Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Bern, Halle, London, Lübeck, München, Neukirchen-Seebüll, New York, Paris, Rostock und Wiesbaden


Monat der Fotografie in Berlin

Wer das volle Programm des European Month of Photography (EMOP) auskosten will, muss sich sputen. Die zehnte Ausgabe des Festivals steht unter dem Leitmotiv "Touch" und will Fotografieenthusiasten aus Deutschland, Europa und der Welt in Kontakt bringen. Das Walter-Benjamin-Archiv und das Michael-Schmidt-Archiv öffnen ihre Pforten, "Drängende Gegenwart", eine Gemeinschaftsausstellung der Fotoschulen in Berlin und Potsdam, zeigt, was der jungen Generation auf den Nägeln brennt. Den Ausstellungsreigen in Institutionen und Galerien begleiten Talks, Lectures und Filmvorführungen. Zur Eröffnung der Jubiläumsausstellung "Touch. Politiken der Berührung" im Berliner Amtssalon diskutieren am Sonntag Kulturstaatsministerin Claudia Roth und teilnehmende Künstlerinnen und Künstler über die gesellschaftspolitische Aufgabe der zeitgenössischen Kunstfotografie; im Anschluss an ein Screening spricht Ulrike Ottinger über ihren Film "Bildnis einer Trinkerin". Außerdem berichtet Sergiy Lebedynskyy, Direktor des Museum of Kharkiv School of Photography, die vor über 50 Jahren von Fotografen wie Boris Mikhailov gegründet wurde, über die Folgen des Ukraine-Krieges für Fotografen und Künstler.

"European Month Of Photography", verschiedene Orte in Berlin, bis 31. März


Filip Henin in Berlin

Filip Henin schafft es in seiner ersten Einzelausstellung, die noch bis Samstag  in der Berliner Galerie Robert Grunenberg zu sehen ist, romantische Landschaften in luzide Träume zu verwandeln. Der 1986 geborene Künstler hat an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig studiert und bei Walter Dahn seinen Abschluss gemacht. Seine Kindheit in den italienischen Alpen hat ihn maßgeblich geprägt, Eindrücke aus dieser Zeit finden sich in all seinen Werken wieder. So malt er oft isolierte menschliche Figuren, die in den Weiten der Natur untergehen oder mit ihr verschmelzen. In fast allen seiner großen Formate finden sich auch surreale Einflüsse. Es scheint, als versuche Filip Henin, die Schönheit der Natur durch fantastische Eingriffe mit dem Absurden zu vereinen. Hände oder körperlose Köpfe erscheinen unverbunden in der Szenerie, es entsteht ein flirrendes Gefühl des Schwebens und der Ungewissheit.

Filip Henin "Regarding Past at noon", Robert Grunenberg, Berlin, bis 4. März

 


Yael Bartana in Berlin

Wannsee ist einer der idyllischsten Stadtteile Berlins – und der Ort, wo die Nazis den Tod von Millionen Juden beschlossen. Diesen Geistern zu begegnen, hat sich der israelische Kurator Avi Feldman vorgenommen. In seiner 2021 gegründeten Galerie Wannsee Contemporary organisiert er eine einjährige Ausstellungsreihe zum 80. Jahrestag der Wannseekonferenz – und kann mit der Auftaktausstellung von Yael Bartana gleich einen ersten Höhepunkt zeigen. In den extra für die Schau entstandenen Filmen der von der Kuratorin Shelley Harten mitbetreuten Schau "Rehearsal for Redemption" lässt die israelische Künstlerin junge Frauen in ätherischen weißen Kleidern in einer Lichtung am See erscheinen. Ihre Tänze sind von dem expressionistischen Choreografen Rudolf von Laban inspiriert, der in den 1920er- bis 1930er-Jahren ganz in der Nähe wirkte. So wie die Reformästhetik der Vorkriegszeit zwischen Moderne und Totalitarismus changierte, so wechselt auch der Tanz der Frauen in den eindrücklichen Schwarz-Weiß-Videos zwischen Anmut und tierischer Ekstase. Im Hintergrund wartet ein Raumschiff an der Stelle des Messias – und Bartana stellt die Frage, welche Zukünfte aus dieser Vergangenheit erwachsen können.

Yael Bartana "Rehearsal for Redemption", Wannsee Contemporary, Berlin, bis 22. April

Yael Bartana "Gravity I", 2023
Foto: © Yael Bartana/Wannsee Contemporary

Yael Bartana "Gravity I", 2023


Katharina Grosse in Bern

Von zentraler Bedeutung für ihre Praxis ist die Farbe: Katharina Grosse experimentiert mit der physischen Präsenz und den sensorischen, politischen und emotionalen Potenzialen der Farbe. Konventionelle Beziehungen zwischen Vorder-, Hinter- und Untergrund löst die Berliner Künstlerin auf. Statt der temporären Farbräume, die Grosse vielerorts realisiert hat, konzentriert sich die Überblicksschau im Kunstmuseum Bern auf die zwischen 1988 und 2022 im Atelier gefertigten Leinwandbilder.

Katharina Grosse "Studio Paintings", Kunstmuseum Bern, bis 25. Juni


Pablo Picasso und Jean Lurçat in Halle

In Halle startet die zweite Ausstellung anlässlich des 50. Todestages des spanischen Künstlers Pablo Picasso (1881-1973) in diesem Jahr. Zur Vernissage "Begegnung. Pablo Picasso trifft Jean Lurçat" am Freitag im Kunstverein Talstrasse wird der Staatsminister und Minister für Kultur, Rainer Robra (CDU) erwartet, der zusammen mit dem Botschafter Frankreichs in Deutschland, François Delattre, der Schirmherr ist. Die Ausstellung gibt Einblicke in das umfangreiche grafische Werk Picassos, das in verschiedenen Lebens- und Schaffensphasen entstanden ist. Es steht in Verbindung und Beziehung zu den grafischen Arbeiten und Keramiken von Jean Lurçat (1892-1966). Die Künstler haben in den Keramik-Werkstätten von Sant Vicens bei Perpignan gearbeitet. Die Arbeit mit und auf Keramik sei in den 1950er- und 1960er Jahren ein Schwerpunkt in der Tätigkeit beider gewesen. Gezeigt werden laut Verein 60 Picasso-Grafiken aus der Sammlung Helmut Klewan und ebenso viele Keramiken von Lurçat aus der Sammlung der Paul-Ludwig-Stiftung. Bereits seit 26. Februar kann im Kunstmuseum Moritzburg die Ausstellung "Der andere Picasso: Zurück zu den Ursprüngen" besucht werden. Es werden bis 21. Mai etwa 100 Arbeiten aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Spanien präsentiert. Picasso (1881-1973) gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Moderne. Sein Todestag jährt sich am 8. April zum 50. Mal.

Ausstellungsprojekt "Picasso in Halle", Kunstverein Talstrasse (bis 29. Mai) und Kunstmuseum Moritzburg (bis 21. Mai)

 


David Hockney in London

Museum, Podcast und Theaterstück in einem: In London hat ein neuer Kunstraum mit einer multimedialen Schau des britischen Künstlers David Hockney eröffnet. Bis Anfang Juni können Besucherinnen und Besucher in dem etliche Meter hohen, mit großen Projektionsflächen und unzähligen Lautsprechern ausgestatteten Lightroom nahe dem Londoner Bahnhof King's Cross in ein von Hockney intensiv mitgestaltetes Universum aus Gemälden, Videoinstallationen und Sprachaufnahmen eintauchen.

Die Schau ist eine Reise durch die Arbeiten des britischen Künstlers - von Polaroid-Collagen über iPad-Zeichnungen bis hin zu Hockney-Klassikern. "Die Welt ist wunderschön, wenn man sie anschaut, aber die meisten Leute schauen gar nicht viel hin", sagt der 85 Jahre alte Hockney, dessen Stimme in der Ausstellung namens "Bigger & Closer (not smaller & further away)" (deutsch: "Größer & Näher (nicht kleiner und weiter weg)") zu hören ist. "Ich bin eine Person, die gerne malt. Ich schaue mir Sachen an", betont der Brite.

Rund drei Jahre hat Hockney mit den Erschaffern des Lightrooms zusammengearbeitet. Chef Richard Slaney beschrieb den Künstler im Gespräch mit der britischen Nachrichtenagentur PA als absoluten Glücksgriff für jene Art des künstlerischen Arbeitens, die er so beschreibt: "Werke für eine Galerie in einen Mix aus Podcast, Film, Theatervorstellung, Galerie-Show und Dokumentation verwandeln." Nach Hockney sollen auch Schauen anderer Künstler in den neuen Räumlichkeiten zu sehen sein.

David Hockney "Bigger & Closer (not smaller and further away)", Lightroom, London, bis 4. Juni

 

Günter Grass in Lübeck

In den Werken von Günter Grass spielt das Essen immer eine große Rolle. Deshalb widmet das Günter Grass-Haus in Lübeck dem Schriftsteller eine große Ausstellung mit dem Titel "Grass kocht". Diese wird am Montag vorgestellt. Das Essen und seine Zubereitung seien für ihn immer ein großes Thema gewesen und Grass habe gerne Gäste zu Tisch geladen, sagte eine Museumssprecherin. Im Fokus der Ausstellung steht nach Angaben des Grass-Hauses die sinnlich-künstlerische Gestaltung des Essens im Werk des Literaturnobelpreisträgers.

Günter Grass "Grass kocht", Günter Grass-Haus, Lübeck, bis 20. September


Katalin Ladik in München

Der Körper ist für Katalin Ladik eine Quelle der Poesie und ein Ort der Selbstdarstellung, den sie seit den 1960er-Jahren in ihren Performances immer wieder erforscht hat. Das Werk der 1942 in Novi Sad geborenen Künstlerin (und erfolgreichen Bühnen- und Filmschauspielerin) ist in den multiethnischen und feministischen Avantgarden des ehemaligen Jugoslawiens verwurzelt. Ihr Solo im Münchner Haus der Kunst führt performative, bildhafte und klangbasierte Werke zusammen und ist Ladiks erste Überblicksschau in Deutschland.

Katalin Ladik "Ooooooooo-pus", Haus der Kunst, München, bis 10. September


Emil Nolde in Neukirchen-Seebüll

Mit rund 130 Aquarellen, Ölgemälden und Druckgrafiken zeigt die 67. Jahresausstellung der Nolde-Stiftung in Neukirchen-Seebüll vom 1. März an neue Perspektiven auf das Werk Noldes. Unter dem Titel "Zurück Zuhause. Emil Nolde - Welt und Heimat" werde das Werk des farbgewaltigen Künstlers in all seinen Facetten dargestellt, wie die Nolde-Stiftung am Montag mitteilte. Die Werke aus allen Motiv- und Themenwelten Noldes böten dem Betrachter die Möglichkeit, mit "Welt und Heimat", mit der Landschaft und den Menschen in einen Dialog zu treten und die Bedeutung von "Welt und Heimat" für uns heute zu hinterfragen, sagte Stiftungsdirektor Christian Ring. 56 der Werke werden erstmals in Seebüll gezeigt.

Nach mehrjähriger Sanierung des Künstlerhauses ist die Jahresausstellung nun wieder an ihrem angestammten Platz zu sehen. Der Rundgang durch das sanierte Wohn- und Atelierhaus beginnt im neuen Eingangsbereich, an den die original möblierten Wohnräume anschließen, die einen Einblick in die Lebenswelt der Noldes erlauben. Im Obergeschoss wird der Großteil der Jahresschau zu sehen sein. Im ehemaligen Atelier werden die religiösen Bilder ausgestellt, darunter das Hauptwerk "Das Leben Christi".

Emil Nolde "Zurück Zuhause. Emil Nolde - Welt und Heimat", Nolde-Stiftung, Neukirchen-Seebüll, bis 31. Oktober


Ming Smith in New York

Wie der Blues könne eine Fotografie Gefühle einfangen, hat Ming Smith einmal gesagt – die erste afroamerikanische Fotografin, deren Werke vom New Yorker Museum of Modern Art erworben wurden. Am selben Ort wird der in Detroit geborenen Bildermacherin, die seit den 1970ern eine ganze Künstlergeneration inspiriert hat, nun eine Soloschau gewidmet. Ihre Fotos regen dazu an, auf visuelle Rhythmen und Klänge zu achten – ein Kritiker schrieb, Smith sehe und denke "in Moll".

Ming Smith, Museum of Modern Art, New York, bis 29. Mai


Wangechi Mutu in New York

Erst übernahm Wangechi Mutu die Fassade des Metropolitan Museums, jetzt feiert das New Museum die kenianisch-amerikanische Künstlerin mit einer großen Ausstellung. Mehr als 100 Werke der 1972 in Nairobi geborenen Künstlerin, darunter Skulpturen, Gemälde und Videos, sind in der Schau "Wangechi Mutu: Intertwined" zu sehen. 2019 hatte Mutu die Fassade des Metropolitan Museums am Central Park mit vier verschiedenen, von Bräuchen afrikanischer Frauen inspirierten Bronze-Skulpturen verziert. Die Nischen für die Skulpturen waren zwar schon beim Bau des Museums für Skulpturen freigelassen worden - Mutu war rund 120 Jahre später aber die erste Künstlerin, die sie füllen durfte.

"Wangechi Mutu: Intertwined", New Museum, New York, bis 4. Juni

Ausstellung von Wangechi Mutu in New York, New Museum, 2023
Foto: dpa

Ausstellung von Wangechi Mutu in New York, New Museum, 2023


Germaine Richier in Paris

Sie war die erste Künstlerin, die zu ihren Lebzeiten im Centre Pompidou ausgestellt wurde: Über 60 Jahre später widmet das Pariser Museum der Bildhauerin und Ausnahmekünstlerin Germaine Richier (1902-1959) nun eine umfassende Retrospektive. Rund 200 Skulpturen, Gravuren und Zeichnungen illustrieren Richiers zutiefst radikale Kunst, mit der sie in den 1940er Jahren internationale Anerkennung erlangte. Während ihre Porträts noch vom Einfluss Auguste Rodins und Antoine Bourdelles zeugen, dessen Schülerin Richier war, wurde ihr Werk nach dem Zweiten Weltkrieg immer ausdrucksstärker.

Sie schuf in Bronze und Blei gegossene massive und geschundene Figuren sowie hybride, fantastische Kreaturen wie den Fledermausmann und Insektenfrauen. Mit ihren verstörenden Zwitterwesen, die ihre Vision vom Zerfall der Humanität versinnbildlichen, betrat sie formal und thematisch Neuland. In einer von Männern dominierten Domäne hatte sich die Bildhauerin innerhalb weniger Jahre durchsetzen können. Richier starb 1959 an den Folgen eines Krebsleidens, kurz nach der Eröffnung der Documenta 2, auf der sie vertreten war. Die Ausstellung dauert bis zum 12. Juni.

Germaine Richier, Centre Pompidou, Paris, bis 22. Juni


Geschichte der DDR-Wochenkrippen in Rostock

Die Geschichte der DDR-Wochenkrippen wird von Samstag an in einer Ausstellung der Kunsthalle Rostock beleuchtet. Rund 20 Kunstwerke, Fotografien, Filme und Objekte sollen einen Einblick in die individuellen Geschichten Betroffener sowie die gesellschaftliche Bedeutung der Wochenkrippen geben. "Wir wollen nicht bewerten, das Thema soll zur Diskussion gestellt werden", sagt Kunsthallenleiter Jörg-Uwe Neumann. In den Wochenkrippen konnten Eltern ihre Kinder - ab der sechsten Lebenswoche und bis zum dritten Lebensjahr - wochenweise inklusive der Nächte unterbringen. Über die DDR-Geschichte hinweg waren groben Schätzungen zufolge mehrere Hunderttausend Kinder davon betroffen. Als Rahmenprogramm zur Ausstellung sind mehrere Führungen, Lesungen und Gesprächsabende sowie ein wissenschaftliches Symposium geplant.

"abgegeben - Wochenkrippen in der DDR", Kunsthalle Rostock, bis 1. Mai

 


Jugendstilkünstler Zwintscher in Wiesbaden

Mit der Sonderausstellung "Weltflucht und Moderne" präsentiert das Museum Wiesbaden Werke des Jugendstilkünstlers Oskar Zwintscher. Bis 23. Juli sind rund 80 Exponate zu sehen, etwa Skulpturen, Keramik, Plakatkunst, Zeichnungen und fast 60 Gemälde. "Im Fokus stehen die symbolistischen Porträtarbeiten des Malers, aber auch Landschaftsdarstellungen in der Manier des Jugendstils oder Beispiele angewandter Kunst", heißt es vom Museum. Zwintscher wuchs in Leipzig auf, studierte dort und in Dresden, arbeitete dann freischaffend in Meißen und lehrte ab 1903 in Dresden. Die erste Station der Ausstellung war im Albertinum in Dresden zu sehen. Wiesbaden zeige die Schau jetzt mit einem eigenen kuratorischen Ansatz, teilte das Museum mit.

"Weltflucht und Moderne. Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900", Museum Wiesbaden, bis 23. Juli