Charlie Stein in Andratx auf Mallorca
Die Berliner Malerin Charlie Stein setzt sich in ihrer Kunst mit einer Welt auseinander, in der alle digital vernetzt sind, echte Berührung zwischen Menschen jedoch selten geworden ist. Es geht um verführerische Oberflächen, die veränderte Wahrnehmung von Körpern und um Momente der Fragilität und Intimität.
Nun zeigt Stein ihre Arbeiten in der Kunsthalle CCA in Andratx, rund 30 Minuten von der mallorquinischen Hauptstadt Palma entfernt. Der Titel "Everything Not Saved Will Be Lost" ist eigentlich eine Warnung alter Nintendo-Konsolen, steht hier aber auch für eine Erinnerung an die Vergänglichkeit von Technologie und Beziehungen. Wer neben der Kunst noch andere "echte" Erfahrungen machen will, findet im CCA Andratx auch einen großen Garten mit Zitronen, Orangen und Oliven.
"Charlie Stein: Everything Not Saved Will Be Lost", Kunsthalle CCA, Andratx, Mallorca, 4. Oktober bis 20. Dezember, Eröffnung, Freitag, 3. Oktober, 17 bis 20 Uhr
Charlie Stein "Encrypted Bodies, Opposites", 2025
Deutscher Impressionismus in Baden-Baden
Der Begriff Impressionismus entstand ursprünglich als abwertende Bezeichnung für den rebellischen Impuls französischer Künstler. Diese weigerten sich in den 1860er Jahren, die Realität zu kopieren oder zu idealisieren. Stattdessen machten sie die Wahrnehmung und ihre subjektive Umsetzung auf der Leinwand zum Mittelpunkt ihres künstlerischen Ausdrucks. Bald wurde dieses Schimpfwort jedoch zu einem Sammelbegriff für eine ganze Kunstrichtung, die zu einem globalen Phänomen wurde.
Die neue Ausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden widmet sich der spezifischen Rezeption des Impressionismus von deutsche Künstlern. Außerdem geht es um den Kontext, in dem das neue Weltbild auf die nationale Kunsttradition traf. Besonderes Augenmerk liegt auf der Malerei von Max Liebermann – einer Schlüsselfigur der deutschen Bewegung. Seine Szenen aus dem "Hier und Jetzt" faszinieren durch eine handwerklich erzeugte Illusion von Spontaneität.
Neben Liebermann sind in der Ausstellung Werke von Lovis Corinth, Philipp Franck, Dora Hitz, Gotthardt Kuehl, Sabine Lepsius, Maria Slavona, Max Slevogt, Eva Stort und Fritz von Uhde zu sehen. Organisiert in Kooperation mit dem Museum Barberini in Potsdam, vereint sie rund 100 Meisterwerke des deutschen Impressionismus – einer Strömung, die heute bei den meisten Menschen positive Gedanken auslösen dürfte.
"Impressionismus in Deutschland. Max Liebermann und seine Zeit", Museum Frieder Burda, Baden-Baden, bis 8. Februar 2026. Öffentliche Führung: 3. Oktober, 11 Uhr
Max Liebermann "Simson und Delila", 1902
Familie im Fokus in Berlin
Seit den 1960er-Jahren hat sich der Fokus der Geisteswissenschaften zunehmend von der Betrachtung staatlicher Institutionen und großer Gemeinschaften hin zur Untersuchung kleinerer Gruppen und deren Alltagserfahrungen verlagert. In diesem Wandel wird die Familie zum besonderen "Forschungsobjekt", das verschiedene Disziplinen wie Geschichte, Kulturwissenschaft, Anthropologie, Ethnografie und Psychologie miteinander verbindet. Das neue Jahresprogramm "Beziehungsweise Familie" des Berliner Humboldt Forums widmet sich der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Phänomens und streift auch Themen wie Pflege, Trauma, Erinnerung, Gender und Migration.
Das Programm, das an diesem Wochenende mit einem Festival beginnt, umfasst Ausstellungen, Performances, Diskussionen, Workshops, Führungen sowie künstlerische und tänzerische Interventionen im gesamten Haus. Temporäre Ausstellungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst zeigen die besondere Rolle der Sprache als Instrument der Wissensvermittlung und Verwandtschaft. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf bedrohten Sprachen, die durch koloniale Gewalt verdrängt wurden und heute noch auf Familienebene existieren.
Im Rahmen des Programms wurde zudem die Publikation "Beziehungsweise Familie. Globale Geschichten von Bindung, Bruch und Zugehörigkeit" veröffentlicht, die Beiträge aus Kunst, Wissenschaft, Journalismus und Familienarchiven versammelt.
"Beziehungsweise Familie", Humbold Forum, Berlin, bis 12. Juli. Thementage "Care und Chaos", 3. bis 5. Oktober, jeweils 10 bis 20.30 Uhr
Fotos zum Themenschwerpunkt "Beziehungsweise Familie"
Beverly Buchanan in Berlin
Sie redete nicht von "Kunst", sprach einfach von "making things", und dass sie schon immer Dinge hergestellt hatte. Die Afroamerikanerin Beverly Buchanan wurde 1940 in North Carolina geboren und starb 2015 in Ann Arbor, Michigan. Nun zeigt das Haus am Waldsee in Berlin-Zehlendorf die erste Überblicksschau der Künstlerin in Deutschland. Zu sehen ist eine beeindruckende Vielfalt von Materialien und Medien, wobei das Improvisatorische und Flüchtige dieser Kunst zuerst ins Auge fällt. Prägend für die Ausstellung sind die shacks, die behelfsmäßigen Holzhütten aus armen Gegenden.
Buchanan beschäftigte sich intensiv mit diesen Baracken und den prekären Lebensbedingungen der Bewohner. Sie zeichnete die Bauten, die auf ihren Blättern wie humanoide Figuren aussehen, baute sie en miniature und schuf 1990 eine lebensgroße Version – "South Inside Out" –, die neben den kleinen Holzskulpturen in der Ausstellung zu sehen ist. Der Titel "Weathering" spielt auf die Verwitterung an, das Verschwinden der Dinge im Wechsel der Gezeiten und Jahreszeiten, Zerfallsprozesse, die Buchanan bewusst in ihre Praxis einbezog. So pflanzte sie Skulpturen in die Landschaft, die nicht für die Ewigkeit gemacht waren, deren Verschwinden vielmehr einkalkuliert war.
Die Auflösung des Materiellen – auch der menschlichen Physis unter erschwerten Bedingungen – verknüpfte Buchanan mit Fragen von Rassismus und Diskriminierung. Es geht um strukturelle Gewalt, von der auch die Künstlerin betroffen war und die in den USA und anderswo ein brennendes Thema bleibt. Ergänzend hat Ima-Abasi Okon Werke zur Ausstellung beigetragen, so hat die in Amsterdam und London lebende Künstlerin Pflanzenzeichnungen ihrer verstorbenen Kollegin zusammengestellt und sämtliche Wände mit einem gelblichen Gemisch aus Bienenpollen und Wasser gestrichen. Der Duft der Räume hätte Beverly Buchanan bestimmt gefallen.
Beverly Buchanan "Weathering", mit Ima-Abasi Okon, Haus am Waldsee, Berlin, bis 1. Februar 2026
Beverly Buchanan 1976
"Osten vom Westen" in Berlin
In seiner Gesprächsreihe "Osten vom Westen", die in schriftlicher Form bei Monopol Online erschienen ist, unterhält sich der Kurator, Moderator und Musiker Jan Kage mit Künstlerinnen und Künstlern, die in der ehemaligen DDR sozialisiert wurden. Nun eröffnet die Ausstellung zur Serie im Berliner Kunstraum Schau_Fenster.
Dort sind Arbeiten aus der Zeit vor und nach 1989 zu sehen, die sich mit Transformation, Familiengeschichten und den Nachwirkungen totalitärer Systeme beschäftigen. Dabei sind Arbeiten von Beate Düber, Else Gabriel, Hans-Hendrik Grimmling, Sabine Herrmann, Leon Kahane, Klaus Killisch, Jan Kummer, Via Lewandowsky, Andreas Mühe, Andrea Pichl, Thomas Scheibitz und Christian Thoelke. Wer mehr zu deren Blick auf die DDR und das wiedervereinigte Deutschland erfahren will, kann die Interviews zu "Osten vom Westen" hier nachlesen.
"Osten vom Westen", Schau_Fenster, Berlin, bis 9. November. Eröffnung: Freitag, 3. Oktober, 19 Uhr, Performance am Moritzplatz ab 18 Uhr
"Osten vom Westen", Berlin, 2025
Heinrich Reinhold und Otto Dix in Gera
Nach einer mehrwöchigen Schließung öffnet das Otto-Dix-Haus in Gera am Sonntag, 5. Oktober, seine Türen für eine neue Ausstellung mit Werken von Otto Dix und Heinrich Reinhold. Die Schau mit dem Namen "Von Nah und Fern" konzentriert sich dabei auf Landschaftsbilder der beiden in Gera geborenen Künstler. Reinhold gelte als einer der wichtigsten deutschen Maler im Rom des frühen 19. Jahrhunderts, so die Kunstsammlungen Gera. Bis zu seinem Tod in der italienischen Stadt im Jahre 1825 konzentrierte er sich hauptsächlich auf Naturstudien und Landschaftsmalereien und genoss bereits zu Lebzeiten ein hohes Ansehen unter seinen Zeitgenossen.
Dix' Schaffen ist nicht unbedingt für diese Art von Malerei bekannt. Landschaftsbilder finden sich laut den Kunstsammlungen Gera vor allem im Früh- und Spätwerk des Künstlers, während sich sein Stil über die Jahre immer wieder änderte. Bekannt wurde Dix vor allem für seine Werke, die Kriegserfahrungen und Gesellschaftskritik verarbeiteten sowie für seine grotesken Porträtbilder. Als einer der wichtigsten Vertreter der "Neuen Sachlichkeit" wurde seine Kunst von den Nationalsozialisten diffamiert. Kurz nach deren Machtübernahme verlor er seine Professur an der Akademie der bildenden Künste in Dresden und floh mit seiner Familie an den Bodensee. Nachdem das Großstadtmilieu zuvor wichtige Inspirationsquelle für ihn war, kehrte er dort zur Landschaftsmalerei zurück.
Die neue Ausstellung lade nun ein, "einen faszinierenden Dialog von Naturauffassungen aus unterschiedlichen Epochen und Perspektiven" zu erleben, heißt es weiter. Zu sehen sind die ausgewählten Arbeiten aus dem Sammlungsbestand der Kunstsammlungen Gera. (dpa)
"Von Nah und Fern. Landschaftsbilder von Heinrich Reinhold und Otto Dix", Otto-Dix-Haus, Gera, bis 25. Januar 2026. Eröffnung: Sonntag, 5. Oktober ab 11 Uhr
Heinrich Reinhold "Wolkenstudie"
"Fünf Freunde" in Köln
Erzählt wird die Geschichte eines einflussreichen, aber übersehenen Netzwerks von fünf Künstlern. Während John Cage, Merce Cunningham, Jasper Johns, Robert Rauschenberg, Cy Twombly einzeln große Anerkennung erfahren haben, sind ihre gegenseitigen Einflüsse, ihre freundschaftlichen, künstlerischen und romantischen Beziehungen, bisher kaum erforscht. Die große Schau, die nach dem Münchener Museum Brandhorst nun im Museum Ludwig in Köln gezeigt wird, beleuchtet den theoretischen Einfluss von Cage auf Rauschenberg und Twombly, zeigt die Bühnenbilder von Johns und Rauschenberg für die Merce Cunningham Dance Company und behandelt den Kunstdiskurs zwischen Twombly, Rauschenberg und Johns.
"Fünf Freunde. John Cage, Merce Cunningham, Jasper Johns, Robert Rauschenberg, Cy Twombly", Museum Ludwig, Köln, bis 11. Januar 2026. Konzert "Music of John Cage": 3. Oktober, ab 19 Uhr
Robert Rauschenberg "Axle", 1964
Virgil Abloh in Paris
Der Einfluss von US-Designer Virgil Abloh auf Mode, Kunst und Musik war grenzenlos - nun ist er in Paris zu sehen. Über 700 Exponate aus zwei Jahrzehnten zeigen das vielseitige Werk des Multitalents. Von den wegweisenden Arbeiten seiner Marke Off-White über Nike-Sneaker und Louis-Vuitton-Anzüge bis hin zu Ikea-Möbeln und Album-Covern: ein kreatives Universum ohne Limit - und laut Organisatoren die größte Virgil-Abloh-Retrospektive Europas.
Die zahlreichen Exponate, vom persönlichen Fundus bis zu ikonischen Entwürfen, erzählen die Geschichte eines Designers, der Grenzen sprengte - nicht nur, weil er eine Mischung aus High Fashion und Street Style auf die Laufstege brachte. Die Schau zeigt Ablohs Arbeit mit zahlreichen interdisziplinären Partnern – inklusive Colette, dem legendären Pariser Concept Store (1997-2017), der für die Ausstellung rekonstruiert wurde und einst als globale Trendplattform und Pilgerort für Kreative galt.
Abloh wurde am 30. September 1980 geboren. Er war der erste Afroamerikaner, der bei einem französischen Luxusmodehaus (Louis Vuitton) die künstlerische Leitung übernahm. Er starb 2021 mit 41 Jahren an einem seltenen Herztumor. Seine Skizzen, Prototypen und Ideen bewahrte Virgil Abloh sorgfältig - ein reiches Erbe, das unter dem Titel "The Codes" zu bestaunen ist. Die erweiterte Version der 2022 in Miami gezeigten Schau ist noch bis zum 10. Oktober zu sehen. (dpa)
"Virgil Abloh : The Codes", Grand Palais, Paris, bis 10. Oktober
Virgil Abloh auf der Benefizgala des Costume Institute, Metropolitan Museum of Art, 2021
Wolfgang Joop in Potsdam
Wolfgang Joop ist längst nicht nur ein Modedesigner - eine Ausstellung über sein Lebenswerk zeigt von Samstag, 4. Oktober, an in Potsdam die vielen Talente des Künstlers. Auf meterhohen Videoprojektionen sind seine Kollektionen auf Laufstegen in Paris oder Mailand zu sehen. Aber auch mehr als 200 Bilder und Skulpturen, die Engel und Affen als wiederkehrende Motive zeigen, hängen in der Galerie.
Macher der Ausstellung ist sein Lebenspartner Edwin Lemberg. Es sei mutig und neu, Kunst mit Mode so zu vermischen, sagte er. Joop zählt mit Karl Lagerfeld, der 2019 starb, und Jil Sander zu den erfolgreichsten deutschen Modemachern. Er arbeitete mit Topmodels wie Nadja Auermann und Claudia Schiffer. Lange vorher begann er mit dem Malen: Er ahmte etwa flämische Stillleben in Öl und barocke Putten nach - Werke, die in der Ausstellung zu sehen sind. "Ich würde mich eingesperrt fühlen, wenn ich nur Modemacher wäre oder nur Skulpteur oder Zeichner", sagte Joop bei RBB-Inforadio und bezeichnete sich selbst als "bescheidenen Exzentriker".
Die Ausstellung "Wolfgang Joop im Kunstraum" soll auch ein Geschenk an Joops Heimat Potsdam sein, wo er geboren wurde. Nach Stationen etwa in Hamburg und New York lebt er wieder am Ort seiner Kindheit ganz in der Nähe von Park Sanssouci. "Vieles, was ich geschaffen habe, trägt auch etwas von dieser Stadt in sich", sagte Joop laut einer Mitteilung der Stadt zum Start der Ausstellung am Samstag. (dpa)
"Wolfgang Joop im Kunstraum", Kunstraum Potsdam, 4. Oktober bis 18. November
Überdimensionale Displays zeigen Modeentwürfe des deutschen Modedesigner Wolfgang Joop