Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Dresden, Erfurt, Hannover, Lüneburg, München, New York, Osnabrück und Turin
 

Coronabedingt können bestimmte Ticket-, Hygiene- und Abstandsregelungen gelten. Vor dem Ausstellungsbesuch empfiehlt sich deshalb ein Blick auf die jeweilige Institutions-Website.


Sammlung Solly in Berlin

Einem Holz- und Getreidehändler hat Berlin die Basis seiner inzwischen weltbekannten Gemäldegalerie zu verdanken. 200 Jahre später blickt die Ausstellung "Die Sammlung Solly 1821-2021. Vom Bilder-'Chaos' zur Gemäldegalerie" bis zum 16. Januar auf diese Anfänge zurück.

Der englische Kaufmann Edward Solly (1776-1844) lebte nur wenige Jahre in Berlin. In dieser Zeit baute er aber eine beachtliche Sammlung auf. Gut 3000 Gemälde kamen zusammen. Viele waren von eher minderer Qualität - für das Kuratorenteam der Gemäldegalerie aus heutiger Sicht "Sofabilder", die vielleicht noch in das ein oder andere Wohnzimmer passen würden. Allerdings waren eben auch Meisterwerke dabei. Zu Sollys Sammlung zählten Arbeiten von Raffael, Giotto, Rembrandt, Jan van Eyck oder Hans Holbein der Jüngere.

Allerdings mutete die Sammlung manchem Zeitgenossen recht chaotisch an. "Denken Sie sich eine Zusammenhäufung von circa 8000 bis 9000 Bildern, wovon höchstens 400 sage Vierhundert aufgestellt sind", schrieb Johann Wolfgang von Goethes Sohn August "ganz verwirrt" und mit zu hoher Schätzung im Mai 1819 an den Vater. Die Werke seien "an und über einander gehäuft in 30-40 Zimmern in Küchen, Remisen und so weiter".

Im November 1821 war Kaufmann Solly knapp bei Kasse und brauchte dringend Geld. Gleichzeitig wollte Berlin ein Museum aufbauen, die Gemäldegalerie wurde neun Jahre später eröffnet. Der Preußische Staat kaufte die Sammlung für 500.000 Taler in Gold. Kein gutes Geschäft für Solly, der vermutlich mit Transport und anderen Nebenkosten nach Berechnung von Kurator Robert Skwirblies mehr als eine Million bezahlt hatte.

Mit bis heute 700 Werken bildet die Sammlung Solly noch immer den Grundstock der Gemäldegalerie, deren Bestand etwa 3000 Arbeiten umfasst. Die aktuelle Ausstellung konzentriert sich auf zwei Räume des Museums. Zu sehen sind etwa Raffaels "Maria mit dem Kind", das um 1502 entstand. In Sollys Sammlung noch kaum beachtet, heute ein Höhepunkt in der Gemäldesammlung ist Rembrandts "Jakob ringt mit dem Engel" von etwa 1659. (dpa)

"Die Sammlung Solly 1821-2021. Vom Bilder-'Chaos' zur Gemäldegalerie", Gemäldegalerie, Berlin, bis 16. Januar 2022


Künstliche Intelligenz in Dresden

Intelligente Maschinen als Menschheitstraum: Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden widmet sich in seiner neuen Sonderausstellung der Künstlichen Intelligenz (KI) und damit einem heiß diskutierten Thema. Die Schau möchte einen Überblick geben, in welchen Bereichen KI heute schon im Einsatz ist und welche Fragen und Probleme damit einhergehen. "Sie erläutert, wie das maschinelle Lernen funktioniert und sie verdeutlicht, inwiefern KI der menschlichen Intelligenz ähnelt und sich doch fundamental von ihr unterscheidet." Ein abstraktes Thema solle greifbar werden.

KI sei vermutlich sogar die wichtigste Zukunftstechnologie und zugleich eine der größten Herausforderungen, sagte Museumsdirektor Klaus Vogel. Es gebe allerdings auch jede Menge Ängste und Sorgen. Dennoch lasse sich in den Medien jede Menge KI-Begeisterung finden. Zwei Drittel der Deutschen stünden ihrer Nutzung positiv gegenüber. Am Ende gehe es darum, den Einsatz von KI kritisch zu begleiten: Hier setze die Ausstellung an.

Fachjournalist Thomas Ramge verneinte die Frage, ob KI eines Tages die Menschheit beherrschen werde. Eher werde sich die Menschheit durch einen Atomkrieg vom Planeten Erde entfernen, sagte er. KI-Systeme würden dem Menschen nicht das Denken abnehmen.

Die Ausstellung auf einer Fläche von rund 800 Quadratmetern ist in fünf Kapitel gegliedert. In einer Abteilung kann der Besucher die Funktionsweise von Künstlicher Intelligenz interaktiv kennenlernen. Auch Lebensbereiche, in denen KI zum Einsatz gelangt, werden dargestellt. Im Epilog wird die aktuelle Debatte um KI aufgegriffen. Begleitet wird die Präsentation von einem "KI-Festival" sowie einem Veranstaltungs- und Bildungsprogramm. Die Schau wird an diesem Samstag eröffnet und bleibt bis zum 28. August 2022 geöffnet. (dpa)

"Künstliche Intelligenz. Maschinen - Lernen - Menschheitsträume", Deutsches Hygienemuseum, Dresden, 6. November bis 28. August 2022


Fritz Winter in Erfurt

Rund 90 Jahre nach seinem ersten Gastspiel in Erfurt möchte das Angermuseum das Werk des Künstlers Fritz Winter (1905-1976) beleuchten. Die Ausstellung zeigt rund 100 bekannte wie auch selten präsentierte Werke aus allen Schaffensphasen des Künstlers. Er war mit seinem Auftritt auf der ersten Documenta 1955 nach Angaben der Fritz-Winter-Stiftung als einer der wichtigsten deutschen Vertreter der abstrakten Malerei bekannt geworden.

Die Sonderausstellung "Fritz Winter. Durchbruch zur Farbe" entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Emil Schumacher Museum im nordrhein-westfälischen Hagen und dem Fritz-Winter-Haus in Ahlen. Sie wird am Samstag, 7. November, eröffnet.

Winter begann seine künstlerische Laufbahn 1927 am Bauhaus in Dessau. Von 1927 bis 1930 studierte er dort als Schüler von Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer und Paul Klee Malerei. Im Nationalsozialismus wurden seine Werke in öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt, er selbst mit einem Malverbot belegt. Als Mitbegründer der Künstlergruppe ZEN 49 setzte er sich ab 1949 für eine breitere Anerkennung moderner künstlerischer Ausdrucksformen im Nachkriegsdeutschland ein, bevor er 1955 Teilnehmer der documenta I in Kassel war und eine Professur an der dortigen Staatlichen Hochschule für Bildende Künste erhielt. (dpa)

"Fritz Winter. Durchbruch zur Farbe", Angermuseum, Erfurt, 7. November bis 6. Februar 2022


"Wahre Bilder" in Hannover

Unter dem Titel "True Pictures?" zeigt das Sprengel Museum Hannover von Samstag an eine Ausstellung mit Fotokunst aus den USA und Kanada von 1980 bis heute. Insgesamt sind 339 Werke zu sehen, darunter Bilder von Stars wie Cindy Sherman, Nan Goldin und Jeff Wall. Die bis zum 13. Februar laufende Schau soll den Wandel vom dokumentarischen Stil zu einer autonomen künstlerischen Fotografie nachzeichnen. Die Besucherinnen und Besucher erleben, wie sich die Digitalisierung auf die Fotokunst auswirkt. Die jüngste Generation - etwa Künstlerinnen wie LaToya Ruby Frazier und Martine Gutierrez - interessieren Fragen von gesellschaftlicher Identität, Gender und Sexualität.

Die vergangenen 40 Jahre seien in der Fotokunst in Nordamerika sehr stark von Künstlerinnen geprägt worden, sagte Kurator Stefan Gronert. Von Cindy Sherman (67) sind frühe Arbeiten zu sehen, in denen sie sich in fiktiven Filmszenen inszeniert. Daneben hängen zwei großformatige Selbstporträts - einmal elegante Dame im Stil Alter Meister, einmal eher jung und queer mit langen Strümpfen, Shorts und Bomberjacke. Das Plakat zur Schau stammt von Gutierrez, die sich wie Sherman in ihren Bildern oft selbst inszeniert - häufig im Zusammenspiel mit Schaufensterpuppen. Fließende Identitäten sind ein Hauptthema der 1989 geborenen Künstlerin.

Kooperationspartner ist das Kunstmuseum Wolfsburg, wo noch bis zum 10. April die Ausstellung "True Pictures? LaToya Ruby Frazier und Menschenbilder" gezeigt wird. Im Museum für Photographie Braunschweig ist eine dritte Ausstellung des Projektes zu sehen. Kooperationspartner ist auch das Museum der Moderne Salzburg. (dpa)

"True Pictures?", Sprengel Museum, Hannover, 6. November bis 13. Februar 2022


Grafiker Klaus Voormann in Lüneburg

Klaus Voormann gilt als der "fünfte Beatle", er lernte die Kultband 1960 in ihren Anfängen im Kaiserkeller auf St. Pauli in Hamburg kennen. Seinem Lebenswerk widmet sich erstmals eine Ausstellung in der multimedialen Retrospektive "Bass'n'Art" bis zum 5. Dezember in der Lüneburger Kulturbäckerei. Der kleine goldene Grammy ist neben der Bassgitarre von 1962 der Hingucker der Ausstellung zum Wirken des Grafikers, Produzenten und Bassisten. Ausgezeichnet worden war seine Gestaltung des Plattencovers von "Revolver" - 1966 mit gerade einmal 50 britischen Pfund von den Beatles honoriert.

"Ich könnte nie der Frontman sein, ich bleibe lieber im Hintergrund", sagt der 83 Jahre alte Musiker von sich selbst. Auf St. Pauli begleitete Voormann die Beatles in ihren Anfängen, später oft als Sideman (Gastmusiker) bei den Solo-Beatles - die Rolle war ihm auf den Leib geschrieben. Er tourte mit der Plastic Ono Band und zählte zur Band von Manfred Mann. "Er ist vielleicht der erfolgreichste deutsche Musiker überhaupt, er hat bei zehn der größten Hits des Jahrhunderts mitgespielt", sagt Carsten Junge, Geschäftsführer der Lüneburger Kunsthalle. Es sei die aufwendigste Ausstellung, die sie je gemacht hätten. Zweimal musste sie zudem wegen Corona verschoben werden. (dpa)

"Bass'n'Art", KulturBäckerei, Lüneburg, bis 5. Dezember


Kollektive der Moderne in München

Die Dokumenta-Kuratoren von Ruangrupa aus Indonesien ist nicht das einzige und vor allem nicht das erste Kollektiv, das die Kunstgeschichte beeinflusst hat. Seit Beginn der Moderne haben sich überall in der Welt Künstler und Künstlerinnen zusammengeschlossen und neue Formen solidarischer Gruppenarbeit ausprobiert. In der Schau "Gruppendynamik. Kollektive der Moderne" zeigt das Münchner Lenbachhaus jetzt die faszinierende Bandbreite dieser Bewegungen.

In einer früheren Ausstellung hatte sich das Museum bereits unter dem Titel "Gruppendynamik" dem hauseigenen Kollektiv, dem Blauen Reiter, gewidmet und internationale Verbindungslinien gezogen. Im zweiten Teil des Projekts stehen nun Kollektive aus Tokio, Buenos Aires, Mumbai, Casablanca, Khartum, Lahore oder Peking im Fokus. Die Ausstellung, die Teil des von der Kulturstiftung des Bundes geförderten Programms "Museum Global" ist, umspannt den Zeitraum von 1910 bis 1980. Sie dokumentiert, wie die Kunst Teil von Modernisierungsprozessen und postkolonialen Befreiungskämpfen wird und wie die verschiedenen Bewegungen in Manifesten und Zeitschriften ihre Programme entwickelten.

"Gruppendynamik. Kollektive der Moderne", Lenbachhaus, München, bis 24. April 2022


Nevin Aladağ in München

Sie beschäftigt sich seit den 1990er-Jahren intensiv mit Musik und Sound: Nevin Aladağ kombiniert Bilder und Klänge, um überraschende Wahlverwandtschaften offenzulegen und vielfältige Assoziationen in Gang zu bringen. Ihre Soloschau in der Münchner Villa Stuck setzt jüngere Arbeiten in einen Dialog mit älteren Aladağ-Werken. In den historischen Räumen wie im Neuen Atelier der Villa entsteht eine scharfsinnige wie humorvolle Partitur.

"Sound of Spaces", Museum Villa Stuck, München, bis 20. Februar 2022


New Museum Triennale in New York

Steter Tropfen höhlt den Stein – auf dieses Sprichwort spielt der Titel "Soft Water Hard Stone" für die fünfte Triennale des New Museum an. "Alles Ständische und Stehende verdampft", wie es schon bei Karl Marx heißt. Daher will diese New Yorker Triennale 40 Kunstschaffende in den Fokus rücken, die traditionelle Modelle, Materialien und Techniken jenseits etablierter Paradigmen neu erfunden haben. Darunter sind Nadia Belerique, Kate Cooper, Bronwyn Katz, Sandra Mujinga, Iris Touliatou und Ambera Wellmann.

"Soft Water Hard Stone", Triennale, New Museum, New York, bis 23. Januar 2022


Kunst und Barrierefreiheit in Osnabrück

Die Kunsthalle Osnabrück setzt ihr Ausstellungs-Jahresthema "Barrierefreiheit" mit Arbeiten von zwei weiteren Künstlerinnen fort. Die in Los Angeles lebende Candice Lin will für die in einer früheren Kirche untergebrachten Kunsthalle eine neue raumgreifende Installation schaffen, die sich mit kolonialgeschichtlichen Zusammenhängen beschäftigt. Text, Skulptur, Zeichnung, Keramik und Video sollen gleichwertig zu einem Raumbild zusammengefügt werden, teilte die Kunsthalle am Donnerstag mit.

Die Künstlerin Katrin Meyer will den Ausstellungsraum selbst thematisieren, indem sie den Wandel des früheren Kreuzgangs zur Wandelhalle und heutigem Ausstellungskorridor aufgreift. Die Geschichten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kunsthalle stünden dabei neben Abbildungen von Frauen in der Kirchengeschichte, hieß es. Die beiden neuen Ausstellungen werden am Samstag eröffnet. (dpa)

"The Glittering Cloud" & "Flurfunker:innen" in "Barrierefreiheit", Kunsthalle Osnabrück, 6. November bis 27. Februar 2022


Artissima in Turin

Im November ist Trüffelzeit im Piemont – ob das wohl den Ausschlag dafür gegeben hat, dass die Artissima sich diesen Termin ausgesucht hat? In diesem Jahr ist Italiens wichtigste Messe für zeitgenössische Kunst auch wieder physisch zu erleben: 154 Galerien aus 37 Ländern präsentieren sich in dem luftigen Turiner Messebau-Oval, davon 25 junge Galerien in Förderkojen sowie 37 spezielle Einzel- oder Zweierpräsentationen.

Zusätzlich hat die Messe drei kuratierte Online-Ausstellungen mit jungen Künstlern, Wiederentdeckungen und Zeichnungen organisiert, die auf dem Portal Artissima XYZ stattfinden und gleichzeitig auf der physischen Messe ein Schaufenster bekommen. Spannend wird auch der Indien-Schwerpunkt Hub India, der von der Messe auf mehrere Museen der Stadt ausgreift.

Artissima, Turin, 5. bis 7. November