Tipps und Termine

Wohin zu Pfingsten?

Eröffnungen der Woche: Tipps für Basel, Berlin, Essen, Friedrichshafen, Hamburg, Kassel, London, Moss und München

Rebecca Horn in Basel

Rebecca Horns frühe Performances sind legendär: Mit umgeschnalltem Horn auf dem Kopf, riesig langen künstlichen Fingern oder einem Ganzkörper-Fächer testete sie die Grenzen des Körpers und seine Verschränkung mit der Maschine. Die Ausstellung "Körperphantasien" im Museum Tinguely in Basel verfolgt das Thema in Horns Schaffen bis in die späteren mechanisch-kinetischen Installationen weiter.

Rebecca Horn: "Körperphantasien", Museum Tinguely, Basel, bis 22. September


William Kentridge in Basel

"Die Hoffnung auf Versöhnung war vergeblich. Südafrika muss immer noch mit dem Ergebnis von 300 Jahren Wut und Entbehrung umgehen", sagte William Kentridge einmal im Interview mit Monopol. Seit seinen Anfängen in den 70er-Jahren setzt sich der 1955 in eine jüdische Anwaltsfamilie in Johannesburg hineingeborene Künstler mit Rassismus, Unterdrückung und sozialen Konflikten in seiner Heimat auseinander. Seine bekanntesten Arbeiten sind Animationsfilme, die aus Kohlezeichnungen entstehen, aber er hat auch immer wieder große Performances und Theaterstücke mit Schauspielern inszeniert. Im Kunstmuseum Basel ist nun eine Überblicksausstellung mit Zeichnungen, Skulpturen und mehreren seiner raumgreifenden Installationen zu sehen.

William Kentridge "A Poem That Is Not Our Own", Kunstmuseum Basel, bis 13. Oktober
 

Elfie Semotan in Berlin

Das Fotozentrum C/O Berlin stellt erstmals das vielfältige Werk der Österreicherin Elfie Semotan in Deutschland aus. Ursprünglich selbst Model, fand sie in den 1960er-Jahren zur Fotografie. Ihre Werke sind geprägt von kühler Eleganz, unperfekter Schönheit und einer subtilen Erotik. Sie stechen durch das Prinzip des Storytellings hervor: ähnlich einem Filmstill erzählen die Aufnahmen durch Personenkonstellationen und Bildkompositionen Geschichten. In bestimmten Arbeiten stellt die Werbe- und Modefotografin Bezüge zu einem kunsthistorischen Kanon her. Bekannt wurde sie zudem durch Porträts prominenter Personen – darunter Louise Bourgeois, Martin Kippenberger, Jonathan Meese und Daniel Richter.

Elfie Semotan: „
Contradiction“, C/O Berlin, bis 7. September
 

Bani Abidi in Berlin

Mit einer Ausstellung der pakistanischen Video-Künstlerin Bani Abidi setzt sich der Berliner Gropius Bau mit seiner historischen Lage direkt am einstigen Mauerverlauf auseinander. Dabei will sich das Haus aber nach den Worten von Direktorin Stephanie Rosenthal nicht nur mit deutscher Historie befassen. "Was gibt es für Mauern nicht nur zwischen unterschiedlichen Ländern, sondern auch zwischen Menschen. Mauern, die in Gesellschaften verlaufen", sagte Rosenthal mit Blick auf die Ausstellung "Bani Abidi  They Died Laughing", die bis zum 22. September zu sehen sein wird.

Abidi war mit Arbeiten unter anderem während der documenta 13 in Kassel zu sehen, der wichtigsten Ausstellung für zeitgenössische Kunst. In mehreren Räumen des Martin Gropius Baus zeigt die in Karachi geborene Künstlerin nun Filme, Fotos, Zeichnungen und Drucke aus mehr als zehn Jahren ihres Schaffens. Die Arbeiten sind teils voller Humor, zeigen skurrile Begebenheiten oder Konstellationen in scheinbar alltäglichen Situationen. Jüngere Arbeiten wie "The Lost Procession" von 2019 sind explizit politisch. In dem Video thematisiert Abidi die Verfolgung der Ethnie der Hazara in ihrer pakistanischen Heimat.

Bani Abidi: “They Died Laughing”, Gropius Bau in Berlin, bis 22. September 2019


Nancy Spero in Essen

Absolventen des Art Institute of Chicago standen meist quer zur Abstraktion oder Coolness der New Yorker Prominenz, sogar dann, wenn sie irgendwann selbst an die Ostküste zogen. Wie Nancy Spero und Leon Golub, das Künstlerehepaar, das an der menschlichen Figur fest- und sich von der Pop-Art fernhielt und mit expressiven Werken gegen den Vietnamkrieg agitierte. Nancy Spero (1926–2009) war Rebellin aus verschiedenen Gründen. Sie war politisch unangepasst, kämpfte als Feministin gegen den Macho-Betrieb und litt seit der Geburt ihres dritten Sohnes an schwerer Arthritis. In den 60ern, für sie eine Zeit physischen Schmerzes und künstlerischer Isolation, entdeckte sie in Paris Antonin Artaud, den Erfinder des "Theaters der Grausamkeit", dem sie zwei bedeutende Werkgruppen widmete.

Die "Artaud Paintings" und "Codex Artaud" sind in
der Retrospektive im Essener Museum Folkwang – der ersten umfassenden Spero-Schau in Deutschland – ebenso zu sehen wie die älteren "Paris Black Paintings" und der 1976 auf 14 Papierbahnen entstandene Zyklus "Torture of Women". Spero bildet dort über 450 Charaktere aus unterschiedlichen Kulturen und Epochen ab.

Von nun an widmet sie sich ausschließlich weiblichen Wesen, seien es zeitgenössische, historische oder mythologische Figuren. In der New Yorker A.I.R. Gallery – die Spero mit anderen feministischen Künstlerinnen 1972 gegründet hatte – präsentierte sie 1979 das umfängliche Text-Bild-Werk "Notes in Time on Women". Den integrierten Berichten von Folterungen und Inhaf­tierungen stellte die Künstlerin tanzende Frauenfiguren gegenüber, denn die Textzeugnisse, so Spero, "waren meist so deprimierend, dass ich dagegenarbeiten musste". Nancy Spero war wütend, trotzig, groß.

"Nancy Spero", Museum Folkwang in Essen, bis 25. August
 

Drohnen in Friedrichshafen

Rund 1,2 Millionen Drohnen sollen nach Schätzungen im Jahr 2020 allein in Deutschland unterwegs sein. Wie ambivalent ihre Nutzung bereits jetzt schon ist, zeigt das Zeppelin Museum in Friedrichshafen am Bodensee in einer Ausstellung. Drohnen werden zur Überwachung, in der Landwirtschaft oder schlicht als Spielzeug eingesetzt. In Kombination mit künstlicher Intelligenz gelten sie jedoch als wichtigste Kriegstechnologie seit der Erfindung der Atombombe. Diese Gegensätze spiegeln sich auch in den Exponaten der Ausstellung wider: Neben Aufklärungsdrohnen etwa von der Bundeswehr werden in der Schau unter dem Titel "Game of Drones" zum Beispiel Fluggeräte gezeigt, die bei der Vermessung von großen Bauwerken, in der Fotografie oder eben als private Spielerei eingesetzt werden können. Das Museum selbst nutzt ebenfalls eine eigene Drohne mit dem Namen "Claire", die als Exponat nicht nur Teil der Ausstellung ist, sondern die Mitarbeiter etwa bei Videoaufnahmen unterstützt.

Neben der technischen Entwicklung und Nutzung der Drohnen setzt sich das Museum auch gesellschaftlich und künstlerisch mit dem Phänomen auseinander. So zeigt etwa der chilenische Künstler Ignacio Acosta eine Videodokumentation über das skandinavische indigene Volk der Sami, das auch mithilfe von Drohnen gegen ein Bergbauprojekt in Schweden protestierte. Der Amerikaner Adam Harvey hat dagegen Kleidung entwickelt, die dank spezieller Materialien von Überwachungsdrohnen etwa mit Wärmebildkamera nicht erkannt werden soll. (dpa)

"Game of Drones, von unbemannten Flugobjekten", Zeppelin Museum in Friedrichshafen, bis 3. November
 

Otto Dix in Hamburg

Zu seinem 50. Todesjahr zeigt die Fabrik der Künste in Hamburg eine Ausstellung mit Werken des Malers und Grafikers Otto Dix (1891–1969). Zu sehen sind bis zum 7. Juli rund 80 Werke, hauptsächlich Grafiken aus fünf Jahrzehnten, wie das private Ausstellungshaus mitteilte. Die Themenbereiche drehen sich um Menschen aus seinem Umfeld, Porträts von Matrosen und Prostituierten, erotische und biblische Szenen und Bilder rund um den Tod.

Die Werke stammen aus der Galerie Nierendorf in Berlin. Neben George Grosz und Max Beckmann war Otto Dix Mitglied der Neuen Sachlichkeit, einer führenden Kunstbewegung der Weimarer Republik. Sein Werk ist geprägt durch seine Erfahrungen und Eindrücke des Ersten Weltkrieges, zu dem er sich als Freiwilliger gemeldet hatte. Auch viele seiner übrigen Bilder, die auf einem schonungslosen Realismus beruhen, zeigen das Hässliche und die dunklen Seiten des Lebens. (dpa)

"Otto Dix. Werke aus fünf Jahrzehnten", Fabrik der Künste, Hamburg, bis 7. Juli
 

Lucas Arruda und Ron Nagle in Kassel

Der neue Direktor des Fridericianums Moritz Wesseler beginnt sein Programm mit sehr verschiedenen Künstlern: Der Maler Lucas Arruda, Jahrgang 1983, aus São Paulo malt Meereslandschaften und Küsten, das Licht auf dem bewegten Wasser und in den Wolken, aber abstrakter als William Turner und viel weniger groß. Die Formate sind zugängliche kleine Meditationen, die Kontemplation und Konzentration erfordern.

Ron Nagle ist ein seit 60 Jahren praktizierender US-amerikanischer Bildhauer, dessen kleinformatige Keramiken beweisen, dass es Humor in der skulpturalen Abstraktion gibt. Von Comic-Ästhetik und der kalifornischen Hot-Rod-Kultur beeinflusst, beweisen sie, dass auch völlig Absurdes sehr gut aussehen kann. Auch spaßig: Nagle, der außerdem Musiker ist, war an den Soundeffekten von "Der Exorzist" (1973) beteiligt. Was die beiden gemeinsam haben könnten? Zumindest unbeirrbare Kon­­zen­tration auf ihre künstlerische Sprache.

Lucas Arruda: "Deserto-Modelo“ / Ron Nagle: "Eu-phoric recall“, Fridericianum, Kassel bis 8. September

Natalija Sergejewna Gontscharowa in London

Die russische Avantgarde-Künstlerin Natalija Sergejewna Gontscharowa (1881–1962) wird in der Tate Modern in London mit der ersten großen Retrospektive außerhalb ihres Heimatlandes gewürdigt. Die aus einer Aristokratenfamilie stammende Gontscharowa hatte in den Kunstsalons des vor-revolutionären Russland früh Zugang zu der Kunst von Monet, Gauguin, Picasso und Matisse – und wurde selbst als die "russische Matisse" bezeichnet.

Sie suchte ihre Inspiration jedoch in traditioneller russischer Kunst und verband diese mit grellen Farben, ausgeprägten Formen sowie Linien und unkonventionellen Perspektiven. Deutlich wird in der Ausstellung die ständige Weiterentwicklung im Stil ihrer Malerei – vom Impressionismus über Kubismus und italienischem Futurismus zur Moderne. Für die Schau hat die Tate rund 160 Werke zusammengetragen. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Palazzo Strozzi in Florenz und dem Ateneum-Kunstmuseum in Helsinki, wo sie anschließend gezeigt wird. (dpa)

"Natalia Goncharova", Tate Modern in London, bis 8. September


Momentum in Moss

Die "Monumentum10" ist dieses Jahr eine emotionale Ausstellung, wie es im Titel heißt. Seit 1998 findet die nordische Biennale statt und präsentiert anlässlich ihrer zehnten Ausgabe 29 internationale Künstler. Dabei werden ikonische Werke vergangener Veranstaltungen wieder aufgegriffen und mit neuen Positionen vereint.

Im Zentrum steht die Gefühlswelt als komplexes und soziales Phänomen in einem vor allem technologie-basierten Zeitalter. Kunstwerke, Diskussionen, und Performances sollen die Auseinandersetzung mit Emotionen und Identitäten, aber auch mit dem "Nordischen" anregen. Es sind unter anderem Arbeiten von Julieta Aranda, Sissel Tolaas und Olafur Eliasson zu sehen. Zwischen Oslo und Moss pendeln Shuttlebusse umsonst, und das Festival feiert am Samstag eine Party im Queer-Club "Karmaklubb".

"Momentum10. The emotional exhibition“, Momentum Kunsthall, Moss, 8. Juni bis 9. Oktober
 

Bilder zur DDR in München

Der Mauerfall ist 30 Jahre her, damit auch das Bestehen der DDR. In der Villa Stuck in München beschäftigen sich 18 Künstler mit dem fotografischen Nachlass aus privaten und institutionellen Archiven. Die Ausstellung zeigt Bilder aus und über die DDR von 1981 bis 2019. Einige Arbeiten nehmen sich fremder oder eigener Bilder noch einmal mit zeitlichem Abstand an und nehmen so eine neue Perspektive ein. Bei dem Projekt geht es um individuelle und kollektive Erinnerungsprozesse.

"Von Ferne. Bilder zur DDR", Villa Stuck, München, bis 15. September