Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Arles, Berlin, Dresden, im Engadin, in Erfurt, Frankfurt am Main, Hamburg, Paris, Stuttgart und Ueckermünde


Coronabedingt können bestimmte Ticket-, Hygiene- und Abstandsregelungen gelten. Vor dem Ausstellungsbesuch empfiehlt sich deshalb ein Blick auf die jeweilige Institutions-Website.


Fotofestival in Arles

Die "Rencontres de la photographie" sind eines der renommiertesten internationalen Fotofestivals und bieten vermutlich die schönsten Kulissen – Kirchen, historische Stätten, Stadthäuser und Parks zählen zu den Ausstellungsorten. In der 52. Ausgabe fokussiert der künstlerische Leiter Christoph Wiesner auf Nachwuchspositionen und Themen wie "Identities/Fluidities". Unbedingt vorbeischauen sollte man auch in der Luma Foundation der Sammlerin Maja Hoffmann, die erstmals zu den Partnern des Festivals zählt.

"Rencontres de la photographie", Arles, bis 26. September


Jakob Kudsk Steensen in Berlin

Der dänische Künstler Jakob Kudsk Steensen hat mit seiner Installation "Berl Berl" die Halle am Berghain in eine virtuelle Sumpflandschaft verwandelt. Er nimmt damit Bezug auf die Ursprünge Berlins, das sich als Ansiedlung in einem Sumpfgebiet entwickelte. Das Wort "Berl" steht im Sorbischen für Sumpf.

Für die auf künstlicher Intelligenz basierende Installation machte Kudsk Steensen über mehrere Monate umfassende Aufnahmen und Dokumentationen in Feuchtgebieten um Berlin, etwa im Spreewald. Tiere und Pflanzen der jeweiligen Umgebung digitalisierte er dabei in einem Bildarchiv. Später setzte er seine Bilder und Beobachtungen mit Hilfe einer digitale Plattform zu einer immersiven Landschaft zusammen, die - obgleich virtuell - beim Betrachten und Durchschreiten real erscheint.

Auf neun Projektionsflächen hat Kudsk Steensen "Berl Berl" in der riesigen Halle des alten Fernheizwerkes verteilt. Die Arbeit ist endlos, weil die Software die Daten in immer neuen Landschaften unter und über Wasser zusammenfließen lässt. Gelegentlich tauchen verpixelt wirkende Flächen auf, die an diesen künstlichen Prozess in scheinbar natürlichem Ambiente erinnern, bevor sie wieder neue Formen von Pflanzen und Umgebung annehmen.

Nebenan im coronabedingt noch immer geschlossenen Berghain hat mit Hilfe der Sammlung Boros eine aktualisierte Fassung von "Studio Berlin" wieder eröffnet. Die Ausstellung war vor dem jüngsten Lockdown nur kurze Zeit zu sehen. In den Räumen des international gefeierten Clubs zeigt die Boros Foundation Werke von internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die in Berlin leben und arbeiten. Interessierte können sich hier nicht nur die überwiegend in der Pandemiephase entstandenen Fotografien, Skulpturen, Gemälde, Videos oder Installation anschauen, sondern auch sonst weitgehend verschlossene Bereiche des Berliner Nachtlebens erkunden.

Jakob Kudsk Steensen "Berl-Berl", Halle am Berghain, Berlin, 10. Juli bis 26. September


Andreas Mühe in Dresden 

Die jüngste Serie des Fotografen Andreas Mühe mit dem Titel "Kanzlerbungalow" aus stilisierten Bildern mit einem Angela-Merkel-Double hat bis Ende August in Dresden Premiere. Dort hätten die Leute am lautesten "Merkel muss weg" geschrien, sagte der 41-Jährige vor Eröffnung der mit einem Zitat der CDU-Politikerin überschriebenen Ausstellung. "Das konnte ich auch als gebürtiger Sachse irgendwie nicht richtig verdauen." Es sei die Aggression gewesen, "die mir nicht behagte" und die ihn zu den Aufnahmen inspirierte, die im Frühjahr entstanden.

"Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist" versammelt insgesamt rund 70 Bilder von Mühe in der Kunsthalle im Lipsiusbau. "Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, kurz vor dem Wechsel in der Politik in Deutschland diese Ausstellung zu machen", sagte Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Diese sei auch als Hommage an eine ikonische, international bereits historisch gewordene Figur zu verstehen, zugleich gehe es um Fiktion und die Funktion von Bildern.

Neben dem 2013 für Monopol entstandenen Zyklus "A. M. – eine Deutschlandreise" oder die Serie "Die deutsche Queen" sind reale Aufnahmen etwa bei einer Grundsteinlegung in Prenzlau 2009, einer Indienreise 2008 oder bei der Verleihung der Medal of Freedom in Washington 2011 aus der Serie "28 Hours USA" arrangiert. Passagen aus den Oxford Lectures (2020) des Schriftstellers Durs Grünbein bilden laut SKD die Brücke zwischen persönlicher Erfahrung, der Geschichte eines Landes und der Fiktion.

Frisur, Blazer, Haltung - laut Mühe ist Merkel durch drei vertraute Merkmale erkennbar. Damit machte er nun für sein jüngstes Werk erneut seine Mutter zum Double der Regierungschefin: stehend am Baum, auf dem Bett sitzend oder Klavier spielend, in den Pool steigend oder vorsichtig außen um eine Ecke des Hauses schauend.  Mühe ist der älteste Sohn des Schauspielers Ulrich Mühe (1953-2007, "Das Leben der Anderen"). (dpa)

Andreas Mühe, "Kanzlerbungalow", Kunsthalle im Lipsiusbau , 10. Juli bis 29. Oktober


Paweł Althamer im Engadin 

Beatrice Trussardi liebt unerwartete Ausstellungsorte. Die Präsidentin der Fondazione Nicola Trussardi realisiert seit vielen Jahren ortsspezifische Kunstinstallationen an versteckten und stillgelegten Orten Mailands. Jetzt erweitert die italienische Kulturunternehmerin ihr nomadisches Museumsformat auf internationaler Ebene. Für ihre Eröffnungsausstellung hat die Stiftung Beatrice Trussardi den polnischen Künstler Paweł Althamer eingeladen, eine Installation in einer Berghütte auf 2000 Metern über dem Meer im Val Fex, dem Zentrum einer der schönsten Wanderrouten des Engadins, zu präsentieren. Unter der künstlerischen Leitung von Massimiliano Gioni wird Althamer in dieser bescheidenen Hütte aus dem 17. Jahrhundert, die nur zu Fuß oder mit der Pferdekutsche erreichbar ist, eines seiner "Tableaux" schaffen, in deinen er Erinnerungen an sakrale Kunst mit volkstümlichen Einflüssen aus verschiedenen Kulturen verbindet.

Paweł Althamer "Franciszek", Val Fex, Engadin, 11. Juli bis 29. August

Berghütte im Val Fex, Engadin, die von der Trussardi Foundation bespielt wird
Foto: Marco De Scalzi / Courtesy Beatrice Trussardi Foundation

Berghütte im Val Fex, Engadin, die von der Trussardi Foundation bespielt wird


Blühende Kunst in Erfurt

Den Gärten in der Kunst spürt eine neue Sonderausstellung in Erfurt nach. Sie vereint die Werke von mehr als 90 Künstlern und wird anlässlich der Bundesgartenschau in der Thüringer Landeshauptstadt gezeigt. Die Themenschau "Blühstreifen - zwischen Traum und Zaun" will ein Streifzug durch die Gartengeschichte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart sein.

Gezeigt werden rund 140 Exponate, darunter Malerei, Buckdruck, Fotografie, Videos und Installationen. Bis zum 3. Oktober sind unter anderem Werke bekannter Kunstschaffender wie Joseph Beuys, John Cage, Max Liebermann und Martin Parr zu besichtigen. Die Ausstellung spanne den Bogen von den ursprünglichen Gärten im alten Ägypten, über mittelalterliche Klostergärten bis zu urbanen Phänomenen der Gegenwart.

Zur Schau in der Kunsthalle gehören auch drei Außenstandorte. So ist an der Predigerkirche ein mittelalterlicher Klostergarten zu sehen, der vom Konzeptkünstler Philipp Valenta angelegt wurde. Im Gemeinschaftsgarten der Lagune Erfurt sind Fotografien von Joachim Neef zu sehen. Der Erfurter Dom hält das Ölgemälde "Mariä Verkündigung in der Allegorie der Einhornjagd" bereit. (dpa)

"Blühstreifen - zwischen Traum und Zaun", Kunsthalle Erfurt, bis 3. Oktober


Emeka Ogboh in Frankurt am Main

Er hat die deutsche Nationalhymne in afrikanischen Sprachen einsingen lassen, ein eigenes Bier gebraut, mit Migranten im Casino Baden-Baden einen Film gedreht: Emeka Ogboh ist der Meister im Überwinden kultureller Grenzen. Für die Stadt Frankfurt am Main hat er jetzt eine Hymne komponiert, die von Sängerinnen und Sängern aus Lagos und Frankfurt vorgetragen wird. Bestandteil der Performances sind Stoffe nach alter Igbo-Tradition, einem Handwerk, das in der nigerianischen Kultur verwurzelt ist.

Eine Kirche, das Rathaus Römer oder der Main selbst werden Spielorte sein; Orte, die im kollektiven Gedächtnis der Stadt fest verankert sind und jetzt um neue Bilder und Sounds erweitert werden. Thema ist dabei auch das zurückliegende Jahr 2020. Über allem steht die Frage, wie wir miteinander leben wollen. Das gemeinsame Singen wird, so viel steht jetzt schon fest, die Menschen anrühren nach all der Zeit ohne Livemusik. Und es wird sich lohnen, genau hinzuhören. "This too shall pass", ursprünglich Sprichwort persischer Sufi-Poeten, wurde im Verlauf der Jahrhunderte häufig zitiert. Jetzt wird es zum Sommerhit der Stadt, in der es schon immer multikulturell zuging, einfach weil man mit jedem Handel treiben konnte.

"Emeka Ogboh: This Too Shall Pass", verschiedene Orte in Frankfurt am Main, 9. Juli bis 3. Oktober


Queere Kunst in Hamburg

Nach zwei Jahren ohne Millerntor-Gallery eröffnet der gemeinnützige Verein Viva con Agua Arts eine neue Kunstausstellung im Millerntor-Stadion: "St. Pauli - 100 Blickwinkel". In enger Zusammenarbeit mit dem FC St. Pauli soll mit der Neugestaltung des 3. und 4. Obergeschosses der Haupttribüne die gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Vielfalt und Gleichberechtigung vorangetrieben werden, wie der Verein mitteilte. Zu sehen sind mehr als 100 Arbeiten von ausschließlich weiblichen, trans*, queeren und non-binären Kunstschaffenden.

Über alle Genres hinweg und aus verschiedenen Blickwinkeln werden das Lebensgefühl, die Diversität, der Verein und der Stadtteil St. Pauli reflektiert, wie es hieß. Die Ausstellung soll ein Jahr lang im Rahmen von Führungen und den Heimspielen des FC St. Pauli zu sehen sein. (dpa)

"St. Pauli - 100 Blickwinkel", Millerntor Gallery, Hamburg, Eröffnung 9. und 10. Juli, zu sehen mit Führung bis Juli 2022 zu den Heimspielen des FC St. Pauli

Kunstausstellung "St. Pauli - 100 Blickwinkel" im Millerntor-Stadion
Foto: dpa

Kunstausstellung "St. Pauli - 100 Blickwinkel" im Millerntor-Stadion


Damien Hirst in Paris

Knospen, erblühen, vergehen – es ist seit Jahrmillionen dasselbe, und der Mensch verkraftet diese Kränkung immer noch nicht besonders gut. Dabei hat nicht jeder die Bewältigungsmöglichkeiten von Künstlerinnen und Künstlern, die in ihren Werken seit jeher ihr Verhältnis zum Tod austesten, etwa indem sie Blumen, Totenköpfe oder allegorische Tiere zeigen. Einer sogar alles zusammen, immer wieder. Damien Hirst, der die teuersten Totenköpfe und die skandalösesten Kadaver der Kunst produzierte, hat sich jetzt auf Kirschblüten spezialisiert.

Das Naturereignis hat in Japan einen großen Stellenwert, in der europäischen Maltradition eignet es sich vor allem für impressionistisch duftig Getupftes. Und auf Punkte wiederum hält Hirst ja auch ein gewisses Copyright. Die Fondation Cartier macht ein hervorragendes Programm zur Gegenwartskunst und zeitgenössischen Architektur, es ist also anzunehmen, dass die Schau des unterhaltsamen Briten sehenswert wird, zumindest aber so instagrammable wie eine Kirschbaumallee im April.

Damien Hirst: "Cherry Blossoms", Fondation Cartier, Paris, bis 2. Januar 2022


In Gemälde eintauchen in Stuttgart

Regelrecht eintauchen in Gemälde von Oskar Schlemmer, Wassily Kandinsky oder Paul Klee - das können Besucherinnen und Besucher derzeit im Stuttgarter Kunstmuseum. Unter dem Titel "Artiality" präsentiert das Haus noch bis zum 11. Juli berühmte Werke in dreidimensionaler Form. So kann man etwa Ida Kerkovius’ "Blumen" beim Wachsen zusehen. Mit Hilfe von Virtual-Reality-Brillen werden die bekannten Werke "in räumliche Strukturen übersetzt, interpretiert und digital rekonstruiert", wie es vom Museum heißt. 

Befreit von der ursprünglichen Darstellungsform entstehen demnach "fließende Übergänge zwischen den Werken, entstehen frei begehbare, neue (Kunst-)Welten", in denen Betrachter selbst zur Kunstfigur werden. Das Projekt "Artiality" wird von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg gefördert.

"Artiality", Kunstmuseum Stuttgart, bis 11. Juli

Bei der Ausstellung "Artiality" im Kunstmuseum Stuttgart kann das Publikum virtuell in Gemälde eintreten
Foto: dpa

Bei der Ausstellung "Artiality" im Kunstmuseum Stuttgart kann das Publikum virtuell in Gemälde eintreten


Klaus Ender in Ueckermünde

Der Kulturspeicher Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern erinnert mit einer ersten Werkschau an den Anfang 2021 gestorbenen Foto-Künstler Klaus Ender (1939-2021). Die Sonderschau, "Akt und Landschaft", die am 10. Juli eröffnet, umfasst 180 Bilder aus 50 Jahren seines Schaffens, wie ein Sprecher des Kulturspeichers sagte. Ender galt als bekanntester ostdeutscher Aktfotograf und hatte sich als Buchautor und Foto-Künstler nach 1990 auch deutschlandweit einen Namen gemacht.    

Ender wurde mit der ersten DDR-Aktausstellung 1975 bekannt, die später als Wanderausstellung mehr als 100 000 Besucher hatte. Damals lebte er in Potsdam und arbeitete für eine Vielzahl von Verlagen. Bei seinen Bildern stand nicht die Erotik, sondern die Natürlichkeit und eine Harmonie zwischen Akt und Landschaft im Vordergrund, wie der Sprecher erläuterte.

Der in Berlin geborene Fotograf war 1981 aus politischen Gründen nach Österreich gegangen, siedelte sich nach der Wende aber wieder auf der Insel Rügen an, wo er schon vor dem Durchbruch als Fotograf gelebt hatte. In Bergen auf Rügen starb der Foto-Künstler im März 2021. Die Sonderschau wurde mit seiner Frau Gabriela Ender zusammengestellt, die das Archiv betreut, erläuterte der Sprecher. Die Ausstellung wird bis 29. Oktober in der Altstadt von Ueckermünde gezeigt. Sie ist auch Neustart für den Kulturspeicher nach der Corona-Schließung. (dpa)

Klaus Ender, "Akt und Landschaft", Kulturspeicher Ueckermünde , 10. Juli bis 29. Oktober

Der Aktfotograf Klaus Ender in seiner Fotoausstellung "Akt und Landschaft" 2009 in Stralsund
Foto: dpa

Der Aktfotograf Klaus Ender in seiner Fotoausstellung "Akt und Landschaft" 2009 in Stralsund