"Geschmacklos, taktlos, pietätlos"

Kritik an jüngster Aktion des Zentrum für Politische Schönheit

Installation des Zentrums für Politische Schönheit im Berliner Regierungsviertel
Foto: Patryk Witt / Zentrum für Politische Schönheit

Installation des Zentrums für Politische Schönheit im Berliner Regierungsviertel

Die sogenannte Gedenkstätte des für seine umstrittenen Aktionen bekannten Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat Kritik vom Zentralrat der Juden provoziert

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, erklärte dazu am Dienstag: "Die jüngste Aktion des Zentrums für Politische Schönheit soll provozieren, ist aber tatsächlich nur geschmacklos, taktlos und pietätlos."

An der Stelle, die das ZPS für seine Aktion gewählt hat, hatten die Reichstagsabgeordneten im März 1933 mit breiter Mehrheit für das Ermächtigungsgesetz gestimmt, das der NS-Regierung ermöglichte, den Rechtsstaat auszuhebeln und ihre Diktatur aufzubauen. Es gehe darum, ob heute wieder eine Diktatur drohe, sagte der Aktionskünstler und ZPS-Gründer Philipp Ruch am Montag.

Knobloch kritisierte: "Kein noch so legitimes Anliegen gibt dem ZPS – oder irgendjemand anderem – das Recht, die Opfer des Nationalsozialismus in einer so respektlosen Art und Weise zu instrumentalisieren."

Die Aktion helfe auch nicht im Kampf gegen Rechts. "Wer unsere Demokratie gegen ihre Gegner verteidigen will, von dem kann erwartet werden, dass er ihren ersten und wichtigsten Grundsatz berücksichtigt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Diese Regel gilt entweder immer und überall, oder sie gilt gar nicht."

Währenddessen hat der Zentralrat der Juden in Deutschland ein vereinbartes Gespräch mit dem ZPS abgesagt, wie die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Mittwoch) berichtet. "Das Künstlerkollektiv hatte um ein Gespräch gebeten, was aber noch nicht stattgefunden hat. In diesem Gespräch wollten sie ihre Aktion näher erläutern", sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, der Zeitung. Die Vorgehensweise des ZPS nannte Schuster unseriös. Sie diene offensichtlich ausschließlich dazu, Aufmerksamkeit zu erregen. "Das geplante Telefonat wurde daher von unserer Seite abgesagt."

Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte am Dienstag in der Bundespressekonferenz: "Die Bundesregierung achtet selbstverständlich die Kunstfreiheit. Sollte sich allerdings bewahrheiten, dass die Asche von Opfern verwendet wurde, findet die Bundesregierung dies außerordentlich pietätlos und geschichtsvergessen."

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem äußerte sich zurückhaltend. "Wir glauben, dass eine respektvolle künstlerische Darstellung des Themas legitim sein kann, so lange sie in keiner Weise das Andenken an den Holocaust beleidigt, herabsetzt oder entweiht", hieß es in einer Stellungnahme. "Yad Vashem bittet deshalb Künstler dringend, verantwortungsbewusst zu handeln und die Erinnerung an die Opfer des Holocaust sowie an die Überlebenden zu respektieren, die die Gräuel dieser Ära ertragen haben."