Eröffnungen am ersten Oktober-Wochenende

Wohin diese Woche?

Danh Vo: „JULY, IV, MDCCLXXVI“
Ein wahnwitziges Projekt: Der 1975 in Vietnam geborene und in Dänemark aufgewachsene Künstler Danh Vo hat eine exakte Kopie der Freiheitsstatue produziert, die er im Kasseler Fridericianum präsentiert – 31 Tonnen Kupfer, Originalverfahren, Originalgröße. Die Zwillingsschwester von Miss Liberty wird allerdings in Teilen gezeigt, „ohne die Stützstruktur im Inneren“, wie Danh Vo in der Monopol-Septemberausgabe verriet. „Wir folgen den logistischen, praktischen Regeln, die der Prozess selbst mit sich bringt“, betonte der Künstler. Im Zentrum der Arbeit stehen Finanzierung, Logistik, Machbarkeit. Seine konzeptuelle Strategie birgt ein komplexes politisches wie poetisches System, mit dem Danh Vo Kunst und Leben scharfsinnig miteinander verknüpft.
Kunsthalle Fridericianum, Kassel, 1. Oktober bis 31. Dezember, Vernissage: 30. September, 19 Uhr

„Atlas”
Die umfangreiche Schau „Atlas“ versammelt künstlerische Strategien und Praktiken, die auf den Kunsttheoretiker Aby Warburg (1899-1929) zurückgehen. Im Zentrum steht Warburgs berühmter „Mnemosyne“-Atlas, dazu sind Zeichnungen, Gemälde, Fotografien, Filme und Künstlerbücher von Francisco de Goya, Josef Albers, Matt Mullican und über 100 weiteren Künstlern zu sehen. Künstler tragen, laut Ausstellungsthese, die Welt auf dem Rücken, das heißt: Sie schauen auf die Welt, ohne herkömmlichen Wissensstandards zu folgen. Einer von ihnen ist Thomas Greve, der als Kind in Auschwitz interniert war und dort Lageralltag und SS-Terror zeichnete. Die von Georges Didi-Huberman konzipierte Ausstellung war zuvor im Reina Sofia, Madrid, und im Karlsruher ZKM zu sehen. In der Sammlung Falckenberg wird „Atlas“ um Arbeiten von Victor Burgin, Hanne Darboven oder Thomas Ruff ergänzt.
Sammlung Falckenberg, Hamburg-Harburg, 1. Oktober bis 27. November, Vernissage: 30. September, 19 Uhr

Gerwald Rockenschaub: „If I ever had the chance again, I’d probably do the same“
Glatte Oberflächen, klare Formen, knallige Farben – Gerwald Rockenschaubs Kunst ist fast so minimalistisch wie die Musik, die er als DJ auflegt. Der 1952 geborene Österreicher wurde in den 80er-Jahren für seine kleinformatige, kühl komponierte Malerei bekannt. Heute schafft er komplexe Rauminterventionen aus Plexiglas oder PVC. Zuletzt zeigte der Wahl-Berliner eine 70 Meter lange, von Piktogrammen übersäte Wand in Wolfsburg. Einige der Icons hat Rockenschaub auf lackiertes Holz übertragen. Die so entstandenen Wandobjekte sind nun in Salzburg zu sehen, gemeinsam mit 2011 gefertigten MdF-Skulpturen.
Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg, 1. Oktober bis 26. November, Vernissage in Anwesenheit des Künstlers: 1. Oktober, 19 Uhr

„I hate Paul Klee“
Der US-Minimalist Walter de Maria wird wohl nichts persönlich gegen Paul Klee haben. Mit seinem Künstlerbuch „I hate Paul Klee“ setzt sich de Maria von dessen Kunstlehre ab. Dazu sind im Dürener Leopold-Hoesch-Museum weitere Künstlerbücher und Papierarbeiten von Marcel Broodthaers, James Lee Byars, Martin Kippenberger, Pierre Klossowski, Jan Kounellis, Albert Oehlen, Sigmar Polke und anderen zu sehen. Sie stammen aus der Sammlung des Kölner Mediziners Reiner Speck. Mit seiner Bibliothek und Dokumentensammlung zu Proust und Petrarca hat Speck Maßstäbe gesetzt und parallel dazu eine einzigartige Sammlung der Gegenwartskunst aufgebaut.
Leopold-Hoesch-Museum Düren, 2. Oktober bis 20. November 2011, Vernissage: 2. Oktober, 12 Uhr

Friedrich Seidenstücker: „Von Nilpferden und anderen Menschen“
Ein halbes Jahrhundert lang besuchte er fast täglich den Berliner Zoo und bannte Tiere wie Besucher gleichermaßen auf Zelluloid: kecke Walrosse, gähnende Nilpferde, Kinder beim Eis essen. Die Tierstudien und Alltagsaufnahmen von Friedrich Seidenstücker, der 1904 als junger Mann in die Hauptstadt zog, begeistern noch heute mit ihrem Humor und Einfühlungsvermögen. Doch der 1966 verstorbene Fotograf dokumentierte nicht nur die Sonnenseiten Berlins: Auch Bettler, Arbeitslosenspeisungen und Kriegszerstörungen finden sich in seinen Bildern wieder – Seidenstückers optimistischer Grundtenor aber bleibt erhalten. Das Lebenswerk des gebürtigen Westfalen würdigt die Berlinische Galerie ab diesem Wochenende mit einer großen Retrospektive.
Berlinische Galerie, 1. Oktober bis 6. Februar 2012, Vernissage: 30. September, 19 Uhr

5. Vienna Design Week
Im letzten Jahr leuchteten sie gelb, 2011 sind sie rot, aber es sind immer noch bunt lackierte Stühle, die die Locations der Vienna Design Week markieren. Die fünfte Ausgabe des Festivals nimmt die Wiener Leopoldstadt in den Fokus und präsentiert österreichisches wie internationales Produkt-, Möbel- und Industriedesign. Polen ist das Schwerpunktland der zehntägigen Veranstaltung, die im letzten Jahr 26.000 Besucher anzog. Mit über 100 Projekten – Ausstellungen, geführten Touren durch den Festival-Bezirk, Installationen, Talks und einem Programm für Kinder – will die Vienna Design Week 2011 noch mehr Gäste anlocken. Dafür müssen sich die Produkt- und Grafikdesigner in der Sektion „Labor“ auch schon mal beim Arbeiten über die Schulter schauen lassen.
5. Vienna Design Week, 30. September bis 9. Oktober