Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Eröffnungen der Woche: Tipps für Berlin, Gotha und Schleswig

Gallery Weekend und Paper Positions in Berlin
Zum Gallery Weekend verwandelt sich Berlin am Wochenende wieder in eine riesige Ausstellungsfläche. Fast 50 Galerien der Stadt geben einen Einblick in die Kreativszene und zeigen vorwiegend neue Arbeiten zeitgenössischer Künstler. Parallel dazu können Kunstliebhaber auch viele Galeristen an einem Ort besuchen: Zur Paper Positions Berlin sind ebenfalls fast 50 Galeristen aus elf Ländern mit Arbeiten ihrer Künstler nach Berlin gekommen. (dpa)
Gallery Weekend, Berlin, bis 28. April

Stefan Müller bei Nagel Draxler in Berlin
Es gibt nichts Eleganteres als gekonnte Nachlässigkeit. Eine dieser Leinwände – bitte auch die Rahmen beachten – muss am Boden gelegen haben, es sind kleine Flecken von Kaffee oder sonstwas darauf, der Abdruck eines Sneakers ist zu sehen, Knitterungen, Faltungen, und dann zum Schluss ein paar glänzende kleine Pinselstriche. "Schlendern im Verweilen": Stefan Müller hat diese sich keiner Aufmerksamkeitsökonomie unterwerfenden Beiläufigkeit, aber an den richtigen und wichtigen Stellen hat er schon immer ganz genau aufgepasst und das Richtige getan. Diese Malerei sieht ganz leicht aus, aber weiß auch alles vom Gegenteil.
"Schlendern im Verweilen", Nagel Draxler, bis 15. Juni

Femke Herregraven bei Future Gallery in Berlin
In den dunklen Galerieräumen leuchtet einem eine doppelseitige Leuchtstele wie ein Grabstein entgegen. Auf der einen Seite sind so genannte Katastrophenanleihen aufgelistet, ein Produkt der Finanzwirtschaft, bei dem Anleger auf bestimmte Katastrophen wetten und so am Tod anderer verdienen können. Auf der anderen Seite hat die 1982 geborene niederländische Künstlerin die erste bekannte Statistik über Todesursachen von Menschen reproduziert, die im noch von der Pest geschüttelten London im 17. Jahrhundert erstellt wurde: Damals starb man zum Beispiel noch an "Würmern und Zähnen" oder "tot auf der Straße umfallen". Eine komplexere Installation im Keller führt in eine Bunkersituation, in der sich fossilienartige Skeletten in computergenerierten Filmen unterhalten – die Situation ist postapokalyptisch, die unsichtbaren Bewohner des Bunkers sind die Superreichen, die sich als einzige retten wollen, wenn die Welt untergeht. Finster!
"corrupted air", Future Gallery, bis 1. Juni

Guido van der Werve in Berlin
Das Gebäude allein ist spektakulär. Der Software-Unternehmer Markus Hannebauer hat für seine Sammlung zeitbasierter Kunst das ehemalige Hauptquartier der US Army an der Clayallee in Dahlem umbauen lassen. Das Gebäude stammt aus den 1938 Jahren und war, so erzählt der Hausherr, eines der ersten in Stahlbeton-Bauweise. Ausgestattet wurde es dann aber historistisch mit monumentalen Säulen, Fußböden und Wänden aus schwarzem Marmor. Das Architekturbüro Sauerbruch Hutton, das das repräsentative Empfangsgebäude in ein Haus für Videokunst umbauen sollte, hat nun die Betondecke unverkleidet gelassen, so dass man den modernen Kern des Gebäudes spürt  und der Kontrast zu der überbordenden Ornamentik des Marmors so richtig knallt. Das Ergebnis ist eine großartige Raumerfahrung, zu der auch die Eröffnungsausstellung gut passt. Denn in dem Film von Guido van der Werve, der auf der großen Leinwand im Hauptraum läuft, sieht man den niederländischen Künstler auf den Spuren von Chopin eine Triathlon von Warschau nach Paris absolvieren, die Klänge Chopins treffen auf modernen Extremsport. Irgendwann sitzt er am Flügel und spielt Chopin - im Taucheranzug.Und die Zeiten und Epochen überlagern sich.
"Number eight, nine, twelve, thirteen, fourteen, seventeen – home", Flumentum, 25. April bis 22. Juni

Pauline Boudry / Renate Lorenz in Berlin
Die Schweizer Künstlerinnen Pauline Boudry und Renate Lorenz verlangen den Besuchern ihrer Ausstellung "Ongoing Experiments with Strangeness" einiges ab. Schon am Eingang des ersten Raumes in der Julia Stoschek Collection Berlin fordern sie das Publikum in einem Brief auf, telepathische Verbindung mit den Protagonist*innen ihrer Videos aufzunehmen. Was man zwischen den Filmen und Installationen erspüren soll, ist vor allem die Gleichzeitigkeit von Geschichte und Gegenwart. In der Schau mischen sich historische politische Manifeste mit Disco-Musik, eine Bühneninstallation mit Geisterlichtern bleibt leer, weil sie erst durch die Besucher zum Leben erweckt werden will. Beim Künstler-Duo Boudry/Lorenz, das auch in Venedig den Schweizer Pavillon bespielen wird, geht es um die Vielfalt von Identitäten und die widerständigen Potenziale von Sound und Stille. Im großen Kinosaal performen Musikerinnen, darunter die Kultfigur Peaches, mit ihren Instrumenten die Verzweiflung von Marilyn Monroe und der  Warhol-Attentäterin Valerie Solanas. Das kratzt und quietscht und tut weh. Aber das soll es ja auch.  Besonders toll sind übrigens die "Wig Pieces", die aus verschiedenfarbigem Kunsthaar bestehen. Ab und zu müssen sie sogar gekämmt werden.
"ONGOING EXPERIMENTS WITH STRANGENESS", Julia Stoscheck Collection, bis 28. Juli

Andreas Mühe in Berlin
Der Berliner Fotograf Andreas Mühe kommt aus einer Familie, deren Prominenz er kaum entkommen kann: Sein Vater war der bekannte Schauspieler Ulrich Mühe, seine Mutter ist die Theaterintendantin Annegret Hahn, auch die Schwester Anna Maria Mühe macht Karriere als Schauspielerin. Für seine Ausstellung "Mischpoche" tritt Mühe nun die Flucht nach vorn an und hebt die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte auf eine grundsätzliche Ebene – in einem raffinierten Spiel zwischen fotografischem und dreidimensionalem Abbild. Mühe hat eine ganze Reihe seiner Vorfahren als lebensechte Figuren von Fotovorlagen nachbilden lassen. Am Ende soll wiederum ein fotografisches Familienbild entstehen, das das Unmögliche möglich macht und die Verstorbenen und die Lebenden in einer überzeitlichen Geste vereint. Schon früher hat sich Mühe in seinen Fotoserien als melancholisch-morbider Porträtist der deutschen Seele erwiesen – hier zitiert er dazu seine ganz persönlichen Geister herbei.
"Mischpoche", Hamburger Bahnhof, bis 11. August

“The Black Image” im Martin Gropius Bau
Die Ausstellung "The Black Image Corporation" beruht auf einer Zusammenarbeit von Theaster Gates mit der Johnson Publishing Company, dem Verlag, der seit den vierziger Jahren die für die afroamerikanische Kultur prägenden Magazine "Ebony" und "Jet" herausgegeben hat. Die künstlerische Arbeit von Gates besteht vor allem darin, dieses Erbe zu erschließen, ihm seine Referenz zu erweisen und es den Besuchern auch haptisch zugänglich zu machen. In großen Reproduktionen sieht man die extrem stylische Modefotografie von Moneta Sleet Jr. and Isaac Sutton, die Magazine kann man in Vitrinen bestaunen, und in speziell designte Archivmöbel steht ein Bildarchiv bereit, das die Besucher durchforsten können. Die Titelthemen der Magazine zeigen, wie geschickt diese Publikationen damals Politik und Lifestyle verbanden: Der Dauerbrenner "Alles essen und nicht zunehmen" steht da gleichberechtigt neben der Frage, was der Effekt von Nixons Politik auf schwarzes Leben in den USA hat. In Basel war das Projekt Teil einer größeren Ausstellung, hier behauptet es sich aber durchaus auch allein.
"The Black Image Corporation", Martin Gropius Bau, bis 28. Juni

Oskar Schlemmer in Gotha
Dem Bauhaus-Meister Oskar Schlemmer widmet die Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha eine Ausstellung. Sie eröffnet am Samstag, um 14 Uhr. Rund 80 Werke wurden dafür zusammengestellt. Die Arbeiten sind aus allen Schaffensphasen und -bereichen des heute als Multitalent gefeierten, von den Nazis abgelehnten Künstlers. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den 1920er und 1930er Jahren, in denen Schlemmer auch mehrere Jahre am Bauhaus in Weimar und Dessau wirkte. Es sind äußerst selten gezeigte Werke darunter.(dpa)
"Oskar Schlemmer – Das Bauhaus und der Weg in die Moderne", Herzögliches Museum Gotha, 28. April bis 28. Juli

Hans Olde d.Ä. in Schleswig
Mit einer großen Ausstellung widmen sich die Landesmuseen Schloss Gottorf dem norddeutschen Impressionisten Hans Olde. Er gilt als eine treibende Kraft für die deutsche Sezessionsbewegung und die künstlerische Modernität während der Kaiserzeit. Die Schau in der Reithalle von Schloss Gottorf zeigt 125 Werke. Davon sind 30 private Leihgaben und damit selten zu sehen. Gezeigt werden Arbeiten von Oldes Anfängen, die vom französischen Realismus geprägt sind, über den eigenständig umgesetzten Impressionismus bis hin zum Spätwerk. Ausdrucksstarke Landschaften und Porträts dominieren die Ausstellung. Die Sommerausstellung ist nach Angaben des Museums die erste große Retrospektive über den Künstler.(dpa)
"Impressionist des Nordens", Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf, bis 20. Oktober