Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Bad Homburg, Berlin, Chemnitz, Los Angeles, Mannheim, Münster, Paris, Potsdam und Trier

Digitale Naturillusionen in Bad Homburg v. d. Höhe

Die Ausstellung "Illusion Natur. Digitale Welten" im Museum Sinclair-Haus zeigt Werke zeitgenössischer Künstler und Künstlerinnen, die sich in ihren digitalen Arbeiten dem Thema der Natur widmen. Sie erzeugen in hyperrealen Räumen täuschend echte Imitate unserer realen Umwelt und stellen damit die menschliche Wahrnemung auf die Probe. Von Werken aus den 1980-Jahren bis heute kann man einerseits technische Entwicklungen und andererseits eine immer stärkere Annäherung an die wahrnehmbare, organische Natur beobachten.

"ILLUSION NATUR.Digitale Welten", MUSEUM SINCLAIR-HAUS, 10. November bis 2. Februar 2020

Nobert Bisky in Berlin und Potsdam

"Ohne den Mauerfall wäre ich nicht Künstler geworden", hat der Künstler Norbert Bisky einmal gesagt. Nun nimmt der Maler das 30-jährige Jubiläum dieses Ereignisses zum Anlass zwei Ausstellungen zum Thema Wende zu bespielen. Bisky, 1970 in Leipzig geboren, lässt auch seine DDR-Vergangenheit in seine Kunst einfließen. In der Ausstellung "RANT" der Potsdamer Villa Schöningen zeigt Bisky Zeichnungen und Gemälde, die sich explizit mit der Teilung Deutschlands auseinandersetzen. In der St. Matthäus-Kirche am Berliner Forum ("POMPA") widmet sich der Künstler in einer aufwändigen Deckeninstallation der von Hedonismus, aber auch von Profitgier und Opportunismus geprägten Nachwendezeit.

Norbert Bisky  "RANT",9. November bis 23. Februar 2019

Nobert Bisky "POMPA",10.November bis 16. Februar 2020

 

Norbert Bisky "POMPA", St. Matthäus-Kirche, Berlin
Foto: dpa

Norbert Bisky "POMPA", St. Matthäus-Kirche, Berlin

Helga Paris in der Akademie der Künste Berlin

Helga Paris gehört zu den in der DDR aufgewachsenen Fotografinnen, die mit ihren Arbeiten eindringlich Menschen in ihrem Alltag festgehalten haben. Werke der inzwischen 81 Jahre alten Paris zeigt die Akademie der Künste Berlin bis zum 12. Januar in ihren Räumen am Brandenburger Tor. Zu sehen sind rund 275 Arbeiten aus der Zeit zwischen 1968 und 2011, einige davon werden erstmals in der Ausstellung präsentiert.

Die Akademie der Künste konnte für die subjektive Chronik mit dem Auge einer Fotografin auf ein umfassendes Konvolut zurückgreifen. Paris, selbst seit 1996 Mitglied der Akademie, überließ der Einrichtung in diesem Jahre ihr Archiv mit fast 230 000 Negativen und etwa 6300 Filmen.

Für die Ausstellung wählte Kuratorin Inka Schube Arbeiten etwa aus den Serien "Berliner Kneipen" von 1975 aus, in denen Paris Menschen und Szenen festhielt. Für "Häuser und Gesichter" aus dem Halle der Jahre 1983-85 versuchte sie nach eigenen Worten, alles zu fotografieren "wie eine fremde Stadt in einem fremden Land". Einen Einblick in "Leipzig Hauptbahnhof" geben Arbeiten der Jahre 1981/82. Die Serie "Erinnerungen an Z." entführt nach Zossen bei Berlin, wo die in Gollnow (Goleniów) geborene Paris aufwuchs, bevor sie 1956 in die Hauptstadt der DDR zog.

Die in Berlin entstandenen Arbeiten sind stark beeinflusst von Paris' Umfeld. Sie wohnte seit 1966 im Bezirk Prenzlauer Berg, der damals noch stark geprägt war von Arbeiterfamilien. Davon zeugen etwa Fotografien von "Frauen im Bekleidungswerk VEB Treffmodelle" aus dem Jahr 1984.

"Helga Paris, Fotografin", Berlin 8.November bis 12.Januar 2020

Rosa von Praunheim bei Gustav von Hirschheydt in Berlin

77. Auf diese Schnapszahl mindestens ein Piccolöchen! Am 25. November 1942 wurde Holger Radtke in Riga geboren, in den 60er-Jahren kreierte er seinen Künstlernamen, der an den "rosa Winkel" erinnert, den schwule KZ-Insassen tragen mussten. Fast 150 Filme und Dokumentationen hat Rosa von Praunheim gedreht, mit Pornostars, Szenegrößen und mehr oder weniger berühmten Schauspielern. Sex, Queerness, Verklemmtheit, Aids und große alte Frauen waren und sind seine Themen. Gefeiert wird unter anderem mit einer Galerieausstellung, wo seine Bildergeschichte "Der große und der kleine Penis“ vorgestellt wird – an drei Nachmittagen auch mit Lesungen in der Galerie. Die Geburtstagsparty ist im Deutschen Theater für den 28. November angesetzt, nach dem Schlussapplaus für "Jeder Idiot hat eine Oma, nur ich nicht", Praunheims biografischer Revue, die im Januar 2018 Premiere hatte. Tenor: Schwulsein ist schön, macht aber viel Arbeit. Oder: Nicht alle Heteros sind pervers, sondern die Situation, die sie geschaffen haben.

" Rosa von Praunheim", Galerie Gustav von Hirschheydt, 8. November bis 4. Dezember, Eröffnung am 8. November um 17 Uhr

Festival "Aufstand der Utopien" in Chemnitz

In Chemnitz wird nichts weniger als die Zukunft verhandelt: Beim Festival "Aufstand der Utopien" geht es bis Sonntag bei Theaterstücken, Lesungen, Ausstellungen, Workshops und Gesprächsformaten darum, wie die Welt von morgen aussehen könnte. "Viele Menschen blicken derzeit ängstlich in die Zukunft. Doch das Spannende an Umbruchphasen wie '89 ist, dass sich viele neue Räume öffnen und sich neue Chancen bieten", sagte Projektleiter Franz Knoppe.

Die Festivalmacher wollten dazu einladen, die Zukunft wieder positiv zu besetzen und aktiv mitzugestalten, anstatt sich ausgeliefert zu fühlen. Eine Auswahl utopischer Ideen soll in eine Zeitkapsel wandern, die im Chemnitzer Stadtarchiv aufbewahrt werde. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls soll diese "ausgegraben" werden, um zu zeigen, dass manche Utopie von heute die Realität von morgen ist.

Festival "Aufstand der Utoipien", Chemnitz, bis 10. November

Schau zu radikalen Künstlerinnen des Sozialismus bei Los Angeles

Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls ist in Kalifornien eine Ausstellung des Dresdner Albertinums unter dem Motto "Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang" zu sehen. Gezeigt werden die Werke vom 10. November bis zum 5. April 2020 im Wende Museum in der Nähe von Los Angeles (USA), wie die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) am Donnerstag mitteilten.

Es geht um 36 Künstlerinnen etwa aus der DDR, Polen oder Ungarn - und ihre "unangepasste, weibliche Kunstproduktion" in Form von Fotografie, Malerei, Grafik, Mode und Theater. Die Künstlerinnen "zündelten, provozierten, protestierten, experimentierten unter dem Radar ‎akzeptierter Medien", hieß es. Für die Ausstellung in den USA wurde die Schau, die dort unter dem Namen "The Medea Insurrection. Radical Women Artists behind the Iron Curtain‎" zu sehen ist, um US-amerikanische Künstlerinnen ‎ergänzt.

"Sind viele der osteuropäischen ‎Künstlerinnen auch bereits international sehr bekannt und in den großen Sammlungen auch in den ‎USA vertreten, so sind viele der ostdeutschen Künstlerinnen nun erstmals in den USA zu sehen", sagte die Direktorin des Albertinums, Hilke Wagner. ‎

"Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang", Wende Museum, 10. November bis 5. April 2020

Mannheim trauert den Werbehighlights der letzten Jahrzehnte nach

Sie ist wohlgeformt, steht mit langen Beinen auf High Heels und trägt in ihrer Jackentasche eine Zeitung: Die "Bild"-Lilli" ist die Vorgängerin der Barbie Puppe und das wertvollste Objekt der Mannheimer Schau "Werben und Verkaufen". Die "Bild"-Zeitung verkaufte einst die Rechte an der Figur der Spielzeugfirma Mattel, die daraus Barbie schuf. Die Blondine aus Kunststoff ist eines von 2700 Objekten, die das Technoseum in seiner Ausstellung vom siebten November bis zum ersten Juni 2020 zeigt.

Die Schau spannt den Bogen von dem ältesten Objekt, einer Blechdose für Zwieback um 1900, über Werbeposter für den Urlaub im Badener Land aus dem Jahr 1910 bis zu Lastwagen im Miniformat mit sexistischem Aufdruck als Bierwerbung.

Die Ausstellung zeigt, wie sehr Werbung das Alltagsleben prägt. Selbst der traditionelle Weihnachtsbaum blieb von Werbung nicht verschont. Ein Exemplar mit Kugeln von Warsteiner und Coca-Cola gehört zu den Schätzen, die das Museum in seinem Bestand von 190 000 Objekten ausgegraben hat. Zur Kategorie bizarre Werbemittel zählt die Plüschmade im Chirurgenkostüm, die Larventherapien zur Wundbehandlung anbietet.

Die Besucher seien nicht nur zu einem nostalgischen Gang durch die Geschichte der Werbung eingeladen, sagte Museumsleiter Hartwig Lüdtke. Sie sollten sich auch mit der Kehrseite - stigmatisierender, ausgrenzender und frauenfeindlicher Inhalte und Wirkung von Werbung - auseinandersetzen. Als Beispiel dafür dient die Darstellung des für Schokolade werbenden Sarotti-Mohren als Keramik-Figur und Puppe. Der schwarze Mann in dienender Haltung als Emblem an der Bar eines Mannheimer Veranstaltungszentrums hatte für hitzige Diskussionen über Alltagsrassismus gesorgt.

"Sammlung 3: Werben und Verkaufen", Landesmuseum für Technik und Arbeit, Mannheim bis 1. Juni 2020

William Turner in Münster 

Den schaurig-schönen Reisebildern des britischen Landschaftsmalers William Turner (1775-1851) widmet sich eine große Ausstellung in Münster. Das LWL-Museum für Kunst und Kultur zeigt 80 Gemälde und Aquarelle des Meisters des Lichts und der Farbe, als der er heute gilt. Die hochkarätigen Leihgaben aus der Tate in London werden ergänzt durch 30 Werke von Vorgängern und Zeitgenossen, etwa Werken von Caspar Wolf, Claude-Joseph Vernet und John Martin.

Die Schau mit dem Titel "Turner. Horror and Delight" folgt dabei der Entwicklung Turners vom schnell erfolgreichen Kunstschüler hin zum Landschaftsmaler, der sich große Freiheiten nahm und dafür auch angefeindet wurde, wie Kuratorin Judith Claus bei der Vorstellung der Schau erläutert.Gemälde, die wuchtige Naturgewalten, unwegsames Berggelände oder unbezwingbare Meeresstürme zeigen, stehen im Kontrast zu Ansichten von gefälligen italienischen Hügellandschaften oder einem im blauen Dunst versinkenden Bergsee. Die Ausstellung läuft bis zum 26. Januar.

"Turner. Horror and Delight", LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, bis 26. Januar 2020

Fotokunst in Paris

Ganz Paris träumt von der Lichtbildnerei, wenn im November die 23. Paris Photo im historischen Grand Palais stattfindet. Die weltgrößte Fotografiemesse fördert seit 1997 die Fotokunst mitsamt Galerien und Verlagen, die sich dem Medium verschrieben haben. 179 internationale Galerien und 33 Kunstverlage präsentieren Künstler und ihre Werke aus der Frühphase der Fotografie im 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit. Zum fünften Mal werden in der "Prismes"-Sektion große Projekte gezeigt, die 2018 aus der Taufe gehobene "Curiosa"-Schau wird diesmal von dem britisch-ghanaischen Schriftsteller Osei Bonsu kuratiert.

Paris Photo, GRAND PALAIS, Paris, 7.-10. November

Trierer Museum zeigt Ausstellung über Karneval

Pünktlich zum Start in die neue Narren-Session zeigt das Stadtmuseum Simeonstift Trier eine Ausstellung über die Kulturgeschichte des Karneval. Unter dem Titel "Die Welt steht Kopf" können Besucher auf eine närrische Reise gehen - von den Anfängen im Mittelalter bis heute. Ob Fastnacht, Fasching oder Karneval: Der kulturelle Reichtum der Bräuche werde auch "entschiedene Karnevalsverweigerer beeindrucken", sagte Museumssprecherin Kathrin Koutrakos am Freitag. Im Zentrum der rund 200 Objekte zählenden Sonderschau stehe der rheinische Karneval, vor allem die Geschichte des Trierer Karnevals.

In der bunten Schau sind Ausstellungsstücke aus der eigenen Sammlung plus regionale und internationale Leihgaben zu sehen: Gemälde, Grafiken, historische Kleider und jede Menge bunte Kostüme, Orden und Kappen. Der Blick der Ausstellung reiche weit über Trier hinaus, sagte Museumsdirektorin Elisabeth Dühr. Auf einer Etage gebe es "einen kulturhistorischen Überblick", der bis in Antike zurückreiche. Auf einer zweiten Fläche werde den Besuchern ein Gang durch eine komplette närrische Session geboten.

Zudem gibt es Mitmachstationen, an denen man sich auch als Büttenredner versuchen kann. Die Ausstellung wird am Sonntag (10. November) um 11.11 Uhr eröffnet: Rechtzeitig bevor die fünfte Jahreszeit der Narren am Montag, den 11.11., beginnt. Die Schau ist bis zum 26. Februar 2020 (Aschermittwoch) zu sehen.

"Die Welt steht Kopf: Eine Kulturgeschichte des Karnevals", Stadtmuseum Simeonstift, 10. November 2019 bis 26. Februar 2020