Ausstellungstipps

Wohin im Juli?

Susan Philipsz: „Seven Tears“
Von dieser Ausstellung kann es kein Foto geben – nur die leere Halle des Ludwig Forums, wo Susan Philipsz ihre Klanginstallation „Seven Tears“ präsentiert. Die Turner-Preisträgerin von 2010 vereint sieben a capella gesungene Musikstücke aus dem 16. und 17. Jahrhundert zu einer raumgreifenden Arbeit. Ihr Titel bezieht sich direkt auf John Dowlands Lied „Lachrimae or Seven Tears“ (1604), in dem das Bild einer einzigen fallenden Träne beschworen wird. Aachen als „Stadt des Wassers“ ist der passende Ort für die ortsspezifisch ausgerichtete Arbeit der schottischen Künstlerin. Und: Susan Philipsz, passionierte Choristin, singt selbst.
Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen, 10. Juli bis 18. September

„Once Upon a Time“
Mit ihren skurrilen Raumzellen schafft Mika Rottenberg ein Gegengewicht zur Entmenschlichung der Massenproduktion. Janaina Tschäpe bannt historische Schrecken mit grotesken Fabelwesen, die ihre Videos und Fotoarbeiten bevölkern. Und Cao Fei begegnet dem real existierenden Kapitalismus ihrer chinesischen Heimat mit utopischen Erzählungen. Die Videoinstallationen und Einkanalarbeiten von insgesamt sechs Künstlern, darunter auch Francis Alÿs und Pierre Huyghe, erzählen von Wirklichkeit, indem sie sich in Fabeln, Mythen und Märchen hüllen. Die aus der Sammlung des Solomon R. Guggenheim Museum stammenden Arbeiten beflügeln die Fantasie – wobei sich der Beruhigungseffekt von Gutenachtgeschichten kaum einstellen dürfte.
Deutsche Guggenheim, Berlin, 8. Juli bis 9. Oktober

„Human Frames“
Glück, Begierde, Wahnsinn, Fanatismus, Angst, Ärger, Isolation und Melancholie sind die Themen der Ausstellung „Human Frames“. In Anlehnung an die antike Temperamentenlehre reiht die Schau zehn Kunstfilmprogramme in die Bildgeschichte menschlicher Expression ein. Die insgesamt 77 Filmemacher und Videokünstler aus Asien und Europa leisten Widerstand gegen die Nüchternheit von Gesellschaften, die dem Individuum mit seinen Eigenheiten immer weniger Raum gewähren. Die Alternative zu medialem Einheitsbrei und Effizienzgebot sind gewagte Bild- und Tonexperimente, die sich zu einem Porträt der Menschheit vereinen.
KIT — Kunst im Tunnel, Düsseldorf, bis 24. Juli

Bruce Nauman: „Der wahre Künstler“
In pinkfarbenen Neon-Lettern schrieb Bruce Nauman 1967 den Satz: „Der wahre Künstler hilft der Welt durch die Enthüllung mystischer Wahrheiten.“ Ob er selbst daran glaubt, hat Nauman stets offengelassen. Weil er im Dezember 70 wird, feiert die Kunsthalle Mannheim den Künstler mit einer Retrospektive. Zu den Höhepunkten der aus verschiedenen Werkgruppen zusammengestellten Schau zählt die „Corridor Installation“ von 1970, die den Besucher zu irritierenden Empfindungen zwingt. Auf einem Monitor verschwindet das eigene Bild, als würde man gelöscht. Durch Naumans Environments muss man buchstäblich durch – um am Ende um einige Erfahrungen reicher zu sein.
Kunsthalle Mannheim, bis 21. August

Lina Kim und Michael Wesely: „Archiv Utopia. Das Brasilia-Projekt“
Brasilia. Ein Mythos. Eine architektonische Meisterleistung. Sieben Jahre lang, von 2003 bis 2009, durchstöberten Lina Kim und Michael Wesely die Archive und ließen sich von 100 000 Fotografien der am Reißbrett geplanten Stadt inspirieren. „Archiv Utopia“ nennen die Brasilianerin mit koreanischen Wurzeln und der Münchner das Projekt, das Archivaufnahmen mit eigenen Fotos kombiniert. Kim und Wesely arbeiten mit extrem langen Belichtungszeiten und verstärken mit der diffusen Beleuchtung noch den utopischen Charakter der Hauptstadt. Bis zum 9. Juli sind Fotos von Michael Wesely auch in der Berliner Galerie Fahnemann Projects zu sehen.
Kunsthalle zu Kiel, bis 28. August

Maria Zerres: „Dylan Paintings“

„Wer immer es ist, den ihr sucht, ich bin es nicht“, hat Bob Dylan einmal gesagt. Es ist schwer, den Poeten mit der Säuselstimme mit Worten zu porträtieren. Die deutsche Künstlerin Maria Zerres (Jahrgang 1961) hat es mit Bildern versucht. Ihre „Dylan Paintings“, für die sie sich von den biografischen und musikalischen Facetten aus dem Leben und Werk Dylans inspirieren ließ, lohnen für Besucher der Venedig-Biennale einen Abstecher in den Palazzo. Mit dicken, kraftvollen Pinselstrichen und großzügigen Farbkritzeleien bleibt Maria Zerres ihrer expressiven Haltung treu, doch bei aller Intensität ist ihr Blick auf Bob Dylan von Leichtigkeit und Intimität geprägt.
Palazzo Donà Dalle Rose, Venedig, bis 25. September

Rodney Graham: „Vignettes of Life“

Rodney Graham ist überall. Der kanadische Künstler liebt die Cameo-Auftritte in seinen Filmen, Fotos und Installationen – als eine Art Alec Guinness der Kunst, ein Mann der tausend Gesichter. Die Leuchtkastenarbeit „The Leaping Hermit“ (Bild) zeigt ihn als zottelbärtigen, in der Luft schwebenden Bohemien, Ikonografie und Dreiteilung des Bildes erinnern an einen Grünewald-Altar. Zentral bei Graham ist das Reflektieren medialer Prinzipien. In einem neuen Film erforscht er den Kuleschow-Effekt, der auf der Assoziation willkürlich montierter Einstellungen beruht. Graham raucht Pfeife, dann der Schnitt auf blubbernde Bläschen in einem Waschbecken – und automatisch beziehen wir die Vorgänge aufeinander.
Hauser & Wirth, Zürich, bis 30. Juli