Die Kunst der Woche in Berlin, Hannover, London, München, Neukirchen, Stade und Wolfsburg
Fotofestival in Berlin
Demokratische Räume werden weltweit enger. Das Museum Haus des Papiers in Berlin will mit dem Fotofestival "Kommunikation und Haltung" dagegen halten. An 14 Standorten sind 29 internationale Kunstschaffende versammelt, unter anderem Anne Imhof, Monica Bonvicini, Rosemarie Trockel und Wolfgang Stahr, die sich mit ihren Arbeiten zum Thema "Demokratieverständnis und respektvolle Kommunikation" positionieren.
Ergänzend zu den Ausstellungen und Events gibt es großformatige Fotoplakate im Berliner Stadtraum zu sehen. Gemeinsam wollen die Teilnehmenden zeigen, dass Kunst heute mehr denn je zur Verteidigung demokratischer Räume gebraucht wird. Das Museum Haus des Papiers wendet sich nicht nur an Fachpublikum, sondern lädt explizit alle Berliner und Besucherinnen der Stadt ein.
Fotofestival "Kommunikation und Haltung", Museum Haus des Papiers und weitere Standorte in Berlin, bis 7. September, Eröffnungsfeier am 5. Juli, ab 17 Uhr am Holzmarkt, Berlin

Jorinde Voigt und Olaf Heine "Lichtzeichnung/Lightdrawing IV", 2022
Luke Willis Thompson in Berlin
Endlich. Der 200-jährige Kampf der Maori um Selbstbestimmung ist gewonnen. So lautet die Botschaft aus der Zukunft, denn die Videoansprache stammt aus dem Jahr 2040. Eine Maori (die indigene TV-Moderatorin Oriini Kaipara) spricht von den nun erfüllten Träumen der Völker Aotearoas (Neuseelands) wie von den Entbehrungen der Vergangenheit. Und sie singt das Lied "Whakamoemoeā", das Zeit und Raum überwindet und von der Sehnsucht nach den geliebten Toten erzählt.
Das gleichnamige Einkanalvideo steht im Mittelpunkt der vierten Soloschau von Luke Willis Thompson bei Nagel Draxler in Berlin - 21 Minuten, in denen die Performerin ein großes Gefühlsspektrum zwischen Trauer, stolzem Aufbegehren und Wut durchmisst. Kaipara agiert an einem historischen Ort - an dem 1840 ein Vertrag zwischen Maori-Häuptlingen und der britischen Krone unterzeichnet wurde. Dass "Whakamoemoeā" Zukunftsmusik ist, zeigt ergänzend das Foto eines der Lebensmittelpakete, die in Thompsons Heimatstadt Auckland an die Armen verteilt werden.
Luke Willis Thompson, Nagel Draxler Kabinett, Berlin, bis 30. August

Luke Willis Thompson "Whakamoemoeã", Filmstill, 2025
Feministische Avantgarde in Hannover
In den 1970ern engagierte sich eine Reihe von Fotografinnen in der feministischen Avantgarde, um die Rolle der Frau in Kunst und Gesellschaft radikal infrage zu stellen. Zu den wichtigsten Sammlungen zu diesem Thema zählt die fotografische Kollektion des österreichischen Energiekonzerns Verbund. Auf Werke aus dieser Sammlung, von Renate Bertlmann, Judy Chicago, Valie Export, Birgit Jürgenssen, Karin Mack, Ulrike Rosenbach, Martha Rosler oder Cindy Sherman, greift nun mit 140 Exponaten die Ausstellung "Stand up!" im Sprengel Museum Hannover zurück. Die Fotos sind offensiv, provokant, ironisch oder poetisch – und haben an Aktualität nichts eingebüßt.
"Stand Up! Feministische Avantgarde. Werke aus der Sammlung Verbund, Wien", Sprengel Museum, Hannover, 5. Juli bis 28. September

Karin Mack "Bügeltraum" (aus der 4-teiligen Serie), 1975/2019
Marina Tabassum in London
Wie die Kunst strebt auch die Architektur danach, die Zeit zu überdauern. "Architektur ist ein Werkzeug, um Vermächtnisse zu hinterlassen und den dem Menschen innewohnenden Wunsch nach Kontinuität über das Leben hinaus zu erfüllen", so sagt es die bangladeschische Architektin Marina Tabassum.
Ihr Entwurf des diesjährigen Serpentine Pavilion in London setzt den Ewigkeitsanspruch der Baukunst in Dialog mit dem temporären Charakter des Auftrags, der jedes Jahr an einen anderen Architekten geht. Tabassums "A Capsule in Time" zeigt eine längliche Form aus vier hölzernen Elementen mit lichtdurchlässiger Fassade, wobei sich eine der Kapselformen bewegen und den Pavillon in einen neuen Raum verwandeln kann. Inspiriert ist der kinetische Bau von Shamiyana-Zelten aus Südasien, die für Versammlungen und Feiern im Freien errichtet werden – und in diesem Geist soll auch Tabassums Zeitkapsel die Besucher durch Gespräche, Lesungen, Konzerte und Performances vereinen.
Marina Tabassum "A Capsule in Time", Serpentine Pavilion, London, bis 26. Oktober

Marina Tabassum "A Capsule in Time", Serpentine Pavilion 2025
Galeriewochenende in München
Noch bis Sonntag findet in München das 37. Open Art Gallery Weekend statt. Fast 50 Galerien aus der ganzen Stadt nehmen daran teil und öffnen übers Wochenende ihre Türen. Im Rahmen geführter Rundgänge durch die Viertel können Besucherinnen und Besucher die Münchner Kunstszene näher kennenlernen und neue Eindrücke sammeln. Eines von vielen Highlights ist Danielle van Zadelhoffs Soloausstellung "Commedia dell’Arte" in der Galerie Stephan Stumpf. In Kooperation mit den Münchner Opernfestspielen erweitern Konzerte das Programm der Galerien.
37. Open Art Munich Gallery Weekend, München, bis 6. Juli
Danielle van Zadelhoff "Knight of the order of Fools I", 2024
Emil Nolde in Neukirchen
Der Ruf des Expressionisten Emil Nolde hat seit den kritischen Untersuchungen in den 2010er-Jahren empfindlich gelitten. Ein überzeugter Nationalsozialist, dessen Werk in Hitlerdeutschland als "entartet" verunglimpft wurde – diese Ambivalenz ist schwer auszuhalten. An Noldes Innovations- und Ausdruckskraft ändert das nichts, und so ist das Nolde Museum Seebüll im Norden Schleswig-Holsteins auf jeden Fall eine Reise wert. Die neue Ausstellung im früheren Wohn- und Atelierhaus des Künstlers widmet sich dem spannenden Wechselspiel zwischen Stadt und Land bei Nolde und belegt einmal mehr, welch fantastischer Kolorist der Maler war.
"Emil Nolde: Malermensch in Berlin", Nolde Museum Seebüll, Neukirchen, bis 31. Oktober

Emil Nolde "Publikum im Cabaret", 1911
Robert Lebeck in Stade
Robert Lebeck (1929-2014) hatte ein Gespür für die leisen Momente. Ob Alfred Hitchcock, Elvis Presley oder Romy Schneider - der Berliner Fotograf hielt Momente im Alltag der prominenten Persönlichkeiten fest. Manchmal begleitete er sie einige Zeit, um unbeobachtete Momente einzufangen. Immer standen die Menschen im Mittelpunkt, er wollte die persönliche Geschichte hinter dem medialen Außenbild erzählen. Das Kunsthaus Stade zeigt jetzt bis 21. September die Ausstellung "Robert Lebeck - Hierzulande".
Das Kunsthaus trug rund 150 Werke aus Lebecks Bildserien über Deutschland aus den Jahren 1955 bis 1983 zusammen. In seiner frühesten Reportage fotografiert er Kriegsheimkehrer aus russischer Gefangenschaft. Die Fotos zeigen Männer, Frauen und Kinder - in ihren Gesichtern die Schrecken des Krieges. Weitere Themen wie seine Hamburg-Serie entstanden nachts um halb eins auf St. Pauli oder zeigen Karnevalsgäste und Straßenmusikanten.
Lebeck wurde am 21. März 1929 in Berlin geboren und entschloss sich nach dem Studium der Völkerkunde für die Fotografie. Mehr als 30 Jahre reiste er für das Magazin "Stern" um die Welt, unterbrochen von der Zeit als Chefredakteur von "Geo". Er bekam einige renommierte Preise. Lebeck machte sich auch als Sammler alter Fotografien einen Namen. Er starb 2014 in Berlin.
"Robert Lebeck - Hierzulande", Kunsthaus Stade, bis 21. September

Robert Lebeck "Romy Schneider mit Vadim Glowna am Set", 1976
Körper in der Kunst in Wolfsburg
Zeitgenössische Kunst darf gern Konventionen sprengen, aber auch Ausstellungskonzepte können aus dem Rahmen des Gewohnten treten. Im Kunstmuseum Wolfsburg darf sich das Publikum lustvoll in ein fluides, aus Sammlungsexponaten verquirltes all-over stürzen, voller Spiegelgänge, Lichtspiele und interaktiver Stationen. Die Betrachtenden werden zu Mitspielern im Ausstellungsgeschehen, das höchst individuelle Zugänge und Parcours erlaubt. Ob wir mit oder gegen den Strom schwimmen, steht uns frei. Werke etwa von Ólafur Elíasson, Jeppe Hein, Sarah Morris, Elizabeth Peyton, Tobias Rehberger, Cindy Sherman und James Turrell werden durch neue Positionen aus der Sammlung ergänzt, darunter Nairy Baghramian, Christian Falsnaes, Janette Laverrière, Lienhard von Monkiewitsch oder Thomas Grünfeld.
"Freischwimmen. Köpper in die Kunst!", Kunstmuseum Wolfsburg, bis 28. September

Robert Lebeck "Mutter und Tochter auf dem Bootssteg", aus der Serie "Das Glück der geschiedenen Frauen, 5. Juni 1968", 1968