Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Foto: © Gerd Conradt, Mandala Vision
Foto: © Gerd Conradt, Mandala Vision
Gerd Conradts "Farbtest – Rote Fahne", ein 16mm-Farbfilm von 1968. Zu sehen in der Ausstellung "68. Pop und Protest" im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg

Eröffnungen und Veranstaltungen: Tipps für Düsseldorf, Hamburg, Köln, Lübeck, Marburg, München, Paris, Vilnius und Wien

Zero in Düsseldorf
Es ist 60 Jahre her, dass die Düsseldorfer Jungkünstler Heinz Mack und Otto Piene fanden, die Kunst müsse sich neu erfinden, und die Künstlergruppe ZERO gründeten – später kam noch Günther Uecker­ dazu. „Wir dachten an den Countdown vor dem Raketenstart“, sagte Piene später. Mit ihren kinetischen Objekten, ihren Licht- und Klanginstallationen und ihrer Leidenschaft für alles, was abhebt, brennt und Funken schlägt, sollten die ZERO-Künstler in den folgenden Jahren wirklich ziemlich abheben. Vom 18. bis 20. Oktober feiert die ZERO-Foundation in Düsseldorf unter dem Motto "ZERO. Please Turn!" den Geburtstag der Bewegung sowie auch ihr eigenes zehnjähriges Bestehen mit einem Wochenende voller Aktivitäten: Das Atelierhaus der Gründer ist zu besichtigen, es gibt eine Open-Air-Ausstellung und eine international besetzte Konferenz. 
"Zero Weekend", mit Konferenz und Open House, verschiedene Orte, bis 20. Oktober

Pop und Protest in Hamburg
Progressive Musik, unkonventionelle Mode und entfesseltes Design, kontroverses Theater und gesellschaftskritisches Autorenkino – das verbindet man mit dem Schlüsseljahr 1968. Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe versammelt nun zentrale Bilder, Filme, Texte und Soundbeispiele zu einem Stimmungsbild der Epoche. In der Schau "68. Pop und Protest" spiegelt sich natürlich auch unsere Zeit, denn zentrale Aspekte einer freiheitlichen und demokratischen Lebensweise stehen heute wieder auf dem Spiel.
"68: Pop und Protest", Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, bis 17. März 2019

1968 in Köln
"Berlin brennt, Köln pennt" – so spotteten Studierende im Epochenjahr 1968. Köln gilt als die deutsche Großstadt, die die Studentenrebellion verschlafen hat. Das Kölnische Stadtmuseum gibt sich jetzt in der Sonderausstellung "Köln 68! Protest. Pop. Provokation" alle Mühe, dieses Bild zu relativieren. Die Kuratoren geben zwar unumwunden zu, dass sich Köln nicht mit 68er-Städten wie Berlin oder Frankfurt messen kann. Doch immerhin zwei Besonderheiten wies die Rheinmetropole auf: Erstens war die Kunstszene sehr rege, und zweitens beteiligten sich die in Köln stark vertretenen Links-Katholiken an allem, was mit Friedensdemonstrationen und gesellschaftlichem Aufbruch zu tun hatte. Köln war immerhin die Wohn- und Wirkungsstätte des damals einflussreichsten deutschen Schriftstellers Heinrich Böll, der sowohl links als auch katholisch war. Dass es in Köln alles in allem sehr friedlich zuging, wird auch der rheinischen Gemütlichkeit zugeschrieben: "Es ist eine These, die vielfach vertreten wird, auch unsere Zeitzeugen sprechen das an", sagte Kuratorin Michaela Keim. Köln sei natürlich auch keine Frontstadt gewesen so wie das geteilte Berlin. Auch Gestalten wie der Studentenführer Rudi Dutschke oder der Philosoph Theodor W. Adorno hätten gefehlt. (dpa)
"Köln 68! Protest. Pop. Provokation.", Kölnisches Stadtmuseum, 20. Oktober bis 24. Februar 2019

Günter Grass in Lübeck
Zum 91. Geburtstag von Literaturnobelpreisträger Günter Grass (1927-2015) zeigt das Lübecker Günter-Grass-Haus rund 80 Aquarelle des Schriftstellers, Grafikers und Bildhauers. Unter den Arbeiten aus sechs Jahrzehnten sind auch bislang unveröffentlichte Bilder, die Grass kurz vor seinem Tod gemalt hat. An fünf Stationen ist zu sehen, wie sich die Bilder im Laufe der Jahre verändert haben. Experimentierte Grass während seines Studiums in Düsseldorf und Berlin mit verschiedenen Stilen der Klassischen Moderne, nutzte er seit den 1990er Jahren Wasserfarben zur Illustration seiner Gedichte zu "Aquadichten", wie er diese Kunstform nannte. Diese Arbeiten sind in der Ausstellung ebenso zu sehen, wie Porträts, Landschaften, Reiseeindrücke sowie kleine und große Fundstücke des Alltags. Neben den Bildern aus der Sammlung des Günter-Grass-Hauses sind auch zahlreiche Malutensilien des Künstlers zu sehen. (dpa)
"Grass in Farbe", Günter Grass-Haus, Lübeck, bis 3. Februar 2019

Kunstmuseum Marburg
Nach rund siebenjähriger Sanierung öffnet das Kunstmuseum Marburg wieder. Es beherbergt die Kunstsammlung der Universität. In dem Haus werden künftig auf rund 6900 Quadratmetern vor allem Werke des 20. Jahrhunderts gezeigt, darunter Arbeiten von Paul Klee, Käthe Kollwitz, Wassily Kandinsky oder Ernst Ludwig Kirchner. "Es freut mich, dass das das einzige Museum für Bildende Kunst der Stadt in neuem Gewand wieder zum kulturellen Zentrum Marburgs mit Strahlkraft für die ganze Region werden kann", sagte Kunst- und Kulturminister Boris Rhein (CDU). Direktor Christoph Otterbeck will die Werke in dem denkmalgeschützten Haus nach eigenen Angaben nicht mehr in einer klassischen Dauerausstellung präsentieren, sondern immer wieder neu miteinander kombinieren. Gezeigt werden soll erstmals auch die vollständige Sammlung der Marburger Tapetenfabrikantin Hilde Eitel (1915-2010). Das Land Hessen hat zwischen 2013 und 2015 für 6,9 Millionen Euro die Außenfassade denkmalgerecht sanieren lassen. Die Universität bezahlte die 3,9 Millionen Euro teure Innensanierung. Marburger Bürger und Unternehmen spendeten dazu der Hochschule rund 1,3 Millionen Euro. Das Museum ist das einzige in Hessen, in dem eine universitäre Kunstsammlung öffentlich gezeigt wird. Die Philipps-Universität hat das Haus 1927 zu ihrem 400-jährigen Bestehen eröffnet. (dpa)
Fest zur Wiedereröffnung, Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Marburg, 21. Oktober

Florentiner Renaissance in München
Was für Farben! Auch wenn die Kunstwerke rund 500 Jahre alt sind, geht von ihnen immer noch ein Leuchten aus – zu sehen in der Alten Pinakothek. Sie zeigt Meisterwerke von Renaissance-Künstlern aus Florenz. Meisterwerke der florentinischen Renaissancemalerei sind in der Alten Pinakothek in München zu bewundern. "Florenz und seine Maler: Von Giotto bis Leonardo da Vinci" zeigt 120 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen aus dem 15. Jahrhundert. Kurator Andreas Schumacher sprach am Mittwoch von einem großen kulturellen Aufbruch in dieser Zeit, begünstigt durch mächtige Familien wie den Medici. Florenz sei das Maß aller Dinge gewesen, Hunderte Künstler hätten in ihren Werkstätten die hohe Nachfrage nach Kunst bedient. Die Pinakothek präsentiert  wichtige Werke, etwa von Domenico Ghirlandaio, Andrea del Verrocchio oder Leonardo da Vinci. (dpa)
"Florenz und seine Maler: von Giotto bis Leonardo da Vinci", Alte Pinakothek, München, bis 27. Januar 2019

Saraceno in Paris
Spinnen, fliegendes Museum und Wolkenstädte: Paris widmet dem Wahl-Berliner Tomás Saraceno seine bislang größte Schau. Auf rund 13 000 Quadratmetern gibt das Palais de Tokyo einen Überblick über das einzigartige Schaffen des gebürtigen Argentiniers, der als "Spiderman der Kunst" bekannt ist: Der 45-Jährige ist von Spinnen und ihren filigranen Netzen fasziniert. Im Palais de Tokyo hat Saraceno einen Teil der Ausstellungsräume in ein Terrarium mit 90 Spinnen verwandelt. Die Achtbeiner bauen in offenen und schwarz ausgelegten Kästen an ihren Gespinsten. Auf jedes Netz ist ein Lichtstrahl gerichtet, damit man die komplexen Strukturen sehen kann. Kein Netz gleicht dem anderen. Für Saraceno sind es Kunstwerke der Natur und Konstruktionen, die an Kühnheit jedes Architekturprojekt übersteigt. In der Kunsthalle nahe dem Eiffelturm soll es weitere 400 Spinnen geben, die jedoch versteckt wirken. Denn seit über einem Jahr darf das Putzpersonal keine Spinnenweben mehr entfernen. Neben seiner Rieseninstallation "Galaxies Forming along Filaments, like Droplets along the Strands of a Spider's Web" aus schwarzen, klangerzeugenden Seilen – die visuelle Umsetzung von Daten eines eingescannten Spinnennetzes einer Schwarzen Witwe, ist auch sein fliegendes Museum aus Tausenden gebrauchten Plastiktüten zu sehen. Die Werkschau trägt den Titel "On Air". Denn über die Spinnen-Installationen erforscht Saraceno, der neben Kunst auch Architektur studiert hat, Strukturen, die über dem Erdboden und in den Lüften fliegen. Saraceno schwebt die Vision von Lebenräumen vor, die nur durch die Kraft der Thermik angetrieben werden. (dpa)
"Tomás Saraceno: On Air", Palais de Tokyo, Paris, bis 6. Januar 2019

MO Modern Art Museum in Vilnius
Mit einem neuen Kunstmuseum will Vilnius zu einer  Stätte Moderner Kunst werden. Im Zentrum der litauischen Hauptstadt eröffnet das MO Modern Art Museum. Gezeigt werden rund 5000 litauische Kunstwerke von den 50ern bis heute. Entworfen wurde das Gebäude mit markantem Eingangsbereich und Dachterrasse von Star-Architekt Daniel Libeskind (72), der auch das Jüdische Museum Berlin entworfen hat. Neben Ausstellungsflächen gibt es ein Auditorium, Lehrräume sowie einen Buchladen und ein Café. Der Neubau kostete rund 15 Millionen Euro. Die Sammlung umfasst Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Druckwerke, Fotografien und Videos. Darunter sind auch Arbeiten, die zu Sowjetzeiten als ideologisch unannehmbar galten. Ausgewählte Werke werden in einer Dauerausstellung gezeigt, zudem soll es regelmäßig wechselnde Sonderschauen geben. Die Initiative für das rund 3500 Quadratmeter große Museum geht auf  zwei private Kunstsammler zurück, die 2008 mit dem Aufbau ihrer Sammlung begonnen haben. (dpa)
Opening Event, MO Modern Art Museum, Vilnius, bis 21. Oktober

Schiele in Wien
Intensiv wie nie präsentiert das Wiener Belvedere seine Sammlung herausragender Werke des österreichischen Expressionisten Egon Schiele (1890-1918). Unter den 20 Gemälden und Zeichnungen – sie werden zusammen mit Gemälden unter anderem von Gustav Klimt und Herbert Boeckl gezeigt – seien auch Arbeiten, die sonst oft aus konservatorischen Gründen im Depot lagerten, sagte Kuratorin Kerstin Jesse zur Eröffnung der Schau "Egon Schiele. Wege einer Sammlung". Die Ausstellung, die auch Dokumente zum teils günstigen Ankauf der Werke des heute sehr teuren Künstlers zeigt, ist bis 17. Februar zu sehen. Obendrein habe das Haus das Werk Schieles anlässlich seines 100. Todestags am 31. Oktober im Wortsinn durchleuchtet, um seine Maltechniken zu analysieren, hieß es. Dabei sei klar geworden, dass der für seine Porträts, Selbstporträts und erotischen Motive bekannte Maler alle Malschichten gleichwertig behandelt habe. "Schiele hat mit der Grundierung als gestaltendem Element gearbeitet", so Jesse. Besonders klar werde das beim Motiv "Hauswand" (1914), bei dem zwei Drittel der Fläche aus einer so geschickt aufgetragenen Grundierung bestünden, dass der Putz höchst realistisch wirke. Dank vieler mikroskopischer Aufnahmen des teilweise übermalten Porträts seiner Frau Edith von 1917/1918 sei eine digitale Reproduktion des ursprünglichen, viel farbigeren Werks angefertigt worden. Der damalige Direktor der Gemäldesammlung bestand beim Ankauf 1918 darauf, dass der bunt-karierte Rock übermalt werde - er wirkte ihm zu billig und damit unpassend für ein Museum. (dpa)
"Egon Schiele: Wege einer Sammlung", Belvedere, Wien, bis 17. Februar 2019

"Verhüllt, enthüllt!" in Wien
Wenn über das Kopftuch gesprochen wird, wird es oft laut und hitzig. Vom Kopftuchverbot ist dann die Rede, von der Unterdrückung der Frau, gar von der Minderwertigkeit einer Verhüllten. "Wenn das Wort fällt, befindet man sich sofort in einer Art Kampfzone, weil es sofort mit dem Islam assoziiert wird", sagt Axel Steinmann, Kurator im Weltmuseum Wien. Dabei hat das Kopftuch kulturhistorisch sehr viel mehr erlebt – und ist in vielen Kulturkreisen zu Hause. Genau das will das Weltmuseum in Wien mit einer neuen Ausstellung zur Geschichte und Verbreitung des Kopftuchs verdeutlichen. "Bei uns in Europa blickt das Kopftuch auf 2000 Jahre Geschichte zurück und ist eng mit dem Christentum verknüpft", erklärt Steinmann. In der Ausstellung wird das vor allem an Gemälden deutlich. Marien-Darstellungen etwa kommen so gut wie nie ohne einen Schleier aus. Hinzu kommen Darstellungen von Nonnen, Trachtenpuppen, Plakate und aktuelle Entwürfe von Modeschöpfern, bei denen das Kopftuch wie selbstverständlich dazu gehört. Die ausgestellten Kopftücher selbst sind schlicht aufgehängt wie Gemälde, auf Experimente mit verschiedenen Bindungen an Puppenköpfen wurde verzichtet. Aus dem oft mit Bedeutung aufgeladenen Tuch wird so ein simples, meist rechteckiges Stück Stoff. Es ist der Versuch, ein vorbelastetes Symbol kultureller Debatten neutral zu präsentieren. In einer Zeit, in der in zahlreichen europäischen Ländern verschiedene Formen der Verschleierung verboten werden, in Österreich sogar über ein Kopftuchverbot für Kindergartenkinder nachgedacht wird, stürzt sich das Weltmuseum trotz aller Neutralität aber dennoch in eine heiße politische Debatte. Und das ist den Machern der Schau auch bewusst. "Das Kopftuch muss im 21. Jahrhundert in einigen Ländern der Europäischen Gemeinschaft wieder herhalten, um Wahlen zu führen - und erschreckenderweise auch noch Wahlen zu gewinnen", sagt Christian Schicklgruber, Direktor des Weltmuseums. (dpa)
"Verhüllt, enthüllt! Das Kopftuch", Weltmuseum Wien, bis 26. Februar 2019