Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Bramsche, Halle, Hamburg, Karlsruhe, München, New York, Osnabrück und Stuttgart


Historische Filmplakate in Berlin

Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie in einem Bergwerk eingelagert, nun sind sie wieder zu sehen: Filmplakate aus den Anfängen der Kinogeschichte. Die Deutsche Kinemathek in Berlin zeigt sie in der Ausstellung "Brandspuren. Filmplakate aus dem Salzstock". Motive mit Greta Garbo und Camilla Horn zum Beispiel.

Die Plakate stammen aus dem Reichsfilmarchiv der Nationalsozialisten. Wegen der Bombardierung Berlins wurden die Papiere ins Salzbergwerk Grasleben gebracht. Zusammen mit einer Reihe anderer Unterlagen - etwa Zensuranträgen, wie Kurator Rolf Aurich sagt.

Ein Feuer beschädigte die Sammlung 1945. War eine Grubenlampe schuld? Oder hatten US-Amerikaner Teile des Archivs konfisziert und wollten Spuren verwischen? Das bleibe unklar, schreibt die Kinemathek. Erst 1986 werden etliche Plakate aus dem Bergwerk geholt. Experten der Kinemathek haben nun rund 70 Filmplakate restauriert. Etwa 20 davon sind ausgestellt. (dpa)

"Brandspuren. Filmplakate aus dem Salzstock", Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen, Berlin, bis 31. Mai 2020

 


Friedenskunst in Bramsche

Aus Eichenholzklötzen mit Kampfspuren aus dem Ersten Weltkrieg haben 31 Künstler aus aller Welt symbolhafte Friedenszeichen geschaffen. Zu sehen sind sie in der Ausstellung "Damals nicht, jetzt nicht, niemals!" im Varusschlacht-Museum Kalkriese in Bramsche (Kreis Osnabrück), für die der Osnabrücker Künstler Volker-Johannes Trieb den Anstoß gegeben hat. Er hat die Holzquader an Künstlerkollegen aus allen Ländern geschickt, die vor 100 Jahren am Ersten Weltkrieg beteiligt waren - darunter Günther Uecker aus Deutschland, David McCracken aus Neuseeland, Hermann Nitsch aus Österreich oder das Künstlerpaar Ilja und Emilia Kabakow aus Russland.

"Man muss an den Weltfrieden glauben, um den Frieden zu ermöglichen", sagte Trieb am Donnerstag. Die "sinnliche" Auseinandersetzung mit dem Thema mit Hilfe von Kunstwerken sei eine wichtige Ergänzung zur intellektuellen Beschäftigung. Die Kunstwerke waren bereits im Reichstag in Berlin zu sehen und sollen im Anschluss im UN-Hauptquartier in New York gezeigt werden.

Die unterschiedlichen Herangehensweisen der Künstler, das Ausgangsmaterial zu bearbeiten, hätten ihn sehr bewegt, sagte Trieb. Ergänzt werden die Kunstwerke mit Informationen über die beteiligten Länder. Vielen sei heute gar nicht mehr bewusst, dass der Erste Weltkrieg nicht nur auf den Feldern Nordfrankreichs und Belgiens tobte, sondern Länder aus der ganzen Welt daran beteiligt waren, sagt Museumsleiterin Heidrun Derks. Das Holz bezog Trieb aus einem früheren Frontabschnitt aus dem Elsass. Das Material zeigt noch heute die Spuren des Kriegs: Granatsplitter und Geschosse verletzten die Maserung, Metall verfärbte unter Einwirkung der Gerbsäure der Eiche die Farbe des Holzes. (dpa)

"Damals nicht, jetzt nicht, niemals!", Varusschlacht-Museum Kalkriese, Bramsche, 30. November bis 6. Februar 2020


Süße Träume in Halle

Unter dem Motto "Sweet dreams" zeigt die Kunsthochschule in Halle in einer neuen Ausstellung Werke von knapp 30 jungen Bildhauern. Die Schau umfasst Skulpturen, Objekte, Hörbeiträge und Installationen. Die Themen der Arbeiten reichen von der griechischen Mythologie bis zu aktueller Gesellschaftskritik. Mit Blick auf den Titel der Schau entstand eine Installation "Turbolader mit zwei Würfeln Zucker". Diese setze sich mit dem immer wiederholenden Spektakel des Auf(er)stehens auseinander.

Zudem ist "Ein Monument für die Unzufriedenheit" zu sehen. Die Skulptur spiegele Übersättigung, Dekadenz und Frustration wider. Die Arbeit sei ein Sinnbild einer ideologisch zerrütteten und von Konsumsucht geprägten Gesellschaft, wie die Kunsthochschule mitteilte. Die Schau dauert bis 9. Januar. (dpa)

"Sweet dreams", Burg Galerie im Volkspark, Halle, bis 9. Januar 2020


Tattoo-Kunst in Hamburg

Der Hamburger Tätowierer Christian Warlich gilt in der Szene als eine historische Ikone. Er soll der erste seiner Zunft gewesen sein, der das Tätowieren professionalisiert hat. Nun widmet das Museum für Hamburgische Geschichte dem "Urvater der Deutschen Tätowierer" eine ganze Ausstellung. Bilder der Tattoos, Fotos aus der als Tattoostudio genutzten Kneipe auf St. Pauli und das Vorlagen-Album des Künstlers sind dabei nur ein Teil der Ausstellung "Tattoo-Legenden. Christian Warlich auf St. Pauli".

"Mehr als 350 Objekte werden in der Ausstellung zu sehen sein", sagt Museumssprecher Matthias Seeberg in Hamburg. Das Museum ist seit den 1960er-Jahren im Besitz des Warlich-Nachlasses. Der 1891 in Hannover geborene Künstler war 1964 in Hamburg gestorben. (dpa)

"Tattoo-Legenden. Christian Warlich auf St. Pauli", Museum für Hamburgische Geschichte, bis 25. Mai 2020


25 Jahre Sammlung Falckenberg in Hamburg

Von Menschenaffen mit grün blinkenden Augen bis zu gestapelten Fernsehern auf Motorrollern: Zum 25-jährigen Jubiläum der Sammlung Falckenberg zeigen die Deichtorhallen Hamburg eine Ausstellung mit Installationen aus der Sammlung. Die Schau umfasst rund 60 Werke von 45 renommierten Künstlern wie Olaf Breuning, Jimmie Durham, Mark Dion, Jon Kessler, Jessica Stockholder, Diana Thater, Cosima von Bonin, Franz West, Mike Kelley, General Idea und Erwin Wurm. Viele der gezeigten Werke waren bereits als Leihgaben in anderen Museen und sind bis zum 24. Mai in der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg zu sehen.

Einige Arbeiten wie Jon Kesslers multimediale Rauminstallation "The palace at 4 a.m." wurden eigens für diese Ausstellung aufwendig restauriert. Darüber hinaus sind die dauerhaft in der Sammlung untergebrachten Rauminstallationen von Jonathan Meese, Thomas Hirschhorn und John Bock fester Bestandteil der Schau.

Der Grundstein für die Sammlung Falckenberg wurde 1994 von dem Hamburger Unternehmer und Juristen Harald Falckenberg gelegt. Ihr Schwerpunkt liegt seit jeher auf der Kunst der "counterculture", die nach dem Zweiten Weltkrieg als Aufstand gegen die Eliten und das Kunstestablishment insbesondere in den USA und Deutschland entstanden ist. Die Sammlung wurde international mehrfach ausgezeichnet und von dem einflussreichen New Yorker Magazin "Artnews" unter die besten 200 Sammlungen der Welt gewählt. 2011 stellte Harald Falckenberg seine Sammlung den Deichtorhallen als Dauerleihgabe zur Verfügung. (dpa)

"Installationen aus 25 Jahren Sammlung Falckenberg", Sammlung Falckenberg, Hamburg, 30. November 2019 bis 24. Mai 2020

Eröffnung: Samstag, 30. November 2019, 12–17 Uhr


Hans Baldung Grien in Karlsruhe

Heilige, Hexen und Szenen vom Sündenfall - die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe präsentiert in der größten Schau seit sechs Jahrzehnten einen Ausnahmekünstler der Renaissance: Hans Baldung, genannt Grien (1484/85-1545). Ab Samstag, 30. November, werden über 200 Gemälde, Kirchenfenster, Zeichnungen und Druckgrafiken von Baldung gezeigt und 50 Werken von Zeitgenossen wie Albrecht Dürer, Lucas Cranach der Ältere und Martin Schongauer gegenübergestellt.

Hans Baldung wurde 1484 oder 1485 vermutlich in Schwäbisch Gmünd geboren. Der Maler, Zeichner und Kupferstecher arbeitete einige Jahre bei Dürer in Nürnberg. Er verbrachte den Großteil seines Lebens in Straßburg, wo er 1545 starb. Als ein Höhepunkt seines Schaffens gilt der Hochaltar des Freiburger Münsters. Er schuf erbaulich-fromme Andachtsbilder und Porträts, aber auch sinnliche Allegorien und Aktdarstellungen sowie drastische Hexenszenen. "Baldung hat ein schillerndes Werk hinterlassen", so Museumsdirektorin Pia Müller-Tamm. Interessant sei dabei "der Blick auf die unbestimmten Zonen des Dazwischen". (dpa)

"Hans Baldung Grien: Heilig I Unheilig", Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 30. November bis 8. März 2020

Eröffnung: Freitag, 29. November 2019, 19 Uhr


Neue Gedenkkultur in München

Während ein Zentrum zur Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit einen klar umrissenen Auftrag hat, ist die Kunst meist frei von eindeutigen Absichten. Genau das reizte Nicolaus Schafhausen, als er dem NS-Dokumentationszentrum in München die Zusage gab, eine Ausstellung zu kuratieren. Schafhausen vereint als Kurator politisches Denken mit visueller Kompetenz – mit Annette Kelm und ihren rätselhaft- poppigen fotografischen Stillleben arbeitet er zum Beispiel schon seit vielen Jahren immer wieder zusammen.

Ihre stillen, für die Ausstellung entstandenen Werke sind dezent, aber sie wirken nach: In Stuttgart wurden im Auftrag Hitlers gigantische Travertinsäulen produziert. Heute stehen sie hinter der Müllverbrennungsanlage und sind monströs und unscheinbar zugleich. Abgeholt wurden sie nie. Kelm fotografiert auch die Buchdeckel von unter den Nationalsozialisten verbannter Literatur ab – eine Konkretisierung, die bei aller Nüchternheit gleichzeitig eine Emotionalisierung hervorruft.

Kent Monkman, ein kanadisches First-Nations-Mitglied, hat das biblische Sujet der Sintflut mit der amerikanischen Kolonialgeschichte verknüpft. Im Zentrum dieses Historienbildes steht die queere "Miss Chief Eagle Testickle", Angehörige eines in den indigenen Kulturen bewunderten dritten Geschlechts. Mit solchen Werken weitet die Ausstellung das historische Panorama – es kann nicht mehr von Verfolgung bestimmter Gruppen gesprochen werden, ohne die anderen zu erwähnen. Und natürlich auch nicht, ohne die Frage zu stellen: Was hat das mit heute zu tun? Wie entsteht Ausgrenzung? Abwertung? Vernichtung?

"Tell me about tomorrow", NS-Dokumentationszentrum München, bis 30. August 2020 


Designermode in New York

Von Karl Lagerfeld über Pierre Balmain bis hin zu Alexander McQueen, Isaac Mizrahi und Yves Saint Laurent: Rund 80 historische Kleider und Accessoires von Star-Designern zeigt das New Yorker Metropolitan Museum in einer Ausstellung. Die Stücke stammen aus der Sammlung der Mode-Historikerin Sandy Schreier, die sie dem Metropolitan Museum vor kurzem größtenteils vermacht hat.

Sie habe schon als Kind begonnen, Mode zu sammeln, sagte Schreier. "Ich habe mich immer als Mode-Retterin gesehen. Meine Leidenschaft für Mode als Kunstform hat mich auf die Suche nach den innovativsten, kreativsten und atemberaubendsten Objekten von bekannten und weniger bekannten Talenten getrieben." So sind in der Schau beispielsweise ein Armband aus Lippenstiften von Karl Lagerfeld oder ein über und über mit Schmetterlingen besetzter Hut von Philip Treacy zu sehen.

Das Metropolitan Museum sei "begeistert und geehrt", die Sammlung zu erhalten, sagt Direktor Max Hollein. "Das Geschenk von Sandy Schreier - eines der größten in der Geschichte des Kostüm-Instituts - bereichert die Sammlung von Mode aus dem 20. Jahrhundert des Museums enorm." Die Ausstellung "In Pursuit of Fashion: The Sandy Schreier Collection" ist bis zum 17. Mai zu sehen. (dpa)

"In Pursuit of Fashion", Metropolitan Museum, New York, bis 17. Mai 2020

Die Leere von Diskursen in Osnabrück

Die Kunsthalle Osnabrück zeigt ab diesem Wochenende die "Celebration Factory" des luxemburgischen Künstlers Filip Markiewicz. Zu sehen ist ein "Universum von Zeichen und Bildern, das die Leere der aktuellen Diskurse greifbar machen soll", sagt eine Sprecherin des Kunstmuseums. Im Zentrum steht das jüngste Gemälde des Künstlers: "Impeach" zeigt ein Porträt des Bösewichts Joker aus der Batman-Neuverfilmung von 2019 mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle.

Die in Osnabrücker Schau ist die vierte Auflage des Ausstellungsprojekts. In jeder Ausstellung begleitet eine eigens konzipierte Performance die Schau. In Osnabrück umtanze Joran*Yonis aka Pia Tabea Visse farbige, vieldeutig fragmentierte rostende Autoteile und ein verwahrlostes Klavier. Die Performance trägt den Titel "Weil ein Gemälde atmet, wenn man es anschaut, aber es stirbt, wenn man es fotografiert", und bezieht sich auf ein Bild der Ausstellung. (dpa)

"Filip Markiewicz: Celebration Factory", Kunsthalle Osnabrück, bis 2. Februar 2020

Richard Herre in Stuttgart

Stühle statt Songs, Tische statt Texten: Der frühere Freundeskreis-Sänger Max Herre hat sich mit seinem Vater auf die Spuren seines Großvaters begeben. Designobjekte und Briefe des Architekten und Möbeldesigners Richard Herre stellt das Stuttgarter Stadtpalais unter dem Titel "Richard Herre" für mehrere Monate aus. Herre (1885-1959) gehörte zu einer Gruppe von Stadtplanern, Designern und Architekten, die die Stuttgarter Weißenhofsiedlung mitgestalteten. Nach Angaben von Stadtpalais-Direktor Torben Giese ist es die erste große Ausstellung mit Werken des eher unbekannten Bauhaus-Protagonisten.

"Stuttgart ist nicht gerade bekannt als Speerspitze der Avantgarde", sagt Max Herre. "Aber was in den 1920er-Jahren hier Bewegung aufgenommen hat, das war etwas sehr Besonderes." Der Hip-Hopper und sein Vater Frank trugen Möbel, Entwürfe und Plakate zusammen, allerdings war die Recherche nicht einfach: "Ein entscheidender Teil seiner Arbeiten wurde 1944 bei einem Bombenangriff zerstört", sagt Frank Herre.

Am Design Herres würdigen seine Nachfahren den architektonischen Stil und sein Gefühl für richtige Proportionen und Materialwahl. Er sei "wie viele Künstler seiner Zeit interdisziplinär unterwegs gewesen", erklärt sein 46-jähriger Enkel. Als Architekt schuf Richard Herre ebenso einen Beitrag wie als Designer, Typograph und als Übersetzer. Bekannt wurde er nicht nur als Ideengeber der Ausstellung "Die Wohnung" des Deutschen Werkbundes, in deren Rahmen 1927 auch die Weißenhofsiedlung entstand. Er gestaltete auch die Innenräume im Haus 24 von Max Traut. (dpa)

Ein Interview mit Max Herre über seinen Großvater lesen Sie hier.

"Richard Herre", StadtPalais – Museum für Stuttgart, 29. November 2019 bis 1. März 2020