Tipps und Termine

Wohin am Pfingstwochenende?

Die Kunst der Woche in Düsseldorf, Emden, Frankfurt am Main, Karlsruhe, Kassel, Köln, Landshut und London

 

Ursula Schulz-Dornburg und Farah Al Qasimi in Düsseldorf

Das Medium Fotografie steht im Zentrum einer Doppelausstellung mit den beiden neuen Trägerinnen des Bernd-und-Hilla-Becher-Preises in der Kunsthalle Düsseldorf. Ursula Schulz-Dornburg, der die Jury den Hauptpreis zusprach, dokumentiert in Ländern wie Armenien, Syrien oder Russland landschaftliche Veränderungen und den Verfall politischer Systeme. Die 1938 geborene Fotografin verfolgt in ihrer Arbeit ein kulturhistorisches anthropologisches Interesse, das sie mit der "Vertikalität der Zeit" beschreibt. Ihre jüngere, mit dem Förderpreis ausgezeichnete Kollegin Farah Al Qasimi – 1991 in Abu Dhabi geboren – untersucht in ihren fotografischen, filmischen und performativen Arbeiten postkoloniale Strukturen von Macht, Geschlecht und Geschmack in den arabischen Golfstaaten.

"Bernd-und-Hilla-Becher-Preis 2025: Ursula Schulz–Dornburg & Farah Al Qasimi", Kunsthalle Düsseldorf, 7. Juni bis 7. September

 

Mythos Handwerk in Dresden

Herrnhuter Sterne, Designerdirndl, alte Teeschalen - eine Ausstellung des Kunstgewerbemuseums Dresden widmet sich dem "Mythos Handwerk. Zwischen Ideal und Alltag". Es geht um Material und Werkzeug, aber auch Annahmen und Zuschreibungen, "die über das Eindeutige der Tätigkeit, des Berufs oder einer Branche hinausgehen", hieß es in der Ankündigung der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD). Je nach Sichtweise gelte Handwerk als traditionell, authentisch, regional, körperlich oder individuell. Die Schau verstehe sich auch als Forum zur Auseinandersetzung mit dem sächsischen und überregionalen Handwerk von der Vergangenheit bis in die Zukunft. 

Im Japanischen Palais spiegeln bis Mitte Dezember mehr als 150 Objekte, Bilder, Infografiken oder Installationen das Verhältnis zwischen lokaler und globaler Produktion, Hobby und Meisterschaft, Einzelstück und Serie, Kopf- und Handarbeit, Luxus und Notwendigkeit, Fortschritt und Tradition aus verschiedenen Perspektiven. Highlights sind die vor 100 Jahren patentierten Herrnhuter Sterne, ein Designerdirndl, das afrikanische und bayerische Einflüsse vereint oder mit Kintsugi-Technik reparierte Teeschalen. In einer Werkstatt und der Fair Fashion Factory kann das Publikum selbst Hand anlegen und zudem auch mit dem und über das Handwerk als Partner der Ausstellung ins Gespräch kommen. (dpa)

"Mythos Handwerk. Zwischen Ideal und Alltag", Staatliche Kunstsammlung Dresden, bis 21. Dezember 2025

Mathias Heck "Blüten-Früchte-Samen", 1994
Foto: Franziska Graßl

Mathias Heck "Blüten-Früchte-Samen", 1994

 

Ostrale in Dresden

Die diesjährige internationale Dresdner Ausstellung zeitgenössischer Kunst Ostrale mit dem Titel "Never Grey" ist ein Statement gegen das Schwarz-Weiß-Denken, für Offenheit und farbige Vielfalt. Die Farbe als Mittel zur Aktivierung, Verstärkung der Wahrnehmung und Förderung des Diskurses sei der "bunte" Faden in der Dramaturgie der Schau, sagte Ostrale-Direktorin Andrea Hilger. "Wir müssen Veränderung zulassen, besser wahrnehmen, Zwischentöne verstehen, Zeit füreinander und umeinander für alles Leben bewahren, behalten und geben." Ab Samstag und bis zum 5. Oktober sind rund 300 Werke von 106 Künstlern aus 32 Nationen in der robotron-Kantine versammelt, einem noch unsanierten und nur temporär genutzten Pavillon der Ostmoderne im Stadtzentrum. 

Thematisch liegt der Fokus in der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen wie Krieg, Identität, Konsumverhalten und Umgang mit der Natur, wie die Kuratoren erklärten. Im Mittelpunkt stehe die Idee der Farben als Material, als Symbol, als Dialog, sie seien Ausdruck von Identität, eines kulturellen und politischen Raums. 

"Die Bandbreite der Grautöne dient auch als Metapher für das Spektrum zwischen Extremen", sagte Kuratorin Drorit Gur Arie aus Israel. "Mit den Werken schlage ich eine Farbpalette vor, in der selbst nebeneinanderliegende Farben mit ihrer Reinheit und rohen Ausstrahlung harmonisch nebeneinander existieren können." Dasselbe gelte für die menschliche Existenz. (dpa)

Ostrale Biennale 025 "Never Grey", Dresden, 7. Juni bis 5. Oktober

 

Ostfriesland Biennale in Emden

Die Ostfriesland Biennale, die zeitgenössische Kunst an besonderen Orten in Ostfriesland und den Niederlanden erlebbar macht, bekommt eine zweite Auflage. Das länderübergreifende Kunstfestival wird am Freitag ab 19 Uhr in der Emder Kunsthalle eröffnet. "Wir freuen uns sehr auf die zweite Ausgabe der Ostfriesland Biennale", sagt Silke Oldenburg, eine der Kuratoren, der Deutschen Presse-Agentur. 

Der Zuspruch nach der ersten Ausgabe 2022 sei groß gewesen. Organisatorische Gründe hätten dazu geführt, dass die Biennale nun ausnahmsweise erst nach drei Jahren erneut stattfinde. Bis zum 7. September sind bei der dezentralen Ausstellung rund um den Dollart, in den benachbarten Niederlanden sowie in Oldenburg und Wilhelmshaven Arbeiten von mehr als 50 internationalen Künstlerinnen und Künstler zu sehen - ausgestellt werden sie in der Natur oder an besonderen Orten. Dazu zählen etwa der Schlosspark der Evenburg in Leer, der Kunstverein Aurich, die Ludgerikirche und der Kunstverein in Norden, der Schlosspark Lütetsburg (beide Landkreis Aurich), die Menkemaborg in Uithuizen nördlich von Groningen, das Landesmuseum für Kunst und Kultur in Oldenburg sowie die Kunsthallen in Wilhelmshaven und Emden. 

Organisiert wird die Biennale ehrenamtlich von einem Verein. Die Emder Kunsthalle beteiligt sich etwa mit ihrer erst kürzlich eröffneten Ausstellung "Dem Himmel so nah. Wolken in der Kunst". Im Schlosspark der Evenburg sind unter anderem Werke des Zeichners Stefan Marx und Arbeiten des Künstlers Rolf Bier zu sehen. Der Kunstverein Norden zeigt die Ausstellung "Tides of Latitude" in der Studierende der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und der Minerva Art Academy Groningen Werke präsentieren. Nach dem offiziellen Start in der Kunsthalle finden an Wochenende an allen Orten kleine, eigene Eröffnungsveranstaltungen statt. Wer die Werke der Ostfriesland Biennale sehen will, sollte die individuellen Öffnungszeiten und Eintrittspreise der Ausstellungsorte beachten, empfehlen die Festivalmacher. (dpa)

Ostfriesland Biennale, Emden und Region, bis 7. September

 

Lucas Foglia in Frankfurt am Main

Es ist gerade Distelfalter-Zeit. Von Mail bis Juli fliegen die rostrot-schwarz gemusterten Schmetterlinge in Europa ein. Seit Millionen von Jahren suchen sie zwischen Afrika, dem Nahen Osten und Europa blühende Wildblumen und legen dabei Strecken von bis zu 4000 Kilometern zurück – die längste bislang bekannte Schmetterlingswanderung. Ein frisch geschlüpfter Falter kann nonstop bis zu 40 Stunden fliegen. Lucas Foglia, 1983 in den USA geborener Fotograf, folgte ihnen auf ihrem Weg. Jetzt ist sein Projekt "Constant Bloom", für das er 2024 die Guggenheim Fellowship erhielt, in der Frankfurter Galerie Peter Sillem zu sehen. Dabei hielt er die kleinen Tiere in größeren Bildkompositionen fest – eine auch fotografisch anspruchsvolle Aufgabe. 

Foglia reiste dabei nicht nur den Faltern hinterher, sondern ging auch Begegnungen mit Menschen auf dieser Route ein. Von Norwegen bis zum Äquator, von alpinen Steilwänden im Nebel bis hin zur Landung auf einer kenianischen Kalebasse. Die größeren Zusammenhänge zu zeigen ist in seiner Bilderzählung wichtig, über das Schicksal der Schmetterlinge hinaus. Denn da, wo sie durch Klimaveränderungen mehr und mehr auf Blumen in Parks, Gärten und Landwirtschaft angewiesen sind, traf Foglia auf Menschen, die ebenfalls von Fluten, Frost oder anderen Extremsituationen betroffen waren. Einige von ihnen migrierten ebenfalls, auf der Suche nach besseren Bedingungen, auf der Route der Schmetterlinge.

"Lucas Foglia: Constant Bloom", Galerie Peter Sillem, Frankfurt am Main, bis 16. August

 

Johan Grimonperez in Karlsruhe 

Die Arbeiten des Belgiers Johan Grimonprez basieren auf einer Archäologie der modernen Medienlandschaft. Der 1962 geborene Künstler kombiniert Fragmente aus Filmen, Fernsehnachrichten, Werbung, Kino- und Amateurfilmen sowie dem Internet und webt daraus neue Narrative, die unsere Wahrnehmung der Realität auf die Probe stellen. Eine Retrospektive des Künstlers im Karlsruher ZKM umfasst Filminstallationen, Lang- und Kurzfilme, Storyboards und Zeichnungen aus den vergangenen 30 Jahren. 

Zu sehen ist auch sein neuester, vom ZKM koproduzierter Film "Soundtrack to a Coup d’Etat", eine rasante Montage aus Archivmaterial, die von der Unabhängigkeit des Kongo von der belgischen Kolonialherrschaft im Jahr 1960 und der Ermordung des ersten frei gewählten Premierministers Patrice Lumumba handelt und dabei die Verbindungen zwischen Jazzmusik, Geopolitik und kolonialer Machtdynamik während des Kalten Krieges nachzeichnet.

"All Memory is Theft", ZKM Karlsruhe, 7. Juni bis 8. Februar 2026

Johan Grimonperez "All Memory Is Theft", ab 2019
Foto: Courtesy Johan Grimonperez

Johan Grimonperez "All Memory Is Theft", ab 2019

 

Cosima von Bonin in Kassel

7000 Eichen, jeweils von einem Basaltstein begleitet, ließ Joseph Beuys in den 1980er-Jahren in Kassel pflanzen. Das Projekt, das Landschaftskunst mit ökologischem Bewusstsein verband, begann 1982 zur Documenta 7 und wurde 1987 zur Documenta 8 abgeschlossen – die nötigen Gelder zu beschaffen war schon damals nicht einfach. Zum 70. Geburtstag der Documenta, der im Juni in Kassel gefeiert wird, erinnert jetzt das Museum Fridericianum mit einer Aktion der Künstlerin Cosima von Bonin an die legendäre Arbeit. 

Von Bonin hat Wimpelketten in Form einer Palme gestaltet, mit der die Kasselerinnen und Kasseler ihre Stadt schmücken sollen. Die Aktion, die den beuysschen Eichen ein fröhlich-tropisches Update verpasst, soll möglichst viele Menschen zusammenbringen und zum Mitmachen animieren. Begleitend gibt es Konzerte, Workshops und Events, die Begegnung und Austausch ermöglichen sollen.

"7000 Palmen", Fridericianium, Kassel, 7. Juni bis 28. September

 

Blumenkunst in Köln

Heute kauft man sich einen Strauß Blumen und stellt ihn sich für einige Tage auf den Tisch, früher dagegen waren Blumen ein kostbares Luxusgut. Einzelne Tulpen konnten im 17. Jahrhundert ein Vermögen kosten. Um 1600 kam es deshalb auch in Mode, Blumen zu malen - die Abbildungen hängte man sich dann an die Wand und hatte länger was davon. Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln zeigt unter dem Titel "B(l)ooming - Barocke Blütenpracht" nun eine Auswahl dieser barocken Blumen-Stillleben. 

"Die Maler ahmen die Blumen mit einer Augen täuschenden Naturgenauigkeit nach, aber sie sind gleichzeitig auch darauf aus, die Natur zu übertreffen", sagte Kuratorin Anja Sevcik. So hätten die Maler zum Beispiel Blumen aus unterschiedlichen Blüteperioden zusammenführt. "Es war also schon die künstliche Natur, die man eingefangen hat." Blumen wurden häufig auch Heilkräfte zugeschrieben, etwa gegen die Pest. Die Bilder enthielten zudem moralische oder religiöse Botschaften. Die Künstler, die sie herstellten, stammten sowohl aus den Niederlanden als auch aus Italien und Deutschland. Ein Zentrum des Blumenhandels war die Frankfurter Messe. (dpa)

"B(l)ooming - Barocke Blütenpracht", Wallraf-Richartz-Museum, Köln, bis 31. Mai 2026

"B(l)ooming - Barocke Blütenpracht", Ausstellungsansicht, Wallraf-Richartz-Museum, Köln, 2025
Foto: Thomas Banneyer

"B(l)ooming - Barocke Blütenpracht", Ausstellungsansicht, Wallraf-Richartz-Museum, Köln, 2025

 

Fritz Koenig in Landshut 

Der Ganslberg war das Refugium des Künstlers Fritz Koenig (1924-2017). Bis Ende Juli kann das Anwesen in Altdorf (Landkreis Landshut) mit Wohnhaus und Werkstatt besucht werden. Die Veranstaltungsreihe "Kosmos Koenig" mit Ausstellungen und Workshops lässt das Publikum tief eintauchen in Leben und Wirken des Bildhauers und bildet den Abschluss des Koenig-Jubiläumsjahres. 

In diesem wurde der Künstler anlässlich seines 100. Geburtstages international gewürdigt. Die Eröffnung ist zugleich ein Schritt hin zu einer dauerhaften Nutzung des Anwesens und das Ende einer jahrelangen Debatte darum. Denn seit dem Tod Koenigs stand das Anwesen leer, eine Diskussion um dessen Zukunft entbrannte. Kunstminister Markus Blume (CSU) sagte bei der Eröffnung, er habe sich nach seinem Amtsantritt 2022 näher mit Fritz Koenig befasst und sei "diesem Faszinosum erlegen". Nun hoffe er, dass an diesem Ort etwas entstehen könne, das die Zeiten überdauere und den Besuchern "diesen Ausnahmekünstler" näher bringe. 

Das Konzept für die Schau hatte der im März 2024 gestorbene Filmemacher Percy Adlon erstellt, ein enger Freund Koenigs. Sein Sohn Felix und seine Witwe Eleonore führen das Projekt zusammen mit der Stadt Landshut, der Fritz-und-Maria-Koenig-Stiftung als Eigentümerin des Anwesens, sowie weiteren Beteiligten fort. Vorstellbar sei, die Gebäude zu einem kunstpädagogischen Zentrum zu entwickeln, in dem sich künftig insbesondere Schulklassen künstlerisch ausprobieren können sollen, sagte Benedikt Schramm, Abteilungsleiter Kultur bei der Stadt Landshut. 

Fritz Koenig wurde in Würzburg geboren, wuchs aber in Landshut auf. Zu seinen bekanntesten Werken zählt das Mahnmal in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen in Österreich. (dpa)

"Kosmos Koenig", Koenigmuseum Landshut, bis 27. Juli

 

Inklusives Design in London 

"Nothing about us without us" – nichts über uns ohne uns. In Großbuchstaben leuchtet dieser Slogan auf einem Banner. Darüber Zeichnungen von Menschen mit Behinderung im Protest für Gleichberechtigung. Inklusion ist ein politisches Muss – doch in der Kultur bleibt sie oft oberflächlich. Ein Aufzug, ein Audioguide – und schon gilt der Raum als barrierefreie Zone. Das Victoria and Albert Museum in London setzt dem ein radikales Konzept entgegen. In "Design and Disability" treffen 170 Werke aus Design, Aktivismus und Alltagsleben aufeinander, gestaltet von Menschen, die die Geschichte allzu oft an den Rand gedrängt hat. Schon der Eingang der Ausstellung ist Teil des kuratorischen Statements: Orientierungsmittel, Räume, Schilder – alles denkt mit, alles spricht mit. 

Die erste Sektion "Visibility" versammelt künstlerische Strategien der Sichtbarmachung. Kreative fordern ihren Platz, laut, visuell, performativ. gramm der Fürsorge, sondern eines der Selbstermächtigung. Ein Manifest, das nicht um Zugang bittet, sondern längst durch die Tür geht. Ihre Arbeiten brechen mit Stereotypen, schreibe neue Narrative, eröffnen andere Perspektiven auf Körper, Identität und Teilhabe. "Tools", der zweite Bereich, zeigt Erfindungen aus einem Mangel heraus – entstanden, weil Gesellschaft und Systeme keine Alternativen bereithalten. Wer mit Behinderung lebt, muss oft selbst gestalten, was anderen einfach zur Verfügung steht. Prothesen, Tastaturen, Griffe für Bürsten und Eyeliner: Es sind nicht nur Werkzeuge für den Alltag, sondern Ausdruck eines erfinderischen Überlebens – und zugleich ein stiller Protest gegen Strukturen, die Barrierefreiheit dem Zufall überlassen. 

Der letzte Teil, "Living", soll deutlich machen: Inklusion geschieht nicht von selbst. Menschen mit Behinderung organisieren sich, protestieren, schaffen Räume der Solidarität und gestalten so die Welt nach eigenen Maßstäben. Diese Ausstellung wird kein Blick auf Behinderung, sondern ein Blick aus ihr heraus. Kein Programm der Fürsorge, sondern eines der Selbstermächtigung. Ein Manifest, das nicht um Zugang bittet, sondern längst durch die Tür geht.

"Design and Disability", V &A Museum, London, 7. Juni bis 15. Februar 2026

Maya Scarlette "The Birth of Venus", 2024
Foto: Tanasha Chege

Maya Scarlette "The Birth of Venus", 2024