Jackson Pollock

"Zeitlos wie Picasso"

Er trank und fluchte, betrog seine Frau und benahm sich wie ein Hinterwäldler - und war einer von Amerikas größten Künstlern. Jackson Pollock hat die Malerei mit seinen Bildern und vor allem seiner Technik revolutioniert

Jackson Pollock gehörte zu den größten Malern des 20. Jahrhunderts und etablierte eine eigenständige amerikanische Kunst. "Sein Einfluss war extrem", sagte die Pollock-Expertin des New Yorker Guggenheim-Museums, Susan Davidson, der Nachrichtenagentur dpa. "Es ging in den USA los, aber dann in die ganze Welt. Das, was er gemacht hat, war einfach neu. Mit ein paar Bildern hat er sich von allem Traditionellen verabschiedet. Und der Einfluss war so groß, das viele heute gefeierte moderne Künstler ohne ihn undenkbar wären."

Pollock wuchs als Farmersöhne in Cody, Wyoming, auf, einem Städtchen tief in der amerikanischen Provinz. Vater LeRoy legte Wert auf Bildung und Kultur und so wurden gleich zwei seiner Söhne Künstler: Der älteste, Charles, entwickelte sich zu einem namhaften Expressionisten. Und der jüngste, Paul Jackson, krempelte die Kunstwelt um. Er hat nur ein paar Jahre gemalt, bis er sich endgültig in die Arbeitsunfähigkeit getrunken hatte. Aber das genügte, um der erste amerikanische Maler zu sein, der auch die Kunst in Europa prägte.

Es war Pollocks Technik. Er malte nicht, sondern er spritzte, tropfte, schmierte, schüttete, spachtelte die Farbe auf die am Boden liegende Leinwand. "Action Painting" nannte er das, wenn er sich über die Bilder beugte, bis die Farbe so dick aufgetragen war, dass das Bild manchmal eher einem Relief glich.

 "Noch heute sagen viele: 'Das kann mein Kind auch'", sagt Davidson. "Aber haben Sie es mal probiert? Einen 'Pollock' zu machen ist wahnsinnig schwer. Es ist unglaublich, wie er die Farben aufgetragen und komponiert hat. Aber erst, wenn man sich in die Bilder, diese Struktur vertieft, erfährt man ihre ganze Komplexität."

Mehr als nur ein Bildermacher
Der Zeitgenosse und Kollege Barnett Newman erkannte in Pollocks Arbeiten einen "revolutionären Kern, der sich durch sein Werk zieht und es zu Leben erweckte."  Dass Pollock mehr war als nur ein großer "Bildermacher", kann man in einer durch die Zeitschrift "Art News" 1967 - elf Jahre nach dem Tod des Malers - initiierten Textsammlung lesen. 18 Künstler wurden damals anlässlich der Pollock-Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) eingeladen, sich in einem Symposium zu ihrem Kollegen, Freund und Vorbild zu äußern. Neben Newman beschreiben Künstler wie Robert Motherwell, Alex Katz oder Jane Freilicher Pollocks Wirkung.

Und natürlich geht es auch in diesem Band um dessen heftiges Leben, das auch auf seine Arbeit zurückstrahlte. In einem Vowort zur Textsammlung beklagte sich Thomas B. Hess damals über die "auf oberflächliche Schlagworte versessenen Journalisten, die dem gängigen Pollock-Bild des Verrückt-Unschuldigen, des Cowboy-Genies, des Edlen Wilden ihre Freude haben - einem Klischee, das bis heute ideologische Nahrung von europäischen Autoren hält."

Pollocks Alkoholsucht war so dramatisch, dass er mit 40 kaum noch malte. Der New Yorker Galerist Sidney Janis musste eine geplante Ausstellung in Retrospektive umbenennen, weil es einfach keine neuen Bilder von dem gefeierten, aber ständig sturzbetrunkenen Maler gab. 1955 war es ganz vorbei mit dem Malen. Eine Europareise seiner Frau, der Künstlerin Lee Krasner, war mehr eine Flucht. Pollock nahm sich eine Geliebte, trank - nur malen konnte er nicht mehr.

"Seine Stellung wird er nie verlieren"
Im August 1956 fuhr Pollock mit der Geliebten und einer Bekannten beim Örtchen Spring auf Long Island herum. Hier an der Westspitze der Insel, deren Ostspitze den größten Teil der Stadt New York bildet, hatten er und Krasner Haus und Atelier. Der 44-Jährige war schon oft betrunken gefahren, doch diesmal überschlug sich das Cabriolet. Die Geliebte überlebte, doch ihre Freundin starb - und Pollock.

"Jack the Dripper", "Jack, den Tropfer", nannte zwei Jahre später "Time" den revolutionären Maler. Noch heute sei der Künstler unglaublich präsent, meint Guggenheim-Expertin Davidson. "Pollock ist zeitlos wie Picasso. Er wird immer wiedererkannt. Es gibt gewisse Künstler, die ewig sind: Leonardo, Rembrandt, Picasso - und auch Pollock. Diese Stellung wird er nie verlieren."