der Städel-Ausstellung lautet denn auch "Geschichte einer deutschen Liebe".

Die Erfolgsgeschichte van Goghs in Deutschland ist übrigens eng mit dem Städel verbunden: Es war das erste öffentliche Museum in Deutschland, das 1908 zwei seiner als "gestrichelte Absonderlichkeiten" kritisierten Werke kaufte. In keinem anderen Land stieß van Gogh Anfang des 20. Jahrhunderts auf solches Interesse wie in Deutschland: Bis zum Ersten Weltkrieg waren seine Werke in fast 120 Ausstellungen in Deutschland vertreten - mehr als im übrigen Europa und Nordamerika zusammen. "Der Mythos um van Gogh ist durch Deutschland maßgeblich in die Welt gesetzt worden", sagt Kurator Alexander Eiling.

Dass auch van Gogh unter den Nationalsozialisten als "entartet" eingestuft wurde, bekam auch das Städel-Museum schmerzhaft zu spüren: Van Goghs "Das Bildnis des Doktor Gachet" wurde beschlagnahmt. An dieses düstere Kapitel deutscher Kunstgeschichte erinnert in der Ausstellung der leere Bilderrahmen des Gemäldes, das heute Teil einer Privatsammlung ist. Ein Podcast mit dem Titel "Finding van Gogh" geht begleitend zur Ausstellung der Geschichte des verschwundenen Bildes nach.