Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Aarau, Basel, Berlin, Flöha, Gießen, Hagen, Holle, Quedlinburg und Venedig 


Schweizer Künstlerinnen in Aarau 

Warum war und ist die Kunst so testosterongesteuert? Welche Namen sind durchs Raster des kunsthistorischen Kanons gefallen? Die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen hat für das Aargauer Kunsthaus eine Ausstellung zu den in der Sammlung vertretenen Künstlerinnen kuratiert. Der im Jahr 2000 verstorbene Schweizer Sammler Andreas Züst, aus dessen Kollektion das Gros der Werke stammt, hatte Arbeiten von Miriam Cahn, Dorothy Iannone, Manon, Meret Oppenheim oder Ilse Weber zusammengetragen. Das Museum in Aarau verfügt somit über nicht wenige Arbeiten von Künstlerinnen – die in dieser Schau einmal im verdienten Rampenlicht stehen.

"Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau...", Aargauer Kunsthaus, Aarau, 27. August bis 15. Januar 2023

 

"Transylvania's Hidden Treasures" in Basel 

In den letzten 50 Jahren hat der Galerist Miklós von Bartha eine 600 Stücke umfassende Sammlung aufgebaut. Ihr Fokus liegt auf Keramik und Textilien aus Siebenbürgen, einer Region in Rumänien, die auch Transsylvanien genannt wird. Die gesammelten Werke gewähren einen Ein- und Überblick über eine Volkskunst, die hierzulande so gut wie unbekannt ist. Die meisten gesammelten Keramiken und Textilien sind für den täglichen Gebrauch gedacht, also keine Dekorationsstücke. Mit seiner Sammlung bewahrt Von Bartha somit vergangene Handwerkskunst.

Die siebenbürgische Keramik mit ihrer Formen-, Dekor- und Technik-Vielfalt hat einen grundlegenden Beitrag zur europäischen Töpferei geleistet. "Was diese Volkskunst so attraktiv macht, ist ihre Formensprache und Ornamentik. Sie führt uns vor Augen, dass diese einfachen Menschen über die Funktionalität hinaus Gebrauchsgegenstände geschaffen haben, die ihnen auch optisch Freude bereiten sollte", so die Kulturstiftung Basel H. Geiger.

Nun präsentiert die Privatsammlung mit "Transylvania's Hidden Treasures" ihre erste Ausstellung, zeigt 186 der wichtigsten Objekte und bringt Besuchern das reichhaltige siebenbürgische Kunsthandwerk näher. 

"Transylvania's Hidden Treasures", Kulturstiftung Basel H. Geiger, Basel, bis 6. November

 

Pop-Kultur-Festival in Berlin

Das Pop-Kultur Festival in Berlin trägt seinen Namen völlig zu Recht: als senatsgefördertes, sorgfältig kuratiertes Non-Profit-Festival zeigt es, wie vielfältig zeitgenössischer Pop sein kann. Auch am heutigen letzten Tag des Festivals am Freitag ist das Line-Up wieder absolut international und divers, vom ghanaischen Super-Rapper M.anifest über die ukrainische Rapperin alyona alyona bis zu der Berliner Sängerin Thala. Den Crossover zwischen künstlerischer Performance und Pop findet man in den "Commisioned Works": Heute ist dort beispielsweise das Performancestück "52 Jokers" mit der legendären US-amerikanischen Underground-Künstlerin und Musikerin Little Annie und der Künstlerin Beth B. im Programm.

Pop-Kultur-Festival, Kulturbrauerei, Berlin, bis 26. August

Popkultur Festival, Berlin, 2022
Foto: Käthe de Koe

Popkultur Festival, Berlin, 2022

 

Lange Nacht der Museen in Berlin 

Nach zweijähriger Unterbrechung wegen der Pandemie kann man in Berlin an diesem Wochenende wieder nachts ins Museum gehen. Bei der 40. Ausgabe der langen Nacht der Museen sind am 27. August nach Angaben der Veranstalter 70 Museen, Planetarien, Kunsthäuser und Schlösser dabei. Davon machen 15 zum ersten Mal mit, darunter das Futurium, der Hamburger Bahnhof, das Haus der Kulturen der Welt und das Humboldt Forum. Von 18 bis 2 Uhr morgens kann das Publikum Ausstellungen besuchen und an mehr als 700 Veranstaltungen teilnehmen.

Für das Event lassen sich die Häuser besonderes einfallen. Im Museum Berggruen etwa soll es eine Tanz-Performance vor den Picassos geben, im AEG-Tunnel am Humboldthain eine Licht-Sound-Performance. Vor dem Stasimuseum erzählen Zeitzeugen auf einer Freiluft-Bühne. Das Samurai Museum zeigt speziell für den Abend entwickelte Theaterstücke aus dem Kanze No-Theater in Tokio sowie Aufführungen der japanischen Trommelgruppe Masa Daiko. (dpa)

"Lange Nacht der Museen", Berlin, am 27. August


Streetart-Festival Ibug in Flöha 

Zwei Wochen lang haben Streetart-Künstler aus aller Welt eine Industriebrache im Landkreis Mittelsachsen in eine Galerie für urbane Kunst verwandelt. Besucher können die Ergebnisse in der ehemaligen Buntpapierfabrik in Flöha inspizieren. Zu sehen sind Arbeiten von rund 70 Künstlern und Kollektiven aus 20 Nationen. Dazu gehören Malerei und Graffiti, Multimedia, Skulpturen und Installationen.

Das Festival Ibug - kurz für Industriebrachenumgestaltung - zeigt seit 2006 urbane Gegenwartskunst an wechselnden Orten in Sachsen. Erstmals macht es ein zweites Mal am selben Ort Station. Denn schon im Vorjahr war die Brache in Flöha Austragungsort des Festivals gewesen. Daher werden die neu entstandenen Kunstwerke durch einige erhaltene Arbeiten aus dem vergangenen Jahr ergänzt. Andere Arbeiten wurden den Angaben zufolge übermalt, um den Künstlern wieder Raum für neue Ideen zu schaffen.

Die diesjährigen Teilnehmer waren aus fast 300 Bewerbern ausgewählt worden. Mit von der Partie sind etwa das Kollektiv Mz. Icar aus den USA, Slex aus Plauen, der Künstler Marian Kretschmer, der eine Arbeit zu Texten des Schriftstellers Stefan Heym geschaffen hat, das Kollektiv Adhocrates aus Österreich und die Freizeitgruppe Gestaltung mit einem riesigen Kriegsmandala.

Geöffnet hat die Ibug dieses (26. bis 28. August) und kommendes Wochenende (2. bis 4. September). Geboten wird dabei auch ein Programm mit Musik, Führungen, Film und Künstler-Gesprächen. Die Organisatoren rechnen nach Angaben eines Sprechers mit 8000 bis 10 000 Besuchern an beiden Wochenenden. (dpa)

"Ibug", Buntpapierfabrik, Flöha, 26. bis 28. August / 02. bis 4. September

 

Jürgen Heiter in Gießen

Eine Ausstellung in Gießen thematisiert das Werk des Regisseurs Jürgen Heiter, das 42 Spiel-, Dokumentar- und essayistische Filme umfasst. Der Fokus liegt auf Heiters Verfahren der Montage, Collage und performativen Entwicklung von Bewegtbildern. Es werden Wandskripte und Archivmaterial präsentiert, um die Zustände vor und nach einem Film nachvollziehbar zu machen und Entstehungsprozesse offenzulegen. Der Neue Kunstverein Gießen stellt "das Archiv als Ort der Verdichtung von Zeit" in den Vordergrund. 

Jürgen Heiter ist bekannt für Filme wie "Der Photograph", der um die Arbeit des Fotografen Benjamin Katz kreist, oder "Long Live the People of the Revolution", der sich damit beschäftigt, wie Konzeptkünstler, Musikerinnen, Filmemacher und Wissenschaftlerinnen Fragen von Utopie nachgehen. 

"Vor dem Archiv", Neuer Kunstverein Gießen, bis 1. Oktober 

 

Vasily Klyukin in Hagen 

Das Osthaus Museum Hagen zeigt die skulpturalen Arbeiten von Vasily Klyukin, insgesamt  250 seiner oft monumentalen Werke. Allein die Installation "MLCL HLSTN" besteht aus 144 je einen halben Meter hohen Wandskultpturen. 

Klyukins Arbeiten basieren auf numerischen Daten von mathematischen Formeln und geografischen Koordinaten. Der Künstler arbeitet mit einer Technik aus Hunderten von Polycarbonatplatten und Stahl. Alle Blütenblätter oder Lamellen seiner Arbeiten werden akribisch berechnet - erst auf diese Weise entsteht die Form aus Hunderten, manchmal Tausenden von Elementen. 

Der in Moskau geborene Klyukins begann seine Karriere als Banker, bevor er seine Leidenschaft für futuristische Architektur und Skulptur entdeckte. 2019 stellte der Künstler mit seiner Kollektion "In Dante Veritas" auf der Biennale von Venedig aus.

"Vasily Klyukin: Mind pace", Osthaus Museum Hagen, bis 29. Januar 2023 


Lydia Okumura in Holle

Dreidimensionale Wandbilder, kräftige Farbfelder und Garnkonstruktionen: das Kunstmuseum Schloss Derneburg in Holle bei Hildesheim zeigt die geometrischen Abstraktionen der brasilianisch-japanischen Künstlerin Lydia Okumura. Mit ihren Skulpturen und Installationen, die aus Wand und Boden hervortreten, exploriert die Künstlerin unser Verständnis von Raum. Materialien wie Garn, Draht, Acrylfarbe, Glas, Aluminium, Holzkohle und Graphit dominieren ihre ortsspezifische Installationen. 

Lydia Okumura wurde 1948 in São Paulo in Brasilien als Tochter einer japanischen Einwandererfamilie geboren. Anhand der 15 ausgestellten Werke werden die vielfältigen Einflüssen sichtbar, die Okumuras Oeuvre mitbestimmen: von japanischer Schrift- und Malkunst, konkretistischen und neokonkretistischen Kunstströmungen in Brasilien bis zu amerikanischer und europäischer Konzeptkunst und dem Minimalismus. Bis zum 23 April können sich Besucherinnen und Besucher die Ausstellung der Hall Art Foundation anschauen.

"Lydia Okumura", Kunstmuseum Schloss Derneburg, Holle, bis 23. April 2023

 

Sabine Moritz in Quedlinburg

Nach einem Jahr Vorbereitungszeit zeigt die Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg in Sachsen-Anhalt bis in das neue Jahr hinein Arbeiten von Sabine Moritz. Nach der Eröffnung am Samstag werden die Zeichnungen, Gemälde und Fotografien der mit Gerhard Richter verheirateten Künstlerin bis 8. Januar 2023 in zwei Räumen präsentiert. Insgesamt seien 130 Exponate ausgestellt, teilte die Direktorin des Museums für grafische Künste, Gloria Köpnick am Freitag in Quedlinburg mit. Die meisten Arbeiten stammen demnach aus dem Kölner Atelier von Sabine Moritz, einige Arbeiten sind Leihgaben, etwa aus der Sammlung Faber-Castell.

Im Fokus der exklusiv für Quedlinburg zusammengestellten Schau "Lobeda oder die Rekonstruktion einer Welt" stehen 96 Blätter mit Motiven der Jenaer Plattenbausiedlung Neu-Lobeda, in der die 1969 in Quedlinburg geborene Künstlerin einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat. "Es ist eine Reise in die Vergangenheit mit Verlinkungen in die Gegenwart", sagte Köpnick. (dpa)

"Sabine Moritz. Lobeda oder die Rekonstruktion einer Welt", Lyonel-Feininger-Galerie, Quedlinburg, 28. August bis 8. Januar 2023


Ai Weiwei in Venedig

Einen riesigen schwarzen "Kronleuchter" aus gläsernen Knochen, Schädeln und Organen zeigt der chinesische Künstler Ai Weiwei an einem heiligen Ort: der Basilika di San Giorgio Maggiore in Venedig. In der berühmten Renaissance-Architektur von Andrea Palladio soll die Installation an die Millionen Leben erinnern, die während der Covid-19-Pandemie verloren wurden. Die über acht Meter hohe Arbeit ist in Kooperation mit der Fondazione Berengo entstanden und soll laut den Herstellern eines der größten je gefertigten Kunstwerke aus Murano-Glas sein. Ai Weiwei sieht in dem zerbrechlichen Stück eine Möglichkeit "über den Tod zu reden, um das Leben zu feiern". 

Ai Weiwei "La Commedia Umana - Memento Mori", San Giorgio Maggiore, Venedig, bis 27. November