Täuscht der Frieden? Eine Sammlung, die dem Prinzip Collage verpflichtet ist, stellt man sich jedenfalls vielblättriger, dschungelmäßiger, lauter vor. Im größten Raum der About Change Collection träumen zwei Bodenarbeiten vor sich hin. Wie spartanische Kinderbetten wirken die Holzpaletten, auf denen gefaltete Wolldecken liegen: eine Hommage der Künstlerin Helen Mirra auf den Dichter Robert Walser, der tot auf einem schneebedeckten Weg gefunden wurde.
Aufs Dichten und Denken konzentriert sich die vierte Gruppenausstellung im Showroom der Sammlerin Christiane zu Salm – und weniger auf visuelle Opulenz. Wer Glanz will, muss aus der Nähe in die kleinen, lyrischen Collagen von Andro Wekua „eintreten“. In dieser Ausstellung sind Wekuas Arbeiten Ausnahmen, weil sie tatsächlich mit Schere und Klebstoff entstanden sind. Ansonsten gilt: Collage ist Metapher. Sie fungiert als zeitgenössische Leitfigur für eine vom Fragmentarischen geprägte Wirklichkeit. Sind wir denn nicht alle reichlich sprunghafte Wesen?
Andererseits sind die „Word Wraps“ (zu Deutsch: Zeilenumbrüche), die der Ausstellungstitel zitiert, aber auch unumgänglich für den Lesefluss – und so hebt die Schau immer wieder das Produktive am Disparaten hervor. Vincenzo Latronico generiert 32 768 Kurzgeschichten, die aus bloß acht Grundsequenzen gefügt sind. Fesselnd ist Jordan Wolfsons 16-mm-Film über die Brüchigkeit von Wahrnehmung und Erinnerung, mit dem der junge Künstler an Michael Snows Experimentalfilmklassiker „Wavelength“ anknüpft. Von einer Jacht aus lässt eine Frau Früchtestillleben ins Wasser wehen. Ein Zoom enthüllt, dass diese Szene über einen Flachbildschirm in einem Wohnzimmer flimmert.
1967 ließ Snow die Kamera kontinuierlich auf ein Foto zufahren, das eine Wasseroberfläche zeigte. Wolfson dagegen zerhackt die Bewegung mit harten Schnitten. Also doch: Hektik beherrscht die Dekade der Collage.
About Change Collection, Berlin, bis Januar 2010, Besuch nur nach
Voranmeldung, Kontakt über: www.aboutchangecollection.com